Selbst-Bildungen. Praktiken musikalischer und kultureller Sozialisation im Zeitalter medialer Multioptionalität
Populäre Musik bleibt höchst attraktiv
Nach wie vor besitzt die Aneignung populärer Musikformen im Leben von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (sowie einem großen Teil der Erwachsenen) einen hohen Stellenwert. Quantitativ orientierte Studien wie die jährlich erhobenen JIM-Studien (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2011) oder die jüngsten TdW-Studien (TdW – Typologie-der-Wünsche-Studien gehören zu den größten Markt-Media-Studien in Deutschland und werden vom Burda-Verlag herausgegeben) belegen, dass der Umgang mit Musik, ob im Rahmen des Austausches mit FreundInnen, mittels technischer Medien wie CDs, MP3, technisch generierter sozialer Netzwerke wie Facebook oder auch das Selber-Musik-Machen angesichts medialer Multioptionalität in keiner Weise an Attraktivität verloren hat. Im Gegenteil, im Zusammenspiel der heutzutage maßgeblichen Sozialisationsinstanzen (Peers und Medien) wird einmal mehr deutlich, wie mittels populärer Musik Identitäten gestiftet werden und sich Gemeinschaften bilden, wie ästhetische Erfahrungen gemacht und Konsumbedürfnisse befriedigt werden, sich kulturelle Codes durchsetzen und permanent verändern und auf diese Weise „Räume“ besetzt werden, die der Kontrolle durch Erwachsene und die traditionellen Bildungseinrichtungen tendenziell entzogen sind. Diese qualitativen Aspekte des Umgangs mit der mittlerweile unüberschaubaren Vielfalt an Formen populärer Musik verweisen auf Praktiken der Selbst-Bildung. Hierbei bilden sich die Subjekte in medialen Umgebungen selbst, indem sie permanent aufeinander eingehen und auf andere (z.B. Eltern, LehrerInnen, andere Peers, Szenen, Communities) strategisch einwirken.
Eigenwert und Potentiale musikalischer Selbst-Bildungsprozesse
Seit Jahrzehnten schon belegen Forschungen aus sozial- und kulturwissenschaftlich orientierten Disziplinen diese Zusammenhänge. Sie verweisen auf informelle, außerhalb der Schule stattfindende „Bildungs“-Prozesse und betonen deren Eigenwert sowie widerständiges Potential in Bezug auf „traditionelle“ Sozialisationsinstanzen wie Schule und Eltern. Zugleich scheinen die letzten Fünkchen kulturellen Aufbegehrens gegen Establishment und Mehrheitsgesellschaft in Formaten wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Unser Star für Oslo, Baku“ etc. ausgetreten und desavouiert. Identitätssuche ist immer mehr auch durch Strategien des im wahrsten Sinne nackten Kampfes um soziale Anerkennung und ökonomisches Überleben gekennzeichnet. In bestimmten gesellschaftlichen Milieus kann vom spielerischen, ironischen Umgang mit kulturellen Formen und ästhetischer Stilbildung nicht die Rede sein. In anderen Milieus und Szenen führt das Übermaß an medialen Informationen und die rasante Umwertung von Codes zur Notwendigkeit fortwährender Anpassungsprozesse und Richtungswechsel, Recycling und Retrospektiven. Für beide Pole trifft jedoch gleichermaßen zu, dass das, was ein Großteil junger Menschen in Bezug auf Musik denkt, fühlt und tut, seit längerer Zeit schon kein unmittelbarer Effekt institutioneller Disziplin (Musikunterricht in der Schule, Projekte musikkultureller Bildung) mehr ist, sondern – so meine These – ein mittelbarer und insbesondere ein Effekt von Mediengebrauch, Medienkonsum und medialer Kontrolle.
Populäre Kulturen und Diversität
Hatte Theodor W. Adorno doch uneingeschränkt Recht, wenn er wie in seinem berühmt gewordenen Aufsatz „Résumé über Kulturindustrie“ (Adorno 1963/2004:202) die Massen als ein Sekundäres, Einkalkuliertes, als Anhängsel der Maschinerie beschreibt! Ebenso sei angemerkt, dass die Szenarien von Widerstand, Stilbildung und Subkultur, so wie man sie aus den Untersuchungen der Britischen Cultural Studies aus den 1970er Jahren in Folge der Chicagoer Gangstudien der 1940er Jahre kennt, vor allem auch einem Modus von wissenschaftlicher Analyse als Diskurspolitik folgen. Die Fokussierung und Analyse kultureller Regeln, Normen und Strukturen gesellschaftlich Unterprivilegierter implizierte schließlich auch deren Anerkennung. Abweichendes wurde nicht mehr als Primitives interpretiert, sondern als ein mit eigenen Regeln und Normen versehenes Anderes. Indem die historisch konkreten Zeichen kultureller Macht in den Jugend(sub)kulturen wie auch den wissenschaftlichen Darlegungen der Cultural Studies umgewertet, kritisiert und unscharf gemacht wurden, wurden gleichsam Grenzen der vermeintlich totalen Beherrschung derselben durch die Deutungshoheit der Mehrheitsgesellschaft als Konfliktfeld markiert. In Folge verabschiedete sich die wissenschaftliche Community wie auch die westlichen Gesellschaften von normativen universellen Kulturbegriffen. Dies ging einher mit der Anerkennung kultureller Diversität und pluraler Gesellschaften, in denen Phänomene wie populäre Kultur und Musik zum selbstverständlichen Teil von Kultur wurden und damit auch deren Bedeutung als Medium und Raum der Selbst-Bildungen bzw. Sozialisationsinstanzen erlangen konnten (siehe Barbara Hornberger/Stefan Krankenhagen „Pop- und Medienkultur in der Kulturellen Bildung“).
Interessenskonflikte und Interessensallianzen
Populäre Musik als eine Praxis der Selbst-Bildung zu begreifen, verlangt, sie als ästhetisches, kulturelles, soziales, mediales wie auch ökonomisches Phänomen ernst zu nehmen. Die Reduktion auf jeweils ein Attribut wäre im Rahmen einer wissenschaftlich-methodischen Reduktion ggf. von Vorteil, für das Gesamtverständnis jedoch fatal. Mit dem Begriff der Selbst-Bildungen bezeichnet Thomas Alkemeyer „Formungs- und Erfahrungsprozesse […], die man in der Teilnahme an sozialen Praktiken an und mit sich selbst macht“ (Alkemeyer 2010). Aus der Perspektive der Betrachtung populärer Musikformen würde ich hinzufügen wollen, dass soziale Praktiken immer auch vor dem Hintergrund medialer Kommunikationsformen und sozialökonomischer Verhältnisse ihre spezifische Formung erhalten. In den Ereignisfeldern von Populärer Musik treffen sehr unterschiedliche und zugleich aufeinander bezogene Interessen der verschiedenen an diesem Prozess beteiligten Akteure bzw. Subjekte aufeinander. Was für einen Musiker im Rahmen seiner künstlerischen Selbstverwirklichung mittels populärer Musik von Interesse ist, kann beim Konzertbesuch für einen Fan oder den Facebooknutzer, der seine Lieblingsband auf seiner Pinnwand postet, völlig irrelevant sein. Allerdings weiß „der“ Musikunternehmer sehr wohl, wie entscheidend die Kommunikation auf einer „artist2fan“-Seite für den kommerziellen Erfolg sein kann. Popstars der jüngeren Geschichte, wie z.B. Lady Gaga, wären ohne die Marketinginstrumente des Web 2.0, auch Facebook gehört dazu, gar nicht denkbar. Angesichts der dynamischen medientechnologischen Entwicklungen ist jedoch eine klare Trennung der hier genannten Akteure bzw. Subjekte nicht immer möglich. Zu Recht wird heutzutage immer öfter von sogenannten „Prosumern“ gesprochen, d.h. Subjekten, die offenkundig aktiv in den Prozess der Gestaltung aus mehrerlei Subjektpositionen heraus eingreifen. Die Organisation von Fan- als Zielgruppen findet heutzutage beispielsweise in einem sogenannten vormedialen, d.h. noch nicht durch professionelle mediale Kommunikatoren wie JournalistInnen oder PR-Profis, sondern in den auf technischer und sozialer Interaktion beruhenden sogenannten sozialen Netzwerken wie Blogs, Facebook, Twitter usw. statt. Auch auf diese Weise werden die traditionellen Schemata von Produzent und Konsument (medien)praktisch zusammengeführt. Dies unterminiert zugleich das nie ganz aus den Debatten um den Wert populärer Musik verschwundene Widerspruchsfeld vom aktiven Musiker/Autoren einerseits und dem passiven Konsumenten andererseits. Die Trennung in ein primär schaffendes Subjekt und ein sekundär konsumierendes galt den ForscherInnen der Cultural Studies als nicht existent. In diesem Sinne argumentierende Studien zu populären Musikformen gehen in Bezug auf ihren Gegenstand von einer Bedeutung produzierenden Praxis aus. Diese Bedeutung kann von allen am Musikprozess beteiligten Subjekten erzeugt werden, freilich jeweils auch mit oder aus einer anderen Perspektive, wie weiter oben angesprochen. Sie alle erzeugen kulturelle Realitäten und werden auf ihre je spezifische Weise gestaltend und selbstbildend wirksam.
Medien und Peers unterminieren das Verständnis von Bildungsprozessen
Ein solches Konzept geht allerdings davon aus, dass nicht die Institution Schule, pädagogische Einrichtungen oder von kulturellen Eliten angebotene Konzepte musikkultureller Bildung Subjekte bilden, d.h., dass diese allein auf das Denken, Fühlen und Handeln von Individuen mit den Mitteln von Musik und Klang Subjektbildend einwirken. Nicht nur weil Medien und Peers von so offensichtlich großer Bedeutung für die Selbst-Bildungsprozesse von Menschen und damit – würde ich zugespitzt formulieren wollen – zu Bildungsinstitutionen erster Ordnung geworden sind, sondern insbesondere wenn Menschen zugebilligt wird, dass sie mittels kultureller Praktiken in der Lage sind, sich sozial kompetent zu verhalten, müsste – mehr als dies bisher der Fall ist – diese Transformation von Bildungsprozessen in den Blick genommen werden. Dies beträfe dann rückwirkend auch das Verständnis bzw. Konzept von musikalischer oder Kultureller Bildung in der Schule oder von Projekten der musikalischen oder medienpädagogischen Bildung. Hier schlägt die Verfasserin vor, Kulturelle Bildung außerhalb und in der Schule als eine stärker sozialwissenschaftlich informierte Auseinandersetzung mit den hier genannten unterschiedlichen kulturellen Praktiken zu konzipieren. Dies umso mehr, als zunehmend Stimmen laut werden, die das Konzept Kulturelle Bildung als Hype und Projekt der sozialen Grenzziehung kritisieren (vgl. Zimmermann 2011). Kann das Konzept Kulturelle Bildung tatsächlich an der sozialen Undurchlässigkeit des Bildungssystems in Deutschland etwas ändern? Und wem nützen Initiativen wie „Jedem Kind ein Instrument“ wirklich?
Ich kann und möchte diese Fragen im Rahmen dieses Beitrags nicht klären, sondern im zweiten Teil an einem konkreten wie auch verallgemeinerbaren Beispiel aufzeigen, vor welchen Herausforderungen Musik- und Medienpädagogik angesichts der hier angedeuteten Transformation von Bildungsprozessen heute stehen.
Musik- und Medienpädagogik im Spannungsfeld von musikkulturellen Selbst-Bildungsprozessen und staatlicher Aufsicht: HipHop in der Spruchpraxis der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM)
Im Allgemeinen bestehen die Ziele von Medienpädagogik im Wunsch, LehrerInnen bzw. MedienpädagogInnen möchten jungen Menschen den „richtigen“ bzw. vor allem „kompetenten“ Umgang mit Medien vermitteln. Ein normatives Konzept, das direkt oder indirekt mit einer letztlich moralischen Unterscheidung von ‘richtig‘ und ‚falsch‘, ‚kompetent‘ oder ‚inkompetent‘ arbeitet, macht nur dann Sinn, wenn man in der Position ist, diese Norm durchzusetzen (für Anregungen zu diesem Thema danke ich meinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Thomas Schopp). Angesichts der interaktiv und multioptional operierenden Medienverbundsysteme der Gegenwart (Online-Medien, mobile Endgeräte wie Smartphones u.ä.) sowie der erheblichen Wissensvorsprünge von Kindern und Jugendlichen im Umgang mit Medientechnologien (Digital Natives) dürfte diese Voraussetzung nicht gelten. Einmal abgesehen von der technischen Medienkompetenz auf Seiten von Kindern und Jugendlichen heißt dies vor allem, dass die hier angesprochenen Medienverbundsysteme selbst am Zustandekommen popmusikalischer bzw. kultureller Wissenswelten, der Bedeutung und des Umgangs mit Symbolen und Zeichen, Stils und Codes maßgeblich beteiligt sind. Medienkompetenz in diesem Sinne meint und bezieht sich also insbesondere auf das Verstehen kultureller Systeme mit ihren Symbolen und Zeichen.
Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis entstanden und entstehen immerfort Spannungen zwischen den Selbst-Bildungen und Selbstinszenierungsstrategien jugendlicher Vergemeinschaftungsformen einerseits und der staatlichen Kontrolle der medialen Produktionen ihrer musikalischen und kulturellen Trendsetter (vgl. Custodis 2008) anderseits. Besonders offenkundige Beispiele dieser Spannungen finden sich in der Spruchpraxis der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Dies betrifft seit Jahren immer wieder Tonträgerproduktionen aus dem Repertoiresegment und der kulturellen Praxis des HipHop. Gründe der Indizierung bestehen dabei im Einzelnen vor allem in zu Gewalt anreizenden Texten und die Gleichgültigkeit gegenüber Gesetzesverstößen sowie in der positiven Darstellung von Drogenkonsum. Des Weiteren indiziert die BPjM solche Medien, deren Texte von ihren Entscheidungsgremien als ausländerfeindlich und rassistisch eingestuft werden. Schließlich gaben Texte und Videos, in denen die Herabwürdigung der Frau zum sexuell willfährigen Objekt gesehen wurde, wiederholt Anlass zum Verbot (BPjM 2008:3).
Anders als möglicherweise vermutet, reagiert die BPjM auf Indizierungsanzeigen berechtigter Institutionen zunächst mit einer sorgfältigen Auseinandersetzung in Bezug auf die zu behandelnde Szene bzw. Jugendkultur (siehe Christian Schmidt „Jugendkulturelle Szenen und Kulturelle Bildung“). Sie setzt sich mit Hilfe von ExpertInnen mit der Geschichte des HipHop und seiner Bedeutung in der Bundesdeutschen Gegenwart auseinander. Ein besonderes Gewicht erhalten dabei Fragen der kulturellen Aneignung dieses Stils in migrantischen Communities und deren Bedeutung für den Musikmarkt in Deutschland. Es wird nicht übersehen, dass es sich bei HipHop um einen Stil handelt, der mit speziellen Codes in Sprache, Accessoires, Kleidung, Musik, Tanz, Begrüßungsritualen, Treffpunkten etc. symbolischen Widerstand bzw. ein kulturelles Differenzbewusstsein inszeniert und praktiziert. Bei HipHop – als einer der letzten konsistenten Jugendkulturen – handelt es sich um ein umfassendes System von Zeichen, Symbolen und Verweisungen zur sozialen Orientierung, die Ausdruck, Instrument und Ergebnis sozialer Orientierung sind. Der Stil eines Menschen zeigt nicht nur an, wer „wer“ oder „was“ ist, sondern auch, wer „wer“ für „wen“ in „welcher“ Situation ist. Dinge, die einfach angeeignet und getragen werden oder denen man nur zuhört, bilden noch keinen Stil. Was den Stil ausmacht, ist die aktive Stilisierung, die aktive Organisation von Objekten mit Aktivitäten und Ansichten, welche eine organisierte Gruppenidentität in Form einer kohärenten und eigenständigen Daseinsweise in der Welt produzieren (vgl. Clarke 1979). Dabei wird auch im HipHop in der Selektion von Objekten aus der „Matrix des Bestehenden“ (Hebdige 1979/1983) Stil geschöpft. Die selektierten Objekte werden einem Transformationsprozess unterzogen und ihre gegebenen (alten) Bedeutungen in einen Zusammenhang übersetzt, der neue Bedeutungen erzeugt. „Diebstahl“, Beschlagnahmung, Aneignung von Gebrauchsgütern, das Einfügen in neue symbolische Ordnungen und damit auch das Untergraben und Zurückdrängen der ursprünglichen Bedeutung können auf Seiten deren, die die Bedeutung der Codes nicht kennen, erhebliche Irritationen und Abwehrreaktionen erzeugen. Das ist gewollt und wird medial zu kommerziellen Zwecken bis an den Rand des für viele Menschen Erträglichen ausgereizt.
Gleichsam gilt HipHop in deutschen Klassenzimmern, Schulmusikbüchern und Jugendfreizeiteinrichtungen als eine willkommene Musikpraxis, um auf Jugendliche zuzugehen, weil hierbei Formen von Musikalität und Authentizität angesprochen scheinen, die Kreativität und handlungsorientierten Unterricht eher ermöglichen, als dies mit anderen Musikformen der Fall zu sein scheint. Was aber, wenn der Porno- oder Battle-Rapper eine ganze Salve unflätiger Worte reimt: Ficken, Nigger, Pimp, Hate, Bitches haben nichts, aber auch gar nichts mit dem kecken bunten „Rap-Huhn“ (Felix Janosa) zu tun. Sie entstammen einem vielfach gebrochenen Sprachreservoire und codieren Formen der Selbstermächtigung, die unabhängig ihrer Kontexte missverstanden werden müssen und freilich auch provozieren sollen.
Wie aber kann Gesellschaft und Schule mit diesen Formen von Selbst-Bildungen umgehen? Der Medienwissenschaftler Stefan Münker, in einem Vortrag zu Fragen der De-/Regulierung im Internet (Münker 2012) daraufhin befragt, welche Funktion eine Institution wie die BPjM angesichts der Emergenz digitaler Öffentlichkeiten (Münker 2009) hat, antwortete, dass die Gesellschaft damit umgehen lernen muss, sehr verschiedene aufeinander und nicht aufeinander bezogene kulturelle Systeme zu akzeptieren. Indizierungspraktiken werden in ihrer Reichweite stets begrenzt sein und umgekehrt das Verbotene umso interessanter machen. Schließlich bestünde die Aufgabe der BPjM zunehmend in einer medienpädagogischen.
Herausforderung und Fazit: Kulturelle Prozesse verstehen lernen
Als Hochschullehrerin, die insbesondere in der Ausbildung von MusiklehrerInnen und MusikvermittlerInnen tätig ist, möchte ich diese Herausforderung annehmen und den Studierenden analytische Navigationssysteme und solche Begriffe nahe legen, die es ihnen ermöglichen, der permanenten Neuordnung und Rekontextualisierung von Zeichen, Symbolen und Objekten in vorhandenen und sich neu bildenden kulturellen Verstehens- und Selbst-Bildungssystemen nachzugehen. Basis dessen wäre eine theoretisch informierte Auseinandersetzung mit unterschiedlichen kulturellen Praktiken, die keineswegs allein auf populäre Musikformen beschränkt bleiben sollten. Das Ziel bestünde darin, uns selbst und unsere eigenen Erfahrungen im Feld der Musik zu verstehen und zugleich zu problematisieren, bevor wir Konzepte für andere bzw. mit anderen entwerfen. Eine maßgebliche Koordinate in diesem Mit- und Durcheinander stellt die fortwährende Entwicklung von Medientechnologien und -systemen dar. So sozial sie erscheinen, so zugänglich und verfügbar sie die Artefakte musikalischer Kreativität gemacht haben und machen, im Kern handelt es sich um kapitalisierte technologische Apparaturen, die die Suche nach Sinn, Gemeinschaft und Selbst in Profilen und Formaten organisieren und auf diese Weise unser Selbst und die Formen kultureller Subjektivierung real mit bestimmen. Auch dies sollte uns sehr bewusst sein.