Kulturelle Bildung an Schulen – Ergebnisse einer explorativen Interviewstudie in NRW
Abstract
Viele Aspekte von Kultureller Bildung gelten als Bestandteil einer umfassenden Bildung. Auch das Leben von Schule prägt sie in der einen oder anderen Form. Dies kann auf unterschiedliche Weise bis hin zu der Entscheidung geschehen, dass Schulen ihre gesamte Schulentwicklung daraufhin ausrichten und Kulturkooperationen mit außerschulischen kulturellen Bildungspartnern eingehen.
Während der Forschungsstand zu den förderlichen Bedingungen kultureller Schulentwicklung schon relativ weit fortgeschritten ist, bereitet den Schulen ihre Realisierung noch Probleme. Daher ergab sich als Anliegen der in diesem Artikel vorgestellten Interviewstudie, die Umsetzung von kultureller Schulentwicklung und von Kulturkooperationen zu rekonstruieren, um auf dieser Grundlage Reflexionsanregungen und Umsetzungsmaterial für die Praxis zu entwickeln.
Der Artikel stellt die Forschungsergebnisse im Überblick vor und bettet sie in den Forschungszusammenhang und die Ergebnisse einer quantitativen Online-Befragung zum Stand der Entwicklung von Kultureller Bildung an Schulen und von Kulturkooperationen in NRW ein. Der Artikel beschreibt ferner, wie der Forschungsbericht von der Praxis herangezogen werden kann, um die Umsetzung von kultureller Schulentwicklung und Kulturkooperationen zu reflektieren und zu gestalten. Abschließend werden das aus den Forschungsergebnissen erarbeitete Reflexionswissen und Praxismaterial vorgestellt.
Einleitung
Viele Aspekte von Kultureller Bildung gelten seit der Antike als Bestandteil einer umfassenden Bildung. Auch das Leben von Schule prägt sie in der einen oder anderen Form. Wird Kulturelle Bildung in der Schule besonders gefördert, so kann dies auf unterschiedliche Weise und bis hin zu der Entscheidung geschehen, ihre gesamte Schulentwicklung daraufhin auszurichten. Unter einer solchen kulturellen Schulentwicklung wird die systematische Umsetzung von Kultureller Bildung in den verschiedenen Qualitätsbereichen von Schule verstanden. Ein wichtiger Qualitätsbereich von kultureller Schulentwicklung ist die Kooperation mit kulturellen Bildungspartnern (vgl. Fuchs 2017).
Während der Forschungsstand zu den förderlichen Bedingungen kultureller Schulentwicklung schon relativ weit fortgeschritten ist, bereitet den Schulen ihre konkrete Realisierung noch Probleme. Nach Max Fuchs liegt „daher kein Erkenntnis- und Wissens-, sondern ein Umsetzungsproblem“ (04.12.2015) vor (vgl. Rat für Kulturelle Bildung Dez. 2017). Daher ergab sich als Anliegen der hier vorgestellten Interviewstudie (vgl. Gördel 2020), die Umsetzungsprozesse, -strukturen und -phasen von kultureller Schulentwicklung einerseits und von Kulturkooperationen andererseits zu rekonstruieren, um auf dieser Grundlage Reflexionsanregungen und Umsetzungsmaterial für die Praxis zu entwickeln.
Im Folgenden werden zunächst die Forschungsergebnisse vorgestellt, so dass die Systematik des Berichts und seine Nutzungsmöglichkeiten für die Praxis - sei es für Schule, Kultur, Verwaltung, Verbände oder Wissenschaft - sichtbar werden. Sodann werden die Ergebnisse vor dem Hintergrund des Forschungszusammenhangs und der Ergebnisse einer quantitativen Online-Befragung zum Stand der Entwicklung von Kultureller Bildung an Schulen und von Kulturkooperationen in NRW (vgl. Bromba/ Gördel 2019) diskutiert und praxisorientierte Schlussfolgerungen gezogen. Abschließend werden das aus den Forschungsergebnissen erarbeitete Reflexionswissen und Praxismaterial vorgestellt.
Beide Studien zu Kultureller Bildung an Schulen und von Kulturkooperationen in NRW sind im Kontext des Projekts „Kreativpotentiale und Lebenskunst NRW“ (2014-2019) entstanden. Umgesetzt wurde das Projekt von der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ). Gefördert wurde das Projekt vom Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen und von der Stiftung Mercator.
Ergebnisse der Interviewstudie - Reflexionsanregungen für die Praxis
Um Reflexionswissen für die Gestaltung der Praxis kultureller Schulentwicklung und von Kulturkooperationen zu erhalten, wurden die Ergebnisse der Interviewstudie als Typen aufbereitet. Diesem Vorgehen unterliegt die Annahme, dass trotz der Unterschiedlichkeit der Einzelfälle typische, über den Einzelfall hinaus weisende Erkenntnisse zu Akteuren und Akteurkonstellationen, Handlungsabläufen, Strukturen, Phasen und Entwicklungen von kultureller Schulentwicklung und Kulturkooperationen rekonstruiert werden können. Solche Typenbeschreibungen zielen nicht auf Vollständigkeit, sondern auf die Herausarbeitung der spezifischen Systemrationalität eines Typs.
Insofern können Typen die Praxis dazu anregen, die eigenen Erfahrungen in einen größeren Kontext einzuordnen, einen „fremden Blick“ auf alltägliche Prozesse zu werfen und die eigenen Handlungen zu hinterfragen. Schließlich bieten die Typen die Möglichkeit, sich über Gestaltungspotentiale oder Sackgassen klar zu werden. Die nächsten beiden Abschnitte stellen die gebildeten Typen zur Umsetzung von kultureller Schulentwicklung und von Kulturkooperationen vor.
Insgesamt wurden 24 Schulen unterschiedlicher Schulformen zu kultureller Bildung in der Schule sowie 19 Schulen und deren kulturellen Bildungspartner zu kulturellen Bildungskooperationen befragt. Für die Interviews wurde die Form des leitfadenorientierten Expert*inneninterviews gewählt. Die einzelnen Interviewtranskripte wurden im Hinblick auf die Forschungsfragen inhaltlich (strukturierende und zusammenfassende Inhaltsanalyse) (vgl. Mayring 2010) sowie interpretativ-rekonstruierend (vgl. Kruse 2014) analysiert (Kap. 2).
Kulturelle Schulentwicklung
Die Tabelle 1 zeigt die Typen, die zu Umsetzung und Verlauf von kultureller Schulentwicklung rekonstruiert wurden. Sie beziehen sich auf die tagtägliche Umsetzung und die sich daraus ergebenden Phasen und Entwicklungen über den Zeitverlauf.
Die Umsetzungstypen geben Auskunft zu den Akteuren, die Kulturelle Bildung in der Schule bzw. kulturelle Schulentwicklung umsetzen, und zu ihrem Verhältnis zu weiteren schulischen Akteuren. Darüber vermittelt charakterisieren sie die Umsetzung von kultureller Schulentwicklung auf der Struktur- und Prozessebene und die sich daraus ergebenden Organisationsformen. Es konnten drei dominierende Umsetzungstypen rekonstruiert werden. Diese können einander ergänzen, wie die Abbildung 1 zeigt.
Das heißt,
- der Evolutionäre Umsetzungstyp als der elementarste der drei Umsetzungstypen findet sich mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt in den anderen beiden Umsetzungstypen wieder. Ein evolutiver Prozess ist explorativ, selektiv und adaptiv. Das, was sich bewährt, wird beibehalten, anderes wird variiert oder aussortiert (vgl. Scheunpflug 2010). Bei der Analyse der Interviews fielen zwei verschiedene Ausprägungen dieser evolutiven Prozesse auf: koordinierte und unkoordinierte evolutive Prozesse. Denn es wird nicht immer vor dem Hintergrund strategischer Zielsetzungen gehandelt, sondern häufig auch situativ. Aus diesem Handlungsprozess entsteht vielfach eine eher spontane als geplante Ordnung. Ein evolutiver Verlauf kultureller Schulentwicklung bedeutet daher nicht unbedingt Fortschritt bzw. eine bessere Anpassung im Sinne einer fortwährenden Optimierung.
Die Beschreibung der beiden typischen Phasen kultureller Schulentwicklung und ihrer sieben Entwicklungstypen zeigt, wie schwierig eine konzertierte Umsetzung geplanter Vorhaben über die Jahre hinweg ist. Dies wird insbesondere auch durch deren Typenbezeichnung Kulturelle Schulentwicklung „… in der Vereinzelung“ „… Schritt für Schritt“ oder „… als Kurvenverlauf“ deutlich (Tab. 1). - der Institutionenbasierte Umsetzungstyp integriert die anderen beiden Umsetzungstypen. Die typischen Akteurkonstellationen des Personenbasierten Umsetzungstyps sind Einzelpersonen oder Kleingruppen. Die Umsetzung Kultureller Bildung geht somit von ihrer Eigeninitiative und nicht von der Initiative der Schule als Organisation aus. Die Schule stellt keine spezifischen Organisationsstrukturen für Austausch und Zusammenarbeit im Bereich der Kulturellen Bildung bereit.
Beim Institutionenbasierten Umsetzungstyp wird die Umsetzung kultureller Schulentwicklung von der Schule getragen. Beteiligt sind zumindest die Schulleitung, einzelne engagierte Lehrer*innen und ein gegenüber kultureller Schulentwicklung wenigstens überwiegend wohlwollend eingestelltes, wenn sie auch nicht unbedingt aktiv unterstützendes Lehrerkollegium. Die Strukturen und Prozesse des Institutionenbasierten Umsetzungstyps können eher hierarchisch oder eher heterarchisch (netzwerkartig) ausgerichtet sein.
Zwischen diesen hier sehr verkürzt dargestellten Typenbeschreibungen gibt es Schattierungen, die Anregungen zur Reflexion der eignen Praxis, aber auch zu deren Gestaltung geben können. So werden im Bericht Beispiele für Gestaltungselemente gegeben, die eine funktionierende koordinierte evolutive Umsetzung unterstützen. Negativbeispiele zeigen auf, welche Konstellationen zu unkoordinierten Entwicklungsprozessen und damit in potentielle Sackgassen führen können.
Impulse für die institutionenbasierte Umsetzung kultureller Schulentwicklung können z.B.ein*e Kulturagent*in, die Qualitätsanalyse, ein Schulwettbewerb oder die Fortbildung des Lehrerkollegiums sein. Akteurkonstellationen, Verhaltensweisen und Anreize mit desintegrierender Wirkung haben, z.B. eine oligarchische Schulleitung oder der schulinterne Wettbewerb zwischen den Kolleg*innen. Insbesondere scheint es auf die Führungshaltung der Schulleitung anzukommen, ob die Strukturen und Prozesse der Zusammenarbeit innerhalb der Schule eine begünstigende Ausrichtung für die kulturellen Schulentwicklungsprozesse erhalten oder nicht. Dies zeigen die Entwicklungstypen 2 bis 7. Der „Entwicklungstyp 2: Schulleitungsabhängige kulturelle Schulentwicklung“ beschreibt sieben Typen von Schulleitungshandeln und deren positive bzw. beschränkenden Impulse auf den weiteren Schulentwicklungsverlauf. Darüber hinaus führt „Entwicklungstyp 3: Kulturelle Schulentwicklung durch Überzeugung im Schulalltag“ sieben strategische Ansätze auf und stellt diese gleichzeitig an konkreten Praxisbeispielen vor.
Ein wesentliches Ergebnis der Studie ist, dass sich im Idealfall die personenbasierte und die institutionenbasierte Umsetzung einander ergänzen, um einen ausgeglichenen Wechsel zwischen Prozessen auf Individual- und Organisationsebene zu erreichen. In den befragten Schulen fand sich eine Bandbreite an Umsetzungsmöglichkeiten, die in ihren Auswirkungen förderlich und weniger förderlich sein können. Die Entwicklungstypen 2 bis 7 beschreiben die rekonstruierten Kombinationsmöglichkeiten und ihre Auswirkungen ausführlicher.
Aus den rekonstruierten Prozessen und Strukturen und ihren Wirkungen auf die Umsetzung von kultureller Schulentwicklung können ferner Gegensatzpaare gebildet werden, die Hinweise zu den förderlichen und hinderlichen Bedingungen von kultureller Schulentwicklung geben. Während die linke Spalte von Tabelle 2 tendenziell diejenigen Strukturen und Prozesse abbildet, die Entwicklung fördern, zeigt die rechte Spalte Strukturen und Prozesse, die Entwicklungen eher verhindern (die Tabelle ist nicht auf Vollständigkeit hin angelegt).
Die konkrete Anlage der genannten Merkmale und der Grad ihrer Ausprägung zwischen Personen- und Institutionenorientierung und zwischen koordinierter und unkoordinierter evolutiver Umsetzung ist abhängig von den Bedingungen der Einzelschule. Best-practice- oder Good-practice-Lösungen lassen sich daher nicht ohne weiteres formulieren, v.a. da es vor dem Hintergrund der Ausgangsbedingungen zumeist nicht den einen Ansatz gibt, sondern mehrere mögliche Ansätze plausibel erscheinen. Vielmehr scheint der reflexive Umgang mit den aufgezeigten Merkmalen ausschlaggebend für positive Entwicklungen zu sein. Das wiederum aber bedarf fester Zeiten und Räume, die kultureller Schulentwicklung zur Verfügung gestellt werden.
Kooperationen zwischen Schule und Kultur
Die Auswertung der Interviews von Schulen und deren kulturellen Bildungspartnern zu Kulturkooperationen ergab, dass die Umsetzung von Kooperation wesentlich von Anlässen und Zielen der Kooperation beeinflusst wird. Drei typische Kooperationsanlässe konnten rekonstruiert werden. Sie bilden die drei Kooperationstypen:
- Pragmatische Kooperation:
Sie entsteht durch einen wissens- bzw. professions- oder angebotsorientierten Bedarf einer Schule oder Lehrkraft, für dessen Umsetzung gezielt Dienstleistungspartner akquiriert werden. Bei der Umsetzung der eingekauften Angebote wird inhaltlich nicht oder nur sehr oberflächlich zusammengearbeitet. - Inhaltliche Kooperation:
Sie entsteht aus dem Bedürfnis, Expertise einzuholen, um den Schüler*innen bestimmte Inhalte und/ oder Fertigkeiten besser vermitteln zu können. Die Kooperation wird auf ganz unterschiedlichen Graden der Zusammenarbeit (Integration) geleistet: eher in der Vereinzelung, d.h. neben- bzw. nacheinander und arbeitsteilig, oder eher in einem Miteinander, verzahnt und aufeinander abgestimmt. - Subjekt- bzw. Schüler*innenorientierte Kooperation:
Sie ist noch stärker als die anderen beiden Kooperationstypen durch das Motiv geprägt, die Schüler*innen zu fördern. Auch die Kooperation selber ist durch Subjektorientierung geprägt. Das heißt, auch der Kooperationspartner fühlt sich in der Verantwortung, sodass sich die Kooperationsprozesse darauf ausrichten und Unterricht bzw. Angebote gemeinsam geplant und umgesetzt werden.
Diese drei Kooperationstypen weisen jeweils eine unterschiedliche Intensität der Kooperationsbeziehungen auf. Von der Pragmatischen Kooperation steigt die Kooperationsintensität über die Inhaltliche Kooperation bis hin zur Subjekt- bzw. Schüler*innenorientierten Kooperation sukzessive an (Abb. 2).
Die Tabelle 3 zeigt die weiteren aus dem Interviewmaterial rekonstruierten Typen zu „Umsetzung und Verlauf von Kooperationen zwischen Schulen und kulturellen Bildungspartnern“ und ihr Beziehungsverhältnis auf. Diese Typen beschreiben die Umsetzung der drei Kooperationstypen im Detail und zwar auf Prozess- und Struktur- bzw. Organisationsebene einerseits sowie im Phasenverlauf und in ihren Entwicklungsdynamiken andererseits.
Die Prozesstypen erfassen das Verhältnis zwischen den Kooperationspartnern, ihre Kooperationsprozesse, -handlungen und -haltungen und sie geben damit auch Auskunft über die Intensität der Zusammenarbeit. Dieses Verhältnis der Zusammenarbeit kommt in den Namen der Prozesstypen zum Ausdruck. Es konnten vier Prozesstypen von Kooperation rekonstruiert werden, deren Kooperationsintensität innerhalb der Aufzählung sukzessive ansteigt:
- Kooperation des Nebeneinanders
- Dienstleistungsorientierte Umsetzungskooperation
- Unterstützungskooperation
- Tandemkooperation.
Die Abbildung 2 zeigt die Beziehung zwischen den Kooperationstypen und ihren Prozesstypen im Überblick auf. Diese Zuordnung erlaubt eine noch differenziertere Beschreibung der Kooperationstypen. Das heißt, je nach Zielsetzung und Motivlage werden spezifische Umsetzungsprozesse eingeschlagen und Kooperationshaltungen eingenommen. Allerdings führt eine spezifische Motivlage nicht automatisch zu einem bestimmten Prozesstyp. Gleichwohl kann sich aus einer Motivlage, die die Kooperation zunächst entscheidend in ihrer Ausgestaltung prägt, eine eigene Dynamik entwickeln. So kann sich etwa aus einer aus pragmatischen Gründen initiierten Kooperation auch eine inhaltlich intensive Zusammenarbeit entwickeln. Kooperationstypen können sich also im Laufe der Kooperation in verschiedenen Prozesstypen artikulieren. Auf dieses Phänomen der Kooperationsdynamiken, ihre Phasen, Veränderungen und Entwicklungen gehen die Entwicklungstypen und die für sie typischen Phasen ein.
Während die Prozesstypen von Kooperationen die Umsetzung auf der Prozess- und Handlungsebene beschreiben, beschreiben Organisationstypen die Organisationsstrukturen, die zur Umsetzung von Kooperation vorliegen und im besten Fall auch genutzt werden. Es wurden drei Organisationstypen von Kooperation rekonstruiert:
- Kooperation der losen Kopplung auf Individualebene
Die Kooperation basiert auf Personen und nicht auf Strukturen und ist daher von diesen Einzelpersonen und ihrem Engagement abhängig. - Systematische Kooperation auf Institutionenebene
Die Kooperation besteht zwischen zwei Institutionen, der Schule und dem kulturellen Bildungspartner. Systematisch bedeutet, dass versucht wird, bei der Kooperation planvoll vorzugehen und die gesamte Institution und deren Organisation – zumindest auf Schulseite – zu erfassen. - Evolutionäre Kooperation auf Institutionenebene
Auch diese Kooperation verläuft zwischen zwei Institutionen. Allerdings sind die Umsetzungsprozesse weniger systematisch angelegt.
Auch wenn es Organisationsstrukturen gibt, die generell Kooperationen fördern, sagt die Charakteristik der Organisationstypen nichts über die Intensität und Qualität der Kooperation aus. Sie beschreiben lediglich das äußerliche Gerüst von Kooperationen. In einer Kooperationsstruktur können sich somit ganz unterschiedliche Prozesse mit unterschiedlicher Kooperationsintensität abspielen. Abbildung 2 verdeutlicht diesen Zusammenhang. Die Abbildung zeigt auch auf, dass die Kooperationstypen durch alle drei Organisationstypen umgesetzt werden können.
Schließlich konnten für Kulturkooperationen auch Phasen und deren Auslöser, Dynamiken, Veränderungen und Entwicklungen von Kooperation identifiziert werden. Es wurden Phasen und Entwicklungstypen gebildet. Zwei Organisationstypen konnten als Ausgangspunkte für Kooperationen rekonstruiert werden: Die Kooperation der losen Kopplung auf Individualebene und die Systematische Kooperation auf Institutionenebene. Von diesen zwei Organisationstypen ausgehend nehmen Kooperationen unterschiedliche Pfade ihrer Entwicklung bzw. Veränderung auf. Der Charakter der Veränderung spiegelt einen Entwicklungstyp wider (Abb. 3).
Zusammenfassend lässt sich aus den Ergebnissen zu Umsetzung und Verlauf von Kooperationen zwischen Schulen und kulturellen Bildungspartnern feststellen: Es kann nicht eindeutig gesagt werden, dass einer der drei Kooperationstypen am geeignetsten, gewinnbringendsten oder wirksamsten ist. Alle drei Kooperationstypen haben ihre Berechtigung, da sie sich aus unterschiedlichen Bedürfnissen heraus entwickeln. Die „Subjektorientierte Kooperation“ ist häufig dann entstanden, wenn die Schulen auf Veränderungen in ihrer Schüler*innenschaft eingehen wollten. Als die zeitintensivste Kooperation verlangt sie von den Beteiligten sehr viel persönlichen Einsatz und Engagement, wie die Umsetzungstypen zeigen. Eine solch hohe Kooperationsintensität ist vor dem Hintergrund der verfolgten Ziele nicht immer notwendig, noch ist sie von den beteiligten Institutionen und den involvierten Personen leistbar (vgl. Gördel 25.02.2020).
Über die schon bekannten förderlichen Bedingungen für Kooperation hinaus, wie sie in vielfältigen Praxispublikationen genannt werden (vgl. Fuchs/ Gördel/ Fischer 2019; BKJ 2019 & 2018) lassen sich keine prinzipiellen förderlichen Bedingungen festmachen, die zu den positiven Entwicklungen auf Prozessebene führen, so dass sie durch systematische Planung hergestellt werden könnten. Sie scheinen zu sehr von
- den Bedürfnissen der Schüler*innen,
- positiven Erfahrungen der beteiligten Lehrer*innen mit Kultureller Bildung als Ansatz für Schule,
- den beruflichen Herausforderungen, denen die Kooperierenden begegnen,
- individuellen Lebenslagen zum Zeitpunkt der Kooperation oder
- der persönlichen Chemie zwischen den an der Kooperation beteiligten Personen
abhängig zu sein, als dass sie ohne weiteres herbeiführbar wären. Das evolutive, zwar nicht unbedingt zufällige, aber eben häufig auch nicht planvoll beeinflussbare Moment sozialer Ordnungsbildung und das Technologiedefizit (Luhmann & Schorr 1979) kommen hier zum Tragen.
Dennoch können neue, praxisorientierte Erkenntnisse zu förderlichen Bedingungen für Kooperationen zwischen Schulen und kulturellen Bildungspartnern aus den Ergebnissen der Interviewstudie gezogen werden, wie die Umsetzungsbeispiele in den Kapiteln und die Beschreibung der Entwicklungstypen zeigen. Wichtig scheint, dass die Zielsetzung, der gewählte Kooperationstyp und die ihn umsetzenden Prozess- und Organisationstypen einander entsprechen und nicht widersprechen. Beispielsweise hätte eine Subjektorientierte Kooperation mit Prozessen des Typs Pragmatische Kooperation umzusetzen wenig Aussicht auf Erfolg, weil ohne die pädagogische Zusammenarbeit der beiden Kooperationspartner die Kooperationsziele nicht erreicht werden könnten. Die Abbildung 2 zeigt die geeignete Passung zwischen Zielen, den sie repräsentierenden Kooperationstypen und ihrer Umsetzung (Prozesse und Strukturen). Darüber hinaus beschreiben die rekonstruierten Entwicklungstypen exemplarisch, welche Bedingungen sich als förderlich oder hinderlich im Kooperationsverlauf erweisen können. Aber auch hier ist die individuelle Zielsetzung der Kooperation ausschlaggebend für die letztendliche Bewertung des Kooperationsverlaufs.
Einbettung der Ergebnisse in den Forschungszusammenhang und Folgerungen für die Praxis
Die beiden Typologien zur Kulturellen Schulentwicklung und zu Kulturkooperationen werden nun in den Forschungszusammenhang (Kap. 3) wie auch in die Ergebnisse der Online-Befragung zu „Entwicklungsstand von kultureller Schulentwicklung und Kulturkooperationen in Nordrhein-Westfalen, Umsetzung und Bedingungen“ (Bromba/ Gördel 2019) eingebettet. Vor diesem Hintergrund werden die Schlussfolgerungen für die Praxis diskutiert.
Die Typen kultureller Schulentwicklung vor dem Hintergrund der Forschung
Nach den Ergebnissen der Interviewstudie durchlaufen Schulen bei kultureller Schulentwicklung nicht notwendigerweise die drei Phasen der Anbahnung –Umsetzung –Verankerung, wie im Forschungszusammenhang des Berichts dargestellt. So können Schulen über Jahre hinweg in der Phase der Umsetzung verhaftet bleiben, ohne die der institutionellen Verankerung zu erreichen (insbes. Entwicklungstypen 1 bis 3 sowie 6). Ferner sind die Phasen nicht unbedingt durch die (sehr an einem Idealtypus der Organisationsentwicklung orientierten) strukturellen und prozessualen Merkmale gekennzeichnet, wie sie Uwe Hameyer (2014) für die drei Phasen von Schulentwicklung aufzeichnet.
Ferner konnten auch nicht die zwar empirisch fundierten, aber dennoch idealtypischen Stufenmodelle zu Schulentwicklung von Hans-Günter Rolff (1991) und Brigitte Steinert, Eckart Klieme, Katharina Maag-Merki, Peter Dobrich, Ueli Halbheer und André Kunz (2006) oder zu kultureller Schulentwicklung von Max Fuchs, Bettina-Maria Gördel und Viola Kelb (2019) über den Phasenverlauf rekonstruiert werden (Tab. 4). Je Entwicklungsphase befanden sich die Schulen nicht unbedingt in einer höheren Niveaustufe kultureller Schulentwicklung, sondern es wurden ebenso sich zwar verändernde, aber in der Entwicklung stagnierende Prozesse oder auch Rückentwicklungen festgestellt (Entwicklungstyp 7). Dieses Ergebnis deckt sich mit den Erkenntnissen von Theresa Röhrich (2013) und ihren vier rekonstruierten Typen von Schulentwicklung: die stagnierende Schule (Projektschule), die aufbrechende Schule (fragmentierte Schule), die sich entwickelnde Schule und die entwickelte Schule (Problemlöseschule).
Entwicklungstyp 1 der vorliegenden Studie entspricht der Projektschule. Die Entwicklungstypen 2 und 3 können je nach spezieller Konfiguration der Projektschule, der aufbrechenden Schule (fragmentierte Schule) oder der sich entwickelnden Schule zugeordnet werden. Die Entwicklungstypen 4, 5 und 6 fallen unter die sich entwickelnde Schule und die entwickelte Schule (Problemlöseschule). Entwicklungstyp 7 stellt einen Zwitter dar, da hier immer wieder Phasen der Rückentwicklung von der sich entwickelnden Schule bzw. der entwickelten Schule (Problemlöseschule) in die beiden anderen Typen vorkommen (Tab. 4).
Im Unterschied zu den Schulentwicklungstypen von Röhrich schließen sich die sieben Entwicklungstypen kultureller Schulentwicklung dieser Studie nicht untereinander aus. Aufgrund der Individualität von Schule können Schulen Merkmale mehrerer Entwicklungstypen aufweisen. Deren typischen Kombinationsformen wurden in dieser Studie allerdings nicht weiter verfolgt, da sie die Erkenntnisrelevanz für die Praxis nicht gesteigert, sondern durch zu hohe Komplexität gemindert hätten.
Die Tabelle 4 zeigt ferner, wie die Typen vor dem Hintergrund der Ergebnisse zum Entwicklungsstand kultureller Schulentwicklung in NRW (Bromba/ Gördel 2019) gedeutet werden könnten – wenn auch hier ein zu überprüfendes Forschungsdesiderat liegt. Die personenbasierte Umsetzung scheint an den befragten Schulen in NRW, die von sich angeben kulturelle Schulentwicklung zu verfolgen, am häufigsten vertreten zu sein. Dies deckt sich mit Ergebnissen zu Einzelitems der Befragung: Bei rund 64 % der befragten Schulen sind einzelne engagierte Lehrer*innen für Kulturelle Bildung in Schule zuständig. Organisationsstrukturen, „wie ein*e Beauftragte*r für Kulturelle Bildung (40 %), Fachgruppen bestehend aus Lehrkräften der ästhetischen Fächer (rund 27 %), Steuergruppen mit dem Schwerpunkt Kulturelle Bildung (16,5 %) oder Arbeitsgruppen bestehend aus Lehrkräften der ästhetischen Fächer und der übrigen Fächer (8,2 %)“ (ebd.:67), kommen an den Schulen hingegen weniger vor. Die Ergebnisse der im Forschungszusammenhang vorgestellten Studie von Steinert et al. (2006) zeigen allerdings, „dass organisationsstrukturelle Bedingungen und Anforderungen der Schulen für Unterschiede in der Lehrerkooperation weniger bedeutsam sind als vielfach erwartet“ (ebd.:185). Es stellt sich daher die Frage, welche Aspekte es dann sind, die die Unterschiede bei der Lehrerkooperation hervorrufen, und um was für eine Qualität von Kooperation es sich dabei handelt: um koordinierte oder um unkoordinierte Kooperation bzw. evolutive Prozesse.
Aufgrund der Komplexität der Prozesse und der eher schleichend statt sprunghaft verlaufenden Veränderungen (Kapitel 4.1.1.c)) konnten die jeweiligen Schritte zur nächsten Stufe von Schulentwicklung und von Kulturkooperationen (oder auch Rückentwicklungen) nicht in der akzentuierten Form rekonstruiert werden, wie es Steinert et al. (2006) oder auch Fuchs (2018) als Forschungsdesiderat formulieren. In der Retrospektive können die Transformationsprozesse von den Interviewpersonen in ihrer Vollumfänglichkeit, ihren Verzweigungen und in ihren Kausalzusammenhängen nicht mehr nachvollzogen werden. Nicht nur retrospektiv, sondern generell ist es der begrenzten menschlichen Informationsverarbeitungskapazität kaum möglich, solche komplexen Handlungszusammenhänge in ihren vielfältigen Wechsel- und Kausalbeziehungen nachzuverfolgen. Dieses Wissensdefizit führt das Technologiedefizit mit sich. Die Prozesse der Zusammenarbeit im Bereich Schulentwicklung und Kooperationen sind sozialen Technologien kaum zugänglich, so dass sie in einfache Umsetzungshilfen oder Prozesshandreichungen übersetzt werden könnten.
Die Schulwirksamkeitsforschung kann deshalb auch nur Schlüsselfaktoren für gute bzw. wirksame Schulen nachweisen, nicht aber deren zeitliche Anordnung, Konstellation und spezifische Ausgestaltung. Sie werden in den Orientierungsrahmen für Schulqualität der Bundesländer abgebildet. Für diese Schlüsselfaktoren konnte nachgewiesen werden, dass sie positiv mit der Wirksamkeit von Schule korrelieren. Damit gilt ein positiver Einfluss dieser Faktoren auf die Schulleistungen von Schüler*innen als sehr wahrscheinlich. Eine kausale Interpretation lässt sich zwischen dem gehäuften Auftreten dieser Merkmale an wirksamen Schulen und den Schüler*innenleistungen allerdings nicht herleiten. Denn, ob dieser Einfluss tatsächlich besteht, wie dieser Einfluss bzw. das Zusammenwirken der Merkmale genau aussieht, in welcher Konstellation die Merkmale miteinander verbunden werden sollten, wie die qualitative Beschaffenheit der Merkmale angelegt sein sollte und wie die Schulentwicklungsprozesse aussehen, die diese hervorbringen, kann die Forschung nicht im Spezifischen sagen. Die Konstellationsmöglichkeiten von erfolgreicher Schulentwicklungsarbeit und ihre jeweilige qualitative Ausgestaltung sind dafür zu vielfältig (vgl. Huber et al. 2014).
Hingegen, so die Erkenntnis der Schulwirksamkeitsforschung, ist die Zusammenstellung der Einzelmerkmale vielmehr vom jeweiligen Schulethos bzw. der Schulkultur und damit den die Grundstruktur und die Prozesse von Schulen unterliegenden Wertorientierungen, Einstellungen und Handlungsmustern abhängig. Daher wird davon ausgegangen, dass es keine allgemeinen Rezepte für Schulentwicklung gibt, sondern jede Schule eine an ihren jeweiligen Entwicklungsstand und ihre Bedingungen angepasste schulindividuelle Strategie benötigt (vgl. Hopkins 1996). Die Ergebnisse der Schulwirksamkeitsforschung weisen auch darauf hin, dass je schlechter die Schulbedingungen bei den Schlüsselfaktoren wirksamer Schulen ausfallen, desto mehr Hilfe und direktive Vorgaben bei der Schulentwicklungsarbeit braucht die Schule von außen (vgl. Huber et al. 2014).
Das bedeutet, die fehlenden sozialen Technologien können durch das Wissen um positive und negative Bedingungen (Schlüsselfaktoren), wie sie in den im Forschungszusammenhang vorgestellten idealtypischen Stufenmodellen oder im Qualitätsrahmen der BKJ für Kooperationen zwischen Kultur und Schule (2018) oder auch in der Online-Erhebung zu „Entwicklungsstand von kultureller Schulentwicklung und Kulturkooperationen in Nordrhein-Westfalen, Umsetzung und Bedingungen“ (Bromba/ Gördel 2019) aufgeführt werden, ausgeglichen werden. Als vermittelndes Reflexionswissen zwischen den abstrakten Aufzählungen von Schlüsselfaktoren und den Gestaltungsanforderungen der Praxis können die in dieser Interviewstudie rekonstruierten Typen zu Umsetzung, Phasen, möglichen Verläufen und förderlichen bzw. hinderlichen Bedingungen von kultureller Schulentwicklung und Kulturkooperationen in NRW gelesen werden. Sie konkretisieren die Schlüsselfaktoren, indem sie diese in Kontexte einordnen, Zusammenhänge aufzeigen und durch Beispiele Einblicke in die Praxis geben.
Die Typen zu Kooperationen zwischen Schulen und kulturellen Bildungspartnern vor dem Hintergrund der Forschung
Die aus den Evaluationen der Programme „Creative Partnerships“ (Pringle/ Harland 2008; Holland 2011) und „Kulturagenten für kreative Schulen“ (Fink 2017) entwickelten Typologien zu Kooperationen zwischen Schulen und kulturellen Bildungspartnern decken sich teilweise mit den vorliegenden Ergebnissen. Dort, wo sie sich nicht überschneiden, ergänzen sie einander, so dass sie mit den in dieser Studie entwickelten Kooperations-, Umsetzungs- und Entwicklungstypen verbunden werden können und diese in ihrem reflexiven Analyse- und Gestaltungspotential für die Praxis bereichern (Tabelle 5).
Für die Makro-Ebene, wie Verwaltung oder Verbände, können die in dieser Interviewstudie herausgearbeiteten Motive zur Aufnahme von Kooperationen oder aber die Ursachen und Anlässe für Phasen und die Beschreitung eines Entwicklungstyps aufschlussreich sein. Wie sich zeigt, sind sie nicht nur von internen Faktoren abhängig, sondern werden auch von schulpolitischen Entscheidungen, Angeboten oder Programmen von Staat, Verbänden und Stiftungen beeinflusst. Dieser Hinweis gilt auch für die Ursachen und Auslöser von Umsetzungs- und Entwicklungstypen, die für kulturelle Schulentwicklung herausgearbeitet wurden.
Wie die Ergebnisse zur kulturellen Schulentwicklung weisen auch die Ergebnisse zu Kulturkooperationen darauf hin, dass sich Kooperationen auch noch nach mehreren Jahren in einem Frühstadium der Entwicklung befinden oder aber einem Kooperationstyp mit einer niedrigen Kooperationsintensität zugeordnet werden können. Dies stimmt mit den Evaluationsergebnissen des Programms Creative Partnerships (Pringle/ Harland 2008) überein. Auch nach mehreren Jahren Programmlaufzeit wurden zwei Drittel der Kooperationen als Beginner-Kooperationen mit nur rudimentär ausgebauten Kooperationsstrukturen und -prozessen eingestuft. Dieses Evaluationsergebnis erstaunte die Evaluator*innen von Creative Partnerships angesichts der Zeitspanne des Programms. Die vorliegende Studie konnte insoweit einen Erklärungsansatz für diesen Befund geben, als dass dies an den unterschiedlichen Zielen von Kooperationen liegen kann. Je nach Zielsetzung ist der Ausbau von Strukturen und Prozessen nicht unbedingt notwendig(Kapitel 4.2.2). Daher kann nach den Ergebnissen dieser Studie auch nicht notwendigerweise der dem Stufenmodemodell von Stephan G. Huber, Sigrid Hader-Popp und Nadine Schneider (2014) unterliegenden Logik gefolgt werden, dass mit zunehmender struktureller Komplexität und Anzahl der Kooperationspartner eine Qualitätsentwicklung bei Kooperationen stattfindet. Kooperationsqualität, so das Ergebnis dieser Studie, kann vielmehr nur vor dem Hintergrund der gesetzten pädagogischen Ziele, die mit einer Kulturkooperation verfolgt werden, beurteilt werden.
Reflexionswissen und Praxismaterial im Überblick
Zum Abschluss wird das im Forschungsbericht enthaltene Reflexionswissen für die Praxis aufgezeigt, um so den Forschungsbericht als eine Art Nachschlagewerk für die Arbeit im Kollegium aufzubereiten. Denn die Ergebnisdarstellung im Bericht unterscheidet zwischen
- Typischem (abstrahierte Ergebnisse, das Verallgemeinerbare): dargestellt im Fließtext
und - Besonderem (Einzelfälle, Beispiele), an dem das Typische wiederum erklärt und die Bandbreite innerhalb eines Typus aufgezeigt wird: dargestellt in Beispielkästen, Abbildungen und Tabellen.
Hinzu kommen vom Text abgehobene Definitionen der Typen, die aus den empirischen Daten gebildet wurden. Die Definitionen ermöglichen den schnellen Überblick über die Ergebnisse der Interviewstudie. Ebenfalls vom Text abgehobene Hintergrundinformationen geben Sachwissen zur Einordnung der Ergebnisse.
Das Verzeichnis der Abbildungen, Tabellen, Beispiele, Definitionen und Hintergrundinformationen lässt eine schnelle Orientierung zu.
Auf darüber hinaus gehendes Reflexionswissen sowohl für Lehrer*innen und Schulleitung als auch für Schulverwaltung, Kommunen, Verbände, Stiftungen etc. weist die Tabelle 2 hin.
Reflexionswissen für Lehrer*innen und Schulleitung
Kulturelle Schulentwicklung:
- Positive und negative Auswirkungen bestimmter Akteurskonstellationen: S. 31-34
- Impulse für die institutionenbasierte Umsetzung kultureller Schulentwicklung: S. 34, 36-37
- Vorteile der personenbasierten Umsetzung Kultureller Bildung: S. 37-38
- Gestaltungselemente, die eine funktionierende koordinierte evolutive Umsetzung unterstützen: S. 38-40
- Konstellationen, die zu unkoordinierten Entwicklungsprozessen und damit in potentielle Sackgassen führen können: S. 40-41
- Schulleitungsansätze: S. 49-55
- Strategien zur Mitnahme von Lehrer*innen: S. 56-59
- Gestaltungspotentiale oder Sackgassen von kultureller Schulentwicklung beschreibt insbesondere das Abschlusskapitel 5.1: S. 101-102.
Kooperationen zwischen Schule und Kultur
Für die Reflexion von Kulturkooperationen bieten sich insbesondere an:
- Motive zur Aufnahme von Kooperationen: S. 69-71
- die Abbildungen 6 bis 8
- die Tabellen 6 und 7
- die Definitionen 4 bis 9
- die Hintergrundinformationen 2, 4 und 5, 7 bis 9 sowie 11.
Gestaltungspotentiale oder Sackgassen von Kulturkooperationen thematisieren:
- Tabelle 13, Beispiel 29 und Beispiel 32 sowie die sie betreffenden Textabschnitte
- Ursachen und Anlässe für Phasen der Weiterentwicklung oder Stagnation: S. 87-90
- Gestaltungselemente, die eine funktionierende koordinierte evolutive Umsetzung unterstützen: S. 85
- Konstellationen, die zu unkoordinierten Entwicklungsprozessen und damit in potentielle Sackgassen führen können: S. 86
- Ursachen und Anlässe für die Beschreitung einer Phase: S. 88-90
- Abschlusskapitel 5.2: S. 102-103.
Reflexionswissen für Schulverwaltung, Kommunen, Verbände, Stiftungen etc.
Schulentwicklungs- und Schulwirksamkeitsforschung gehen davon aus, dass die Schulkultur und damit die den Strukturen und Prozessen unterliegenden Wertorientierungen, Einstellungen und Handlungsmuster ausschlaggebend für gelingende Schulentwicklung sind. Schulkultur bedarf bestimmter extern gesetzter Bedingungen, damit sie sich ausbilden kann, z. B. die schulscharfe Besetzung von Stellen aber auch genügend Zeit.
Die Ergebnisse der Schulwirksamkeitsforschung weisen auch darauf hin, dass Schulen umso mehr externe Unterstützung bei der Schulentwicklungsarbeit brauchen, je weniger sie die Schlüsselfaktoren wirksamer Schulen aufweisen (vgl. Huber et al. 2014).
Es ist davon auszugehen, dass diese beiden Ergebnisse der Schulwirksamkeitsforschung – der Einfluss der Schulkultur auf erfolgreiche Schulentwicklungsprozesse und der Unterstützungsbedarf von Schulen mit Problemen – auch auf Schulen übertragen werden können, die sich der kulturellen Schulentwicklung widmen. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse auch auf Kooperationen zwischen Schulen und kulturellen Bildungspartnern zutreffen. Denn bei diesen Prozessen handelt es sich um ebenso komplexe Zusammenhänge sozialer Ordnungsbildung wie bei Schulentwicklung.
Für Schulverwaltung, Kommunen, Verbände oder Stiftungen können ferner die Ursachen und Anlässe für Phasen oder für die Beschreitung eines Umsetzungs- oder Entwicklungstyps sowie die Motive zur Aufnahme von Kooperationen aufschlussreich für ihre Strategien sein, Kulturelle Bildung in der Schule und Kulturkooperationen gezielt zu stärken. Denn Ursachen und Anlässe liegen vielfach nicht nur in rein schulischen Faktoren, sondern werden auch von schulpolitischen Entscheidungen sowie Angeboten und Programmen von Staat, Verbänden und Stiftungen beeinflusst.
Tabelle 6: Reflexionswissen der Interviewstudie zu kultureller Schulentwicklung und zu Kulturkooperationen im Überblick. Die Seitenangaben beziehen sich auf die Studie.
Praxismaterial
Aus den Ergebnissen der Interviewstudie und der explorativen Online-Befragung zu Umsetzung, Bedingungen und Entwicklungsstand kultureller Schulentwicklung in Nordrhein-Westfalen von Michael Bromba und Bettina-Maria Gördel (2019) ist folgendes Praxismaterial entstanden:
- Typenmodell kultureller Schulentwicklung: https://www.bkj.de/publikation/typenmodell-kultureller-schulentwicklung/ (M. Fuchs, B.-M. Gördel & V. Kelb).
- Verankerung von Kultureller Bildung im Unterricht und in der Schule: https://www.bkj.de/kulturelle-schulentwicklung/wissensbasis/beitrag/kulturelle-unterrichtsentwicklung-durch-organisations-und-personalentwicklung/ (B.-M. Gördel & M. Norrenbrock).
- Selbstevaluation von kultureller Schulentwicklung und Kulturkooperationen: https://www.bkj.de/ganztagsbildung/wissensbasis/beitrag/selbstevaluation-kultureller-schulentwicklung/ (B.-M. Gördel, & V. Kelb).
- Kulturelle Schulentwicklung mit Methoden der Kulturellen Bildung gestalten – Impuls: Verständigungsprozesse initiieren: https://www.bkj.de/kulturelle-schulentwicklung/wissensbasis/beitrag/reflektieren-anhand-von-fallarbeit/ (L.-M. Freund & B.-M. Gördel).
Dieses und weiteres Praxismaterial enthält die Arbeitshilfe kulturelle Schulentwicklung herausgegeben von der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V. (2019): https://www.bkj.de/publikation/kulturelle-schulentwicklung/. Das Praxismaterial und die Arbeitshilfe sind im Rahmen des Projekts „Kreativpotentiale und Lebenskunst NRW“ (2015-2019) entstanden, gefördert vom Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen und von der Stiftung Mercator.