Kulturelle Bildung als Baustein der Unterrichtsentwicklung
Kunst- und Musikunterricht kennen wir alle, aber ist das schon die gesamte kulturelle Bildung in Schule? Zweifelsfrei steht fest: Der Begriff „Kulturelle Bildung" hat Hochkonjunktur und gewinnt gerade auch in der Schule immer mehr an Bedeutung. Dabei gehen die Vorstellungen über Inhalte und Methodik sowie über Sinn, Zweck und Zielsetzung von kultureller Bildung gehen mitunter weit auseinander. Es stellt sich die Frage: Was bedeutet kulturelle Bildung in der Schule und wie kann sie dort u. a. im Unterricht umgesetzt werden?
Im folgenden Beitrag werden Ansätze dargestellt, die aufzeigen, wie es möglich ist, auf Basis aktueller didaktischer Konzepte und Diskussionen, künstlerisch-kulturelle Methoden in den Unterricht einzubinden und für eine zeitgemäße Unterrichtsgestaltung auf fachlicher, pädagogischer wie auch auf methodisch-didaktischer Ebene effektiv zu nutzen.
Doch zunächst wäre zu klären: Was ist eigentlich kulturelle Bildung? Verstehen wir darunter,
- wenn jemand regelmäßig die Bibliothek besucht und Werke der Weltliteratur studiert oder gerne auch Comics liest?
- wenn jemand Walzer tanzen kann oder die neuesten Breakdancemoves beherrscht?
- wenn jemand ins Theater geht oder ein Museum besucht?
- wenn jemand selbst Theater spielt oder wenn jemand eigene Texte in Rap umsetzt?
- wenn jemand Computerspiele erfindet, Musikvideos produziert oder wenn er mit Graffiti Wände gestaltet?
- …
Alles das und noch viel mehr lässt sich unter den Begriff der kulturellen Bildung subsummieren:
- Kulturelle Bildung ist ein Sammelbegriff für Prozesse und Aktivitäten in unterschiedlichen Sparten. (Dt. Kulturrat, 2009:8)
- Kulturelle Bildung hat viele Facetten zwischen Alltags-, Sub- und Hochkultur. Sie umfasst die vielfältigen Zugangsweisen zur Welt in ihren ästhetisch-künstlerischen Ausdrucksformen und Angeboten.
- Kulturelle Bildung ist Allgemeinbildung, die es jedem Menschen ermöglichen soll, sich zu entfalten, an der Gesellschaft teilzuhaben und die Zukunft aktiv mitzugestalten. Zentrales Ziel ist die Entwicklung von Kreativität und eigenem subjektiven Ausdrucksvermögen. Der Zugang zu kultureller Bildung ist gemäß der UNESCO Menschenrechtskonvention (Artikel 22 ff.) ein allgemeingültiges Menschenrecht.
- Kulturelle Bildung beinhaltet die unterschiedlichsten Sparten (u.a. Musik, Literatur, Medien, Theater, Tanz, Bildende Kunst, Architektur, Film, Fotografie, Video, Spielpädagogik, Zirkusarbeit, Museumspädagogik, Tontechnik).
- Kulturelle Bildung ist lebenslanges und lebensbegleitendes Lernen mit den Künsten und in den Künsten. Sie ist das, was Menschen sich aneignen – ästhetisch, medial, körperlich, sensorisch, symbolisch, emotional, spirituell, sprachlich, kulturell – und umfasst die Vielfalt von ästhetisch-künstlerischen Lebens- und Ausdrucksformen.
- Kulturelle Bildung trägt bei jungen Menschen dazu bei, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Sie befähigt zur Auseinandersetzung mit der Kunst und damit auch mit der Gesellschaft dieser und anderer Epochen. Sie weckt das Interesse an fremden Kulturen und macht weltoffen. Gerade deshalb hat sie – auch unter Berücksichtigung der interkulturellen Bildung – einen so großen Stellenwert für unsere Gesellschaft.
- Kulturelle Bildung bedeutet Bildung zur kulturellen Teilhabe und beinhaltet Partizipation am künstlerisch-kulturellen Geschehen einer Gesellschaft im Besonderen und an ihren Lebens- und Handlungsvollzügen im Allgemeinen. Kulturelle Bildung gehört zu den Voraussetzungen für ein Leben in seiner personalen wie in seiner gesellschaftlichen Dimension und ist konstitutiver Bestandteil von allgemeiner Bildung.
- Kulturelle Bildung in der Schule sollte dem Leitgedanken folgen, möglichst allen Schülerinnen und Schülern die Begegnung mit möglichst vielen Sparten der kulturellen Bildung zu ermöglichen. Dieses Bestreben kann u.a. durch Kulturelle Methoden im Fachunterricht unterstützt werden.
Kulturelle Bildung in der Schule
Alle Kinder und Jugendlichen besuchen in Deutschland die Schule. Sie ist der Ort, an dem alle Schülerinnen und Schüler mit kulturellen Impulsen in Berührung kommen können. Es gilt somit vielfältige Anlässe für kulturelle Bildung und ästhetische Erziehung in Schule einzubringen.
Kulturelle Bildung – gerade auch im Sinne der Ermöglichung von künstlerischer Praxis – hat dabei schon immer auf vielfältige Weise in der Schule stattgefunden. So gibt es in der Schule u. a.
- Musik-, Kunst-, Textilunterricht (Darstellen & Gestalten an der Gesamtschule),
- vielfältige künstlerisch-kulturelle Bildungsangebote (Arbeitsgemeinschaften, Chöre, Bands, Projekte),
- Museums-, Theater- und Archivbesuche (informell [punktuelle Ausflüge] oder als dritter Lernort systematisch eingebunden in Unterrichtseinheiten),
- Kooperationen mit außerschulischen Kunst- und Kultureinrichtungen,
- künstlerisch-kulturelle Bindungsangebote auch im nichtkünstlerischen Fachunterricht (z.B. wird im sprachlichen Unterricht die jeweilige National-literatur aufgegriffen, Tanz im Sportunterricht).
Die vielfältigen Bestandteile der kulturellen Bildung in Schule werden heute zunehmend zu kulturellen Gesamtkonzepten von Schulen gemeinsam mit Kulturpartnern weiterentwickelt. Ziel ist eine systematische und nachhaltige Verankerung kultureller Bildung in Schule, um eine ganzheitliche Bildung zu realisieren.
Der Bildungsbericht 2012 des Bundes und der KMK belegt, dass im Rahmen des Ganztags immer häufiger Zusammenarbeit von Schulen mit Kunst- und Kulturschaffenden und Institutionen der kulturellen Bildung erfolgt. Eine nachhaltige Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern führt letztendlich zur Ausbildung von Teams an den Schulen, in denen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus verschiedenen beruflichen Richtungen multiprofessionell zusammenarbeiten. In der Schule finden sich immer mehr Anlässe und Möglichkeiten pädagogische Prinzipien der kulturellen Bildung wie z.B. ganzheitliches Lernen, Stärkenorientierung, Selbstwirksamkeit und selbstgesteuertes Lernen in Gruppen, umzusetzen.
Kulturelle Bildung folgt dem reformpädagogisch orientierten ganzheitlichen Lernansatz: Lernen mit Kopf, Herz, Hand, kurz: mit allen Sinnen. Kulturelle Bildung zeichnet sich aus durch ganzheitliche Spiel- und Lernformen. Heute können wir den Ansatz von Pestalozzi mit Erkenntnissen aus der Gehirn- und Lernforschung belegen. Die Vermutung, dass Kopf, Herz und Hand eine Lerneinheit bilden, ist heute eine wissenschaftlich fundierte Gewissheit. Unsere Sinne und unser Denken gehören zusammen. Ganzheitliches Lernen betont neben den kognitiv-intellektuellen Aspekten auch körperliche sowie affektiv-emotionale Aspekte. Ganzheitlichkeit als Lernform zeichnet sich aus durch einen dynamischen Wechsel u. a. von geistiger und körperlicher Aktivität, von sprachlicher und nicht-sprachlicher Interaktion, von Sinneseindrücken auf der einen und analytischer Durchdringung eines Problems auf der anderen Seite. Alles was sinnlich erfahrbar ist, erreicht tiefere Schichten im Menschen, hinterlässt nachhaltigere Spuren als der rein kognitive Prozess. (vgl. Schorn, 2009, S. 7-9)
Ganzheitlichkeit als Lernform zeichnet sich aus durch einen dynamischen Wechsel von z. B. geistiger und körperlicher Aktivität, von sprachlicher und nicht-sprachlicher Interaktion aus und stützt sich u. a. auf folgende drei Prinzipien:
Stärkenorientierung bedeutet, den Blickwinkel zu verändern: nicht zu fragen, was der Betreffende nicht kann, sondern zu sehen, welche Fähigkeiten und Stärken er oder sie in welchen Situationen zeigt, wie viel er oder sie wann zu tun und zu leisten in der Lage ist. Mit der Stärkenorientierung werden Schülerinnen und Schüler in ihrer Persönlichkeit gestärkt und lernen gleichzeitig auch mit ihren Schwächen besser umzugehen. Anerkennung und stärkende Rückmeldungen helfen den Lernenden, Zutrauen in sich selbst zu fassen. So entwickeln sie die Sicherheit, dass sie ihren Weg ausprobieren/gehen können, dass sie dabei Fehler machen dürfen, ohne beschämt zu werden und in schwierigen Situationen auch Hilfe bekommen können. Dass die Kinder und Jugendlichen individuelle Voraussetzungen mitbringen, wird als Chance betrachtet. (vgl. Schorn, 2009, S. 7-9)
Selbstwirksamkeit bedeutet die Vermittlung des Gefühls: „Das habe ich bewirkt. Das habe ich erreicht!“ Unter Selbstwirksamkeit versteht man die Überzeugung eines Menschen, in unterschiedlichen Lebenssituationen Kontrolle zu erleben und sich dabei kompetent zu fühlen. Für Kinder und Jugendliche ist die wahrgenommene Selbstwirksamkeit von großer Bedeutung für ihre positive Selbstbewertung. (vgl. Schorn, 2009, S. 7-9)
Selbstgesteuertes Lernen in Gruppen ist ein Prinzip, das bereits seit längerem im Unterricht auf vielfältige Weise eingesetzt wird. Jeder Einzelne bringt sich dabei mit seinen Möglichkeiten, Kenntnissen und Ideen ein und kann dabei auf die Gruppe als Unterstützungssystem zurückgreifen. Die Gruppenmitglieder stimmen ihre Ziele gemeinsam ab und setzen sie gemeinsam um. Bei Bedarf kann die Gruppe unterschiedliche Formen der Unterstützung durch die Anleiter bzw. Lehrkräfte nutzen. Der gesamte Prozess verläuft so weit wie möglich selbst gesteuert bzw. selbst organisiert. (vgl. Schorn, 2009, S. 7-9)
Kulturelle Bildung setzt Impulse in der Unterrichtsentwicklung
In Zusammenhang mit dem Thema „Kulturelle Bildung im Unterricht" trifft man oft auf Reaktionen wie „Theaterspielen und Tanz im Mathematikunterricht oder auch im Deutsch- oder Biologieunterricht - wozu das denn bitte? Die Stoffpläne sind so voll, die zentralen Prüfungen stehen an, das kann der Fachunterricht nicht auch noch leisten. Und überhaupt: Wo liegt da der Mehrwert?“
Im Folgenden wird der Versuch unternommen, diese Fragen zu beantworten. Dazu werden die von der Unterrichtsforschung entwickelten Qualitätskriterien für einen „guten Unterricht“ in übersichtlicher Form dargestellt und die daraus resultierenden Konsequenzen und Möglichkeiten für die Unterrichtsentwicklung sowie Unterrichtsgestaltung in Hinblick auf kulturelle Bildung in ersten Ansätzen aufgezeigt. Es werden sowohl das ältere inhaltsorientierte als auch das aktuelle kompetenzorientierte Unterrichtsskript in den Blick genommen. Beide bieten Ansatzpunkte zur Implementation kultureller Bildung im Unterricht. Auch die Möglichkeiten und Chancen einer Verzahnung von formaler und non-formaler Bildung werden angeschnitten.
Die Frage nach den Qualitätskriterien von Unterricht beschäftigt Schultheoretikerinnen und Schultheoretiker und Schulpraktikerinnen und Schulpraktiker seit jeher, die einen auf der theoretischen Ebene der Schul- und Unterrichtsentwicklung, die anderen auf der eher praktischen Ebene der konkreten Unterrichtsgestaltung. Auf theoretischer Ebene wurden wissenschaftliche Überlegungen und Untersuchungen hierzu in der jüngeren Vergangenheit sowohl von der Allgemeinen Didaktik (Meyer 2004) als auch von Seiten der empirischen Unterrichtsforschung (Helmke 2006a) angestellt. Der Erziehungswissenschaftler Hilbert Meyer, ein Vertreter der Allgemeinen Didaktik, beantwortet die Frage „Was ist guter Unterricht?“ in einer Arbeitsdefinition anhand von zehn Merkmalen: klare Strukturierung des Unterrichts, hoher Anteil echter Lernzeit, lernförderliches Klima, inhaltliche Klarheit, sinnstiftendes Kommunizieren, Methodenvielfalt, individuelles Fördern, intelligentes Üben, transparente Leistungserwartungen und vorbereitete Umgebung. Diesen Merkmalkatalog für guten Unterricht bezeichnet er als „Kriterien-Mischmodell“ bzw. „Kriterienmix“, den er aus verschiedenen Untersuchungen zum Thema zusammengestellt hat. (Meyer 2004:11 ff.) Die zehn Merkmale gelten fächerübergreifend für alle Schulformen und alle Schulstufen. Meyer betont in seiner Definition für guten Unterricht dessen Anbindung an gesellschaftliche Vorgaben und überfachliche Aspekte. Hier führt er den „Rahmen einer demokratischen Unterrichtskultur“, die „Grundlage des Erziehungsauftrags“, das „Ziel eines gelingenden Arbeitsbündnisses“ sowie eine „sinnstiftende Orientierung“ an. Auf dieser Grundlage definiert Meyer in seiner Arbeitsdefinition guten Unterricht als „Unterricht, in dem ein Beitrag zur nachhaltigen Kompetenzentwicklung aller Schülerinnen und Schüler geleistet wird“. (Meyer 2004:13).
Ausgehend von den Ansätzen und Methoden der empirischen Unterrichtsforschung – also einem ganz anderen Forschungskontext – gelangt Andreas Helmke zu ähnlichen Ergebnissen bei der Bewertung der Güte von Unterricht.
Sowohl Meyer als auch Helmke führen in ihren Merkmalkatalogen für die Qualität von Unterricht mit den Aspekten der „Kompetenzentwicklung“ (Meyer) bzw. der „Kompetenzorientierung“ (Helmke) auch Kategorien und Begrifflichkeiten eines neuen Unterrichtsskripts an, sind aber insgesamt ausgerichtet auf eine Auffassung von Unterricht, die sich primär an der Vermittlung von Inhalten orientiert.
Empirische Wende
Nach dem unbefriedigenden Abschneiden deutscher Schülerinnen und Schüler in internationalen Vergleichsstudien (PISA-Schock) hat die Ständige Konferenz der Kultusminister (KMK) seit 2002 zur Sicherung und Verbesserung der Qualität im Bildungswesen zahlreiche Beschlüsse zu dessen Output-Steuerung gefasst. Ein wesentlicher Punkt dieses Paradigmenwechsels ist die Beschreibung von definierten Ergebnissen schulischen Lernens über Bildungsstandards in Form von Kompetenzerwartungen. Hierbei handelt es sich um Könnenserwartungen, die die fachlichen und überfachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu einem bestimmten Zeitpunkt des jeweiligen Bildungsgangs festlegen.
Ausgehend von den Bildungsstandards entwickeln die Länder für die einzelnen Fächer und Schulformen Kernlehrpläne. Die aktuellen Kernlehrpläne in Nordrhein-Westfalen stellen über Kompetenzerwartungen eine progressionsorientierte Verbindung zwischen Prozessen und Inhalten her. Dabei werden die (kognitiven) Prozesse fachtypischer Handlungsweisen in Kompetenzbereichen systematisiert, während die Unterrichtsinhalte in Inhaltsfeldern strukturiert sind. Um einer einseitigen inhaltlichen Orientierung des Unterrichts vorzubeugen, handelt es sich bei den dort ausgewiesenen inhaltlichen Schwerpunkten um den unverzichtbaren fachlichen Kern, das inhaltliche Bildungsminimum des jeweiligen Faches. Didaktisch-methodische Hinweise, die einen großen Teil der alten inputgesteuerten Lehrpläne ausmachten, fehlen in den neuen kompetenzorientierten Kernlehrplänen völlig. Dies eröffnet den Schulen bei der Unterrichtsgestaltung zahlreiche Freiräume. Über die Wege, wie die in den Kernlehrplänen ausgewiesenen Kompetenzen erreicht werden (fachdidaktische und fachmethodische Ansätze, Lehrmittel, Medien, Lernorte, Lern- und Anforderungssituationen, Grundsätze der Leistungsbewertung etc.), und die dazu erforderlichen inhaltlichen Ergänzungen des Kernlehrplans entscheiden die einzelnen Fachkonferenzen einer Schule. Dazu erstellt jede Fachkonferenz einen fachbezogenen schulinternen Lehrplan, der kontinuierlich weiterentwickelt wird. Zudem überprüfen die Fachkonferenzen die tatsächlich erreichten Unterrichtsergebnisse. So entsteht ein Schulcurriculum, über das die Schule ihr besonderes Profil ausweisen, schärfen und weiterentwickeln kann und das sich im Schulprogramm niederschlägt. Auch bzw. gerade in den Bereichen der Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsentwicklung wird Schule so zur eigenständigen Schule. (vgl. Lersch 2010)
Kompetenzbegriff und Kompetenzorientierung
Die gesellschaftlichen Erwartungen an das schulische Lernen werden in den Kernlehrplänen über Kompetenzerwartungen gesteuert. Kompetenzorientierung ist dort das zentrale curriculare Prinzip. Doch was sind Kompetenzen eigentlich und was bedeutet der Begriff „Kompetenz“ im schulischen Kontext? In welchem Verhältnis stehen Kompetenz und Bildung?
Im Humboldtschen Sinne stellt Bildung einen gewissen Eigenwert dar. Bildung zielt hier nicht in erster Linie auf eine wie auch immer geartete materielle Nützlichkeit ab, sondern sie dient, kurz gesagt, der Persönlichkeitsbildung des Menschen. Durch die Einführung des Kompetenzbegriffs und dem damit verbundenen Prinzip der Outputorientierung wird schulische Bildung funktionalisiert und mit definierten Bildungszielen verbunden. Die Inhalte schulischer Bildung werden nicht mehr primär über die Ansätze der alten Input-Steuerung bestimmt: „Was soll am Ende eines Bildungsabschnitts bzw. des schulischen Bildungsgangs inhaltlich durchgenommen und behandelt worden sein?“ Zur Definition von Bildungszielen wird nunmehr folgende Fragestellung einer am Ergebnis orientierten (outputgesteuerten) Vorstellung von Bildung evident: „Was sollen Schülerinnen und Schüler am Ende des schulischen Bildungsgangs bzw. eines Bildungsabschnitts können? Welche Vorstellungen, Fähigkeiten und Einstellungen sollen dazu erworben werden?“ Nicht mehr die Bildungsinhalte, sondern die Anwendung der erworbenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse steht hierbei im Vordergrund.
2001 hat Lernpsychologe Franz Emanuel Weinert die heute wohl meistzitierte Definition für den Kompetenzbegriff vorgelegt. Auf dieser Definition basieren im Wesentlichen die in den letzten Jahren in Deutschland entwickelten Bildungsstandards und Kernlehrpläne. Die Weinertsche Auffassung von Kompetenz ist damit zur Grundlage kompetenzorientierter Unterrichtsentwicklung und -gestaltung geworden. Nach Weinert sind Kompetenzen „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“. (zit. nach: Klieme et. al. 2003:72)
Dieser Kompetenzbegriff ist komplex und weit gefasst. Die abstrakte Fähigkeit zur Problemlösung und zum problemlösenden Denken wird hier erweitert um den Aspekt einer erfolgreichen Anwendung der Problemlösung in variablen Anforderungssituationen. „Kompetenz ist nach diesem Verständnis eine Disposition, die Personen befähigt, bestimmte Arten von Problemen erfolgreich zu lösen, also konkrete Anforderungssituationen eines bestimmten Typs zu bewältigen“. (Klieme et al. 2003:72).
Das Vorhandensein von Kompetenz äußert sich in der Performanz, also der tatsächlich erbrachten, sichtbaren Leistung. Neben kognitiven Aspekten umfasst Weinerts Definition von Kompetenz auch motivationale und volitionale Merkmale. Kompetenzen müssen somit immer ganzheitlich gesehen werden, zumal zur Bewältigung der meisten Anforderungssituationen neben rein fachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten auch überfachliche, soziale und personale Fähigkeiten und Bereitschaften erforderlich sind. Daher unterscheidet man mehrere Bereiche von Kompetenzen.
Fachliche Kompetenzen, in denen inhaltliches Wissen sowie Strategien zur Nutzung und Anwendung dieses Wissens zum Tragen kommen, werden abgegrenzt von überfachlichen Kompetenzen und selbstregulativen Kompetenzen. Überfachliche Kompetenzen werden oft auch als „CCC-Kompetenzen“ („cross curricula competencies“) bezeichnet. Sie umfassen Aspekte wie Kooperationsfähigkeit, soziale Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit, Präsentationsfähigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Selbstständigkeit oder Lernkompetenz, und sind über die Fächer hinweg nötig zur Bewältigung von (fachlichen) Anforderungssituationen. Selbstregulative Kompetenzen beziehen sich auf die „Entwicklung eines Systems von Welt-, Wert- und Handlungsorientierungen, die die Kompetenznutzung an die in unserem sozialen und kulturellen Kontext allgemein gültigen oder anerkannten Normen und Grundsätzen zu orientieren vermag.“ (Lersch 2012:10) Die wesentlichen Merkmale des Kompetenzbegriffs nach Weinert lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Kompetenzen umfassen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Bereitschaften. Damit beschreiben sie individuelle Eigenschaften von Personen und keine Inhalte.
- Kompetenzen sind kognitiv ausgerichtet und damit wissensbasiert. Der Kompetenzbegriff vereint Wissen und Können.
- Kompetenzen beinhalten zudem Facetten wie Verstehen, Erfahrung, Motivation, soziale Bereitschaft und Wertorientierung.
- Kompetenzen sind handlungsbezogen. Sie sind Grundlage für das Lösen von Problemen in Anforderungssituationen (sog. Performanzsituationen).
- Neben fachlichen Kompetenzen unterscheidet man zwischen überfachlichen und selbstregulativen Kompetenzen.
- Kompetenzen werden in einem längeren Entwicklungsprozess erworben. (vgl. Lersch 2010:6)
Wie unterrichtet man nun Kompetenzen? Was unterscheidet einen inputgesteuerten Unterricht, der auf die Vermittlung von Inhalten ausgerichtet ist, von einen output-gesteuerten Unterricht, bei dem der Aufbau von Kompetenzen im Vordergrund steht? „Die didaktische Antwort auf die ganz praktische Frage Wie unterrichten Lehrkräfte kompetenzorientiert? besteht in einer schrittweisen Erweiterung von bisher weit verbreiteten Unterrichtsskripten, die sich mehr oder weniger ausschließlich auf die Vermittlung fachlicher Inhalte konzentrieren, um die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten“. (KMK/IQB (Hrsg.) 2010:9)
Bei Fähigkeiten, Fertigkeiten und auch Bereitschaften handelt es sich um Eigenschaften von Personen. Im Gegensatz zu Inhalten können Eigenschaften aber nicht vermittelt oder gelehrt, sondern nur – im Sinne eines konstruktivistischen Prozesses – aktiv handelnd erlernt bzw. erworben werden. In diesem Zusammenhang erhält der Begriff der „Anforderungssituation“ bzw. „Performanzsituation“ für einen kompetenzorientierten Unterricht eine entscheidende Bedeutung: „Es gilt nämlich, die Schülerinnen und Schüler permanent in solche möglichst selbstständig zu bewältigende Performanzsituationen zu verwickeln, damit sich so etwas wie Kompetenz überhaupt entwickeln kann“. (Lersch 2010:7) Das systematische und methodisch fantasievolle Arrangieren und Einrichten von Anforderungssituationen (Kontexten, Übungen, Denkoperationen, praktisch zu bewältigenden Problemen etc.), die die Schülerinnen und Schüler selbständig bewältigen, ist ein wesentlicher Bestandteil kompetenzfördernden Unterrichts.
Den Erwerb überfachlicher Kompetenzen bezeichnet Weinert als lateralen Lerntransfer. Wie bereits erwähnt, werden die überfachlichen Kompetenzen auch als CCC-Kompetenzen bezeichnet. Für den Erwerb überfachlicher Kompetenzen sind alle Fächer und Aktivitäten in der Schule verantwortlich, da sie „über“ den Fachkompetenzen und damit quer zu allen Fachgebieten liegen. Überfachliche Kompetenzen werden somit im Rahmen fachlicher Anforderungen innerhalb des Fachunterrichts erworben – „quasi durch ihn hindurch“. (Lersch 2010:8) Die Zusammenarbeit und der Austausch mit anderen Menschen und die damit verbundene Weiterentwicklung von Team- und Kooperationsfähigkeit (beispielsweise) werden in der Regel über einen Gegenstand bzw. einem Fachinhalt praktiziert. Daher müssen bei der Planung und Durchführung von Fachunterricht immer wieder spezielle Lerngelegenheiten geschaffen werden, die einzelne oder auch mehrere CCC-Kompetenzen gezielt fördern. Hier ist eine Abstimmung zwischen und innerhalb der Fachgruppen eines Kollegiums erforderlich. (vgl. Lersch:8-9)
Zusammengefasst: Guter Unterricht im kompetenzorientierten Sinn lenkt den Blick weg von den Unterrichtsinhalten hin zu den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Dabei deckt er gleichsam ein Ensemble an Kompetenzen ab (Fachkompetenzen, überfachliche und selbstregulative Kompetenzen). Er ist so gestaltet, dass die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen aktiv erwerben, und verbindet Wissen mit Können. Fachliches Wissen wird angemessen strukturiert und in Form von intelligentem Wissen immer wieder in Performanzsituationen angewendet (situiertes Lernen). Dabei hat kompetenzorientierter Unterricht immer auch die Diagnostik und individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler im Blick. Die Planung des Unterrichts orientiert sich am angestrebten Ergebnis, dem sog. Output, das in Kernlehrplänen in Form von Kompetenzerwartungen festgelegt ist. Über seine Ergebnisse legt kompetenzorientierter Unterricht Rechenschaft ab. Die Ergebnisse beeinflussen die weitere Unterrichtsplanung.
Kulturelle Bildung in der Unterrichtsentwicklung und -gestaltung
„Anders Lernen!“, dies ist das Motto und „der gemeinsame Nenner“ von Schulen, die sich auf den Weg gemacht haben, ein kulturelles Schulprofil zu entwickeln. Diese Schulen „wollen Bildungsangebote für Schülerinnen und Schüler ganzheitlicher gestalten als es der Lehrplan vorsieht“ (Kelb 2010:107). Was bedeutet dies für die Gestaltung von Unterricht an einer Schule, die kulturelle Bildung in den Mittelpunkt ihrer Schul- und Unterrichtsentwicklung stellt? Welche Konsequenzen lassen sich zudem aus den dargestellten Merkmalen und Qualitätskriterien für „guten Unterricht“ ziehen?
Max Fuchs definiert eine solche Schule wie folgt: „In Kürze: Es ist eine Schule, in der alle Dimensionen von Schulleben – im Unterricht und außerhalb des Unterrichts – die kulturell-ästhetische Dimension nicht nur berücksichtigt, sondern auf hohem Niveau erfüllt.“ (Fuchs 2010:71) Wie sich zeigen wird, eröffnet gerade das kompetenzorientierte Unterrichtsskript diesen Schulen zahlreiche Möglichkeiten, im Rahmen aktueller bildungspolitischer Programme und auf der Basis von Kernlehrplänen Unterricht durchzuführen, der die von Max Fuchs aufgestellte Definition umsetzen kann.
Anknüpfungspunkte an das kompetenzorientierte Unterrichtsskript liefert das Qualitätstableau für kulturelle Schulentwicklung der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V. (BKJ): Es weist auf der Ebene der Unterrichtsentwicklung zahlreiche Qualitätspunkte auf, die die Vorgaben einer kompetenzorientierten Unterrichtsgestaltung berücksichtigen (Fuchs 2010:73). Eine Reduktion dieses Tableaus auf die Mikroebene und die Subjektebene – unter Vernachlässigung der Strukturqualität, die für Unterrichtsentwickler nur bedingt beeinflussbar ist – führt quasi zu einem Tableau für kulturelle Unterrichtsentwicklung:
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Prozessqualität Organisationsentwick- |
Ergebnisqualität Wirkungen / Output |
Partizipative Evaluation Reflexion / Kritik |
Mikroebene Lehr- |
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Subjekt- Das lernende |
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Ziel / Vision:
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(nach Fuchs 2010:73)
Im Schnittfeld von Subjektebene und Ergebnisqualität wird hier das „Ziel“ bzw. die „Vision“ einer Schule, die kulturelle Bildung in den Mittelpunkt ihrer Schulentwicklung stellt, im Hinblick auf „das lernende Individuum“ – die Schülerinnen und Schüler – deutlich: die Ausbildung von Lebenskompetenz. Diese umfasst zum einen Aspekte wie den Aufbau von Fachkompetenzen sowie die Entwicklung von CCC-Kompetenzen („Sozial-, Personal- und Methodenkompetenzen“) und selbstregulativen Kompetenzen („Emanzipation“) – also Bildungsziele, die den Vorgaben der „Empirischen Wende“ entsprechen. Zum anderen beinhaltet der Begriff Lebenskompetenz auch Facetten, die auf der Tradition und den Prinzipien der kulturellen Bildung basieren: Zufriedenheit, Selbstwirksamkeit und künstlerische Kompetenzen. Auch in den anderen Schnittfeldern des Tableaus finden sich sowohl auf der Mikroebene als auch auf der Subjektebene Aspekte und Prinzipien der kulturellen Bildung, die in die Unterrichtsgestaltung an einer Schule mit kulturellem Profil einfließen sollten: so u. a. stärkenorientierte Anerkennungsverfahren, Konzepte, Inhalte und Methoden der kulturellen Bildung, Partizipation und Identifikation, Integration kulturpädagogischer Bildungsprinzipien oder die öffentliche Darstellung.
Eine Antwort auf die zu Beginn dieses Abschnitts gestellte Ausgangsfrage, was das Motto „Anders lernen!“ für die Gestaltung von Unterricht an diesen kulturell ausgerichteten Schulen bedeutet, scheint nun greifbar. Es liegt auf der Hand, dass in die Unterrichtsgestaltung dort einerseits die Ansätze, Konzepte und Prinzipien der Kulturellen Bildung einfließen müssen, wenn der Unterricht das Motto „Anders lernen!“ umsetzen soll. Andererseits muss der Unterricht an diesen Schulen – wie an jeder anderen Schule auch – den dargestellten allgemeinen Qualitätskriterien für Unterricht Rechnung tragen, insbesondere denen für das aktuelle kompetenz-orientierte Unterrichtsskript.
Wie sich oben gezeigt hat, gibt es bereits jetzt auf dem aktuellen Stand der kulturellen Schulentwicklung einen breiten Bereich an Überschneidungen zum Prinzip der Kompetenzorientierung. Die Entwicklung von kompetenzorientierten Konzepten und Unterrichtsarrangements, die eine künstlerisch-kulturelle Akzentuierung und Ausschärfung des Unterrichts an der „Kulturschule“ ermöglichen, ist eine zukünftige Aufgabe kultureller Unterrichtsentwicklung. Die „Empirische Wende“ bis hin zur Kompetenzorientierung eröffnet gerade den an kultureller Bildung orientierten Schultypen viele Möglichkeiten, ein eigenständiges Schulprofil zu entwickeln – insbesondere auch auf der Unterrichtsebene. In diesem Programm kommt nämlich dem Konzept der eigenständigen Schule eine besondere Bedeutung zu. Neben den durch die Kernlehrpläne festgelegten Verbindlichkeiten eröffnet das Konzept den Schulen – wie bereits erwähnt – auch zahlreiche Freiräume. Diese Freiräume liegen zum einen in den Wegen, wie die Kompetenzerwartungen der Kernlehrpläne umgesetzt werden, zum anderen in der Ergänzung der in den Kernlehrplänen ausgewiesenen inhaltlichen Schwerpunkte.
Für Schulen bietet dies eine Reihe von Möglichkeiten, ihr kulturelles Profil im Unterricht aller Fächer umzusetzen und zu schärfen. Den einzelnen Fachkonferenzen obliegt hier die Aufgabe, den Fachunterricht entsprechend zu konzipieren und Unterrichtsvorhaben festzulegen, die nach Möglichkeit künstlerisch-kulturell orientiert sind. Dabei kann die Entwicklung von sog. Kompetenzrastern bei der Planung des Unterrichts helfen, die angestrebten Kompetenzen zu verdeutlichen.
Unter Berücksichtigung der dargestellten Ansätze des bisherigen Stands der kulturellen Schulentwicklung und der Qualitätskriterien für kompetenzorientierten Unterricht – insbesondere der für das kompetenzorientierte Unterrichtsskript – werden im Folgenden einige mögliche Grundlinien für die Unterrichtsgestaltung an Schulen mit und ohne kulturellem Profil aufgezeigt:
- Die inhaltlichen Ergänzungen der Vorgaben in den Kernlehrplänen können in jedem Fach so vorgenommen werden, dass nach Möglichkeit Fachinhalte ausgewählt werden, die in einem künstlerisch-kulturellen Kontext stehen.
- Wie erwähnt sollten Fachinhalte im kompetenzorientierten Unterricht in Anwendungs- bzw. Performanzsituationen situiert und angewendet werden. In einer Schule mit kulturellem Profil können diese Performanzsituationen in allen Fächern so oft wie möglich unter Nutzung kulturpädagogischer Methoden und ästhetisch-künstlerischer Ansätze erfolgen.
- Bei der Schaffung von eigenen Lerngelegenheiten zur Förderung überfachlicher Kompetenzen sollten in allen Fächern nach Möglichkeit künstlerisch-kulturelle Aktivitäten – nach Möglichkeit in Form von Praxisphasen – im Vordergrund stehen.
- Durch die Aufhebung des 45-Minuten-Takts wird es möglich, im Unterricht auch umfangreichere fachliche Anwendungssituationen mit künstlerisch-kulturellem Hintergrund durchzuführen und die Ergebnisse nach Möglichkeit auch zu präsentieren.
- Sowohl die fachlich orientierten Anwendungssituationen als auch die Lerngelegenheiten zur Förderung überfachlicher Kompetenzen könnten in vielen Fächern so konzipiert werden, dass sie außerunterrichtlichen künstlerisch-kulturellen Projekten zuarbeiten oder sogar in diese integriert werden. Dadurch würden die Grenzen zwischen außerunterrichtlichen und unterrichtlichen Aktivitäten, zwischen formaler und non-formaler Bildung verschwimmen.
- In allen Fächern sollten Performanzsituationen konzipiert werden, in denen die Schülerinnen und Schüler auch von Fachkräften der kulturellen Bildung, von Künstler/innen und/oder von Kulturschaffenden begleitet und beraten werden. Diese Fachkräfte können zusätzlich auch außerunterrichtliche Angebote und Projekte an der Schule leiten, sodass an einer Schule mit Kulturprofil multiprofessionelle Teams zusammenarbeiten.
- So oft wie möglich sollten fächerübergreifende Projekte durchgeführt werden.
- In allen Fächern sollten Anforderungssituationen und Projekte konzipiert und durchgeführt werden, die außerschulische Lernorte im Rahmen des Unterrichtsgangs systematisch und fachbezogen nutzen.
- Grundsätzlich sollten bei der Unterrichtsgestaltung Konzepte und Grundprinzipien der kulturellen Bildung Berücksichtigung finden.
Fazit
Immer mehr Schulen machen sich auf den Weg der Entwicklung eines kulturellen Profils. Die damit verbundene stetige Erweiterung der künstlerisch-kulturellen Bildungsarbeit schließt alle Bereiche des Schullebens mit ein - insbesondere auch den Fachunterricht. Dies betrifft nicht nur die künstlerischen oder - im klassischen Sinn - kulturaffinen Fächer. Im Unterricht aller Fächer und Lernbereiche ist es möglich und sinnvoll, „anders zu lernen", unter Einbeziehung von Kunst und Kultur neue und dabei ganzheitliche Lernwege mit den Schülerinnen und Schülern zu gehen.
Welcher Gewinn ergibt sich hieraus für das Subjekt, also für die Schülerinnen und Schüler? Ein Unterricht, der ganzheitliche Lernwege beschreitet, kann über künstlerisch-kulturellen Methoden und Inhalte unmittelbare individuelle Bezüge herstellen und so fachliche wie überfachliche Kompetenzen gezielt fördern - als individuelle Eigenschaften des Einzelnen. Ein verstärktes Lernen mit Kunst und Kultur ermöglicht es den Schülerinnen und Schüler in einer angstfreien Atmosphäre selbstbestimmt kreative Prozesse zu gestalten, dabei eigene Lernwege zu gehen, individuelle Stärken zu entdecken und diese gezielt weiter zu entwickeln. Künstlerisch-kulturelle Methoden und Inhalte unterstützen so die individuelle Diagnostik und Förderung in erheblicher Weise - wobei das Subjekt hieran aktiv beteiligt ist. Die Einbeziehung von Kunst und Kultur in den Unterricht gibt Schülerinnen und Schülern in allen Fächern die Möglichkeit, eigene Erfahrungen und Interessen zu artikulieren, diese in den Lernprozess einzubringen und den Unterricht sowohl inhaltlich wie auch methodisch partizipativ mitzugestalten. So können erhebliche Selbstwirksamkeitsprozesse beim individuellen wie auch kollektiven Lernen ausgelöst werden. Ganzheitliche Lernwege mit Kunst und Kultur führen letztendlich zu einem höheren Maß an Selbstbestimmung und Selbstbildung und fördern so wesentlich die Persönlichkeitsentwicklung des Subjekts.
Wie beschrieben, entsprechen diese Lernwege den aktuellen Unterrichtsvorgaben und der Programmatik der eigenständigen Schule. Dabei sollten die Lehrkräfte die neuen Lernwege nicht allein mit ihren Schülerinnen und Schülern beschreiten. Die systematische Einbeziehung von Fachleuten aus Kunst und Kultur in die schulische Arbeit wie auch die Nutzbarmachung von vielfältigen Erfahrungen an außerschulischen Lernorten sind wesentliche Elemente kultureller Bildung in der Schule. Eine langfristig angelegte und nachhaltige Kooperation mit außerschulischen Kulturpartnern bildet daher die unverzichtbare Basis eines kulturellen Schulprofils.