Bundesweite Wettbewerbe und Preise Kultureller Bildung

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von Kirsten Witt

Erscheinungsjahr: 2013/2012

Dieser Artikel beleuchtet Zielsetzungen und Potentiale von Wettbewerben und Preisen unter folgenden Fragestellungen: Welche Rolle spielen Wettbewerbe in der kulturellen Bildungspraxis? Was können sie leisten und was bewirken sie für TeilnehmerInnen, Praxisfeld und Gesellschaft? Dabei werden nicht nur Teilnehmerwettbewerbe in den Blick genommen, sondern ebenso Auszeichnungen für gute Kulturprodukte und Preise für gelungene Praxis. Abschließend werden einige Bundeswettbewerbe vor allem aus dem Feld der Kulturellen Kinder-­ und Jugendbildung exemplarisch vorgestellt.

Wettbewerbe sind eine Praxisform Kultureller Bildung

Wettbewerbe und Preise bieten besondere Anreize und Anlässe zur kreativen und kritischen Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Medium oder Thema. Unterstützt wird dies zusätzlich durch Workshops und Seminare, die zum Konzept vieler Wettbewerbe gehören. Dort wird auch die eigene künstlerische Arbeit reflektiert: „Was ist mir wirklich wichtig?“ oder „Was macht Qualität aus?“ Bei Wettbewerben verdichten sich gewissermaßen die „guten Nebenwirkun­gen“ der Kulturellen Bildung: das Erfahren von Lebensfreude und die Stärkung persönlicher Fähigkeiten und Kompetenzen. Sie eröffnen neue Horizonte und liefern Inspirationen im Zusammenklang mit anderen Musik-­, Theater-­ oder Filmbegeisterten – je nach Sparte. Dies kann durch Themen, Fragestellungen, formale Vorgaben oder auch durch die Praxis im Wettbewerb selbst geschehen. Auf diese Weise kann ein Wettbewerb ein kreatives Kraftfeld werden, gespeist aus dem gemeinsamen Enthusiasmus der TeilnehmerInnen, ExpertInnen, Jurymitglieder und OrganisatorInnen.

Schneller, weiter, höher? – Originalität und individueller Ausdruck zählen!

Selbstverständlich motivieren Wettbewerbe auch und spornen zu Höchstleistungen an. Im Unterschied etwa zum Leistungssport steht hier jedoch weniger im Mittelpunkt, besser zu sein als die anderen. Es geht vielmehr darum, seine persönliche Bestleistung zu erzielen – über sich selbst hinauszuwachsen, zu experimentieren und Neuland zu betreten. Dies verdeutlichen Auswahlkriterien wie Originalität, Spielfreude, eigener Ausdruck, innovative Ideen, Engagement, individueller künstlerischer Ansatz u.ä. Kulturelle Wettbewerbe haben eine weitere wichtige Funktion: sie leisten Anerkennung und Wertschätzung für kulturelle und künstlerische Aktivitäten, die sonst eher im privaten oder lokalen Bereich stattfinden. Sie schaffen öffentliche Plattformen für die künstlerischen Leistungen und kulturellen Ausdrucks­formen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Mit großen öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen, Festivals und Preisverleihungen, aber auch durch Online­-Präsentationen sowie Publikationen machen Wettbewerbe die vielfältigen kreativen Weltsichten von Men­schen eindrucksvoll erlebbar.

Experimentierfelder für gesellschaftliche Herausforderungen

Kulturelle (und damit gesellschaftliche) Teilhabe zu fördern zählt ebenfalls zu den Aufgaben und Chancen von Wettbewerben, indem sie zur aktiven Mitgestaltung des kulturellen Lebens motivieren (siehe Larissa von Schwanenflügel/Andreas Walther „Partizipation und Teilhabe"). Sie sind für jeden offen und stärken insbesondere die kulturelle Praxis im Amateurbereich. Einige Bundeswettbewerbe sind Schülerwettbewerbe: über Schulen werden auch Jugendliche erreicht, in deren Lebensumfeld der Zugang zu kulturellen Bildungsange­boten erschwert ist. Mit Stipendien und Seminaren werden viele TeilnehmerInnen auch nach einem Wettbewerb weiter gefördert.

Die Träger der Kulturellen Bildung nutzen Wettbewerbe, um ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht zu werden: Sie setzen Themen, die eine Auseinandersetzung mit aktuellen Herausforderungen anregen, beleben den Dialog der Generationen, der Kulturen und der Lebenswelten. Wettbewerbe können dadurch zu Foren des Austauschs werden. Über die gemeinsame Begeisterung am künstlerischen Tun, Experimentieren und Forschen kommen Menschen verschiedener Generationen und aus unterschiedlichen Lebenswelten miteinander ins Gespräch. Zusatzangebote wie Workshopwochen, Exkursionen, Tagungen und Teilnehmer­- oder Preisträgertreffen unterstützen dies.

Nachwuchsförderung und Vernetzung

Die Übergänge zwischen Amateurkunst, Breitenkultur und professionellem Kulturschaffen sind fließend. So ist die Teilnahme an einem Wettbewerb häufig Sprungbrett oder Anregung, einen beruflichen Weg im künstlerischen Bereich einzuschlagen. Auf diese Weise spielen insbesondere Bundeswettbewerbe eine zentrale Rolle für die Förderung des künstlerischen Nachwuchses. Ehemalige PreisträgerInnen sind heute erfolgreiche MusikerInnen, Filmema­cherInnen oder FotografInnen. Eine wichtige Funktion von Wettbewerben ist es, den Aus­tausch der NachwuchskünstlerInnen mit erfahrenen Profis zu unterstützen: in Workshops, Coachings, durch Patenprojekte oder Programme für Ehemalige.

Bundeswettbewerbe haben Vernetzungsfunktion und sind Foren für Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit. Die Praxis erhält wichtige Impulse, Infrastrukturen Kultureller Bildung werden gestärkt. Durch Evaluationen und wissenschaftliche Auswertungen liefern sie interes­sante Einblicke in die Gelingensbedingungen und Qualitätsfaktoren Kultureller Bildungspraxis (siehe Tobias Fink „Evaluationen im Feld der Kulturellen Bildung“).

Qualitätsentwicklung für die Kulturelle Bildung

Aktuelle gesellschaftspolitische Herausforderungen erfordern die ständige Weiterentwicklung der Praxis. Beispielsweise der demografische Wandel, der Ausbau der Ganztagsbildung oder die immensen Veränderungen jugendlicher Lebenswelten durch Neue Medien beeinflussen Inhalte, Methoden und Konzepte. Bundeswettbewerbe sind eine wichtige Plattform für inno­vative und gelingende Praxis. Gute Konzepte können eine große Strahlkraft entwickeln, wenn sie als Preisträger eines Bundeswettbewerbes ausgezeichnet werden. Gleichzeitig werden die Träger vor Ort in ihrer Arbeit gestärkt.

Kulturprodukte und ­-veranstaltungen insbesondere für Kinder und Jugendliche müssen höchsten Qualitätsansprüchen genügen, damit sie die Neugier, die Fragen, die Lebenswelten ihres jungen Publikums ansprechen und es fesseln und begeistern. Das ist Voraussetzung, damit junge Menschen sich und die Welt mit Kunst und Kultur entdecken und auch mitge­stalten können. Bundesweite Wettbewerbe prämieren deshalb die besten Bücher, Filme, Musikmedien oder Theaterstücke für Kinder und Jugendliche. Sie ermutigen AutorInnen, RegisseurInnen, ProduzentInnen und VerlegerInnen zu sehr guten Kulturprodukten für junge Publikumsgruppen.

Ausgewählte Beispiele

Neben bundesweiten Ausschreibungen gibt es zahlreiche Landes-­ und regionale Wettbewerbe sowie solche, die von Städten und Kommunen ausgeschrieben werden. Im Folgenden werden exemplarisch einige der großen Bundeswettbewerbe sowie Preise für gute Kulturprodukte und ausgezeichnete Kulturelle Bildungspraxis vorgestellt, deren Spektrum vom Flaggschiff „Jugend musiziert“ (seit 1964) des Deutschen Musikrats bis hin zum noch jungen Jugend­kunstschulwettbewerb „Rauskommen!“ reicht, beide gefördert durch das BMFSFJ. Eine ausführliche Übersicht über die wichtigsten bundesweiten Wettbewerbe der Kulturellen Kinder- und Jugendbildung findet man auf der Homepage der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ). Die Onlineausgabe des „Handbuchs der Kulturpreise“ in­formiert noch umfassender auch über regionale Preise und Wettbewerbe aus dem gesamten Feld Kunst und Kultur.

Deutscher Jugendvideopreis

Die Stärkung der Medienkompetenz und die Nachwuchsförderung sind zentrale Ziele des Deutschen Jugendvideopreises. Außerdem bietet er medienpädagogischen Projekten eine Präsentationsplattform. Experimente mit Videohandys sind ebenso möglich wie computerge­nerierte Kurzfilme, Videoclips und lange Spielfilme. Gefragt sind originelle Ideen, umgesetzt als Inszenierung, Dokumentation, Reportage oder Musikvideo. Die besten Einreichungen werden einem großen Publikum auf dem Bundesfestival Video vorgestellt. Ein zusätzliches Themen­-Special mit wechselnden Schwerpunkten ist ein Forum für Beiträge, in denen entsprechende persönliche Sichtweisen artikuliert werden können. Seminare und Workshops mit Medienprofis sind ein wichtiger Bestandteil des vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten Wettbewerbs. Träger ist das Kinder- und Jugendfilmzentrum in Deutschland (KJF) (siehe Christian Exner „(Jugend­-)Film in der Kulturellen Bildung“).

Jugend jazzt

„Jugend jazzt“ fördert den Jazznachwuchs. Neben dem eigentlichen Wettbewerb ist „Jugend jazzt“ Festival, Kontakt­- und Informationsbörse, ein bundesweites Treffen engagierter Nachwuchstalente und erfahrener Jazzprofis. Diese beraten die jungen Bands intensiv in begleitenden Workshops und betreuen die TeilnehmerInnen bei ihren Auftritten. Die fördernde Wirkung wird insbesondere durch die Vergabe von Förderpreisen und die Durchführung von Fördermaßnahmen erreicht. Sie sollen den beteiligten Gruppen helfen, ihre Fähigkeiten, ihre künstlerische Kreativität, ihre musikalischen Ausdrucksformen und ihren Bekanntheits­grad auszubauen. Dazu zählen Studio­-Aufnahmen, CD­-Produktionen, Workshopteilnahmen, Mentoren­-Coaching oder Einzelunterricht. Der Deutsche Musikrat ist für diesen Wettbewerb verantwortlich.

Bundeswettbewerb Theatertreffen der Jugend

Der Wettbewerb fördert das Theaterspiel in Schulen und Einrichtungen der Kulturellen Bildung. Im Mittelpunkt stehen die öffentlichen Aufführungen der ausgewählten Theater­-Produktionen. Darüber hinaus bieten die Treffen den teilnehmenden Ensembles und den TeilnehmerInnen der begleitenden Fachtagung die Möglichkeit zu gemeinsamer praktischer Theaterarbeit sowie zur Auseinandersetzung mit den Inszenierungen und Produktionen. Das Rahmenprogramm des „Theatertreffens der Jugend“ umfasst neben der Theaterpädagogischen Fachtagung Workshops in Tanz­- und Bewegungstheater, Improvisationsarbeit, Szenisches Schreiben, Figuren­- und Objekttheater, Stimmbildung etc. sowie eine Autorennacht.

LEOPOLD – empfehlenswerte Musikmedien für Kinder

Der „LEOPOLD“ zeichnet Musik für Kinder aus allen Bereichen der Musikszene aus. Der Medienpreis wurde zu einer begehrten Auszeichnung, um die sich die Tonträgerbranche alle zwei Jahre bewirbt. Fachzeitschriften für Musik und Pädagogik, auch Presse und Rundfunk greifen die Empfehlungen als Service für ihr Publikum auf. Bibliotheken und Mediatheken haben den LEOPOLD als Qualitätszeichen zur Bereicherung ihrer Bestände für Kinder ent­deckt. MusikschullehrerInnen, Kindergarten-­ und GrundschulpädagogInnen bietet der Preis ebenfalls eine Orientierungshilfe, wenn sie geeignete Musikmedien für Spiel und Unterricht suchen. Eine Kinderjury kürt in jedem Jahr die GewinnerInnen des Sonderpreises „Poldi“. Der LEOPOLD wird vom Verband deutscher Musikschulen (VdM) vergeben.

junge ohren preis

Der „junge ohren preis“ richtet sich an herausragende Projekte im Bereich konzertbezogener Musikvermittlung. Bewerben können sich Berufsorchester, freischaffende Ensembles, Mu­sikvermittlerInnen, Konzerthäuser und Konzertveranstalter sowie etablierte Musikfestivals mit selbst veranstalteten Projekten. Das Netzwerk „junge ohren“ will mit dem Preis das Augenmerk auf die Musikvermittlungsszene richten, die im gesamten deutschsprachigen Raum ein vielgestaltiges Leben entfaltet. Eine Sonderkategorie „Musik und Medien“ richtet sich an Projekte, die auf ansprechende Weise über audiovisuelle Medien und Internet Zugänge zur Musik eröffnen.

Deutscher Jugendliteraturpreis

Mit dem „Deutschen Jugendliteraturpreis“ werden herausragende Werke der Kinder-­ und Ju­gendliteratur ausgezeichnet. Damit trägt er zur Verbesserung der Qualität der Jugendliteratur bei. Der Jugendliteraturpreis und die damit verbundene Nominierungsliste bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen eine wichtige Orientierung bei der Suche nach geeignetem Lesestoff. Zugleich wird die Öffentlichkeit auf wichtige Neuerscheinungen und Entwicklungen der Kinder-­ und Jugendliteratur aufmerksam gemacht. Eine Kritikerjury des Arbeitskreises für Jugendliteratur prüft dafür jeweils die Neuerscheinungen des Vorjahres; eine Jugendjury vergibt einen eigenen Sonderpreis.

MIXED UP – Wettbewerb für Kooperationen zwischen Kultur und Schule

Hier werden modellhafte Kooperationen zwischen Kultur und Schule prämiert und einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. „MIXED UP“ regt zum Nachahmen an und ist eine Anerken­nung für diejenigen, die gemeinsam Lern-­ und Lebenswelten von jungen Menschen durch ein qualitätsvolles und kreatives Bildungsangebot gestalten. Kooperationen werden prämiert, die zur Vielfalt von Bildungsorten und Bildungssituationen beitragen, die innovative künstlerische Lern­- und Lehrformen beinhalten und Partizipation von Kindern und Jugendlichen stärken, individuelle Förderung ermöglichen oder zur sozialen Integration und zu Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen beitragen. Verantwortlich für den vom BMFSFJ geförderten Preis ist die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ).

BKM Preis für Kulturelle Bildung

Mit dieser Auszeichnung honoriert der Beauftragte der Bundesregierung r Kultur und Medien (BKM) hervorragende Projekte der künstlerisch-­kulturellen Vermittlung. Der Preis unterstreicht die herausragende Bedeutung der Vermittlungsarbeit von Kultureinrichtungen. Er würdigt aber auch Initiativen des bürgerschaftlichen Engagements (siehe Kerstin Hübner „Kulturelle Bildung im freiwilligen/bürgerschaftlichen Engagement“). Sowohl die kulturellen Einrichtungen selbst als auch ihre Zuwendungsgeber, Kooperationspartner und potentielle NutzerInnen sollen durch den Preis ermutigt werden, der kreativen Vermittlung von Kunst ihre volle Aufmerksamkeit zu widmen. Gewürdigt werden Projekte aller Kunstgattungen.

Verwendete Literatur

  • Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V. (BKJ) (ohne Jahr): www.bkj.de Übersicht über die bundesweiten Wettbewerbe in der Kulturellen Kinder- und Jugendbildung steht auf der Homepage der BKJ zum Download bereit.
  • Kulturpreise (ohne Jahr): www.kulturpreise.de Die Internet-Datenbank des „Handbuchs der Kulturpreise“ informiert über regelmäßig vergebene Fördermaßnahmen und Ehrungen im Kultur- und Medienbereich.

Anmerkungen

Dieser Text wurde erstmals im Handbuch Kulturelle Bildung (Hrsg. Bockhorst/ Reinwand/ Zacharias, 2012, München: kopaed) veröffentlicht.

 

Bundesweite Wettbewerbe der kulturellen Bildung" sind auch Thema des Dossiers Nr. 3 des Deutschen Kulturrates auf „Kultur bildet." Wozu sind sie eigentlich gut? Wer profitiert von ihnen, die Teilnehmenden oder ihre Initiatoren? Und wie sieht es aus mit der vielfach geforderten Nachhaltigkeit? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigen sich die Beiträge von Eckart Liebau, Hans-Peter Bergner, Christian Höppner, Ulf Marwege, Christina Schulz, Jan Schmolling und Philippe Gênet.

Zitieren

Gerne dürfen Sie aus diesem Artikel zitieren. Folgende Angaben sind zusammenhängend mit dem Zitat zu nennen:

Kirsten Witt (2013/2012): Bundesweite Wettbewerbe und Preise Kultureller Bildung. In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE: https://kubi-online.de/index.php/artikel/bundesweite-wettbewerbe-preise-kultureller-bildung (letzter Zugriff am 14.09.2021).

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Dieser Artikel wurde dauerhaft referenzier- und zitierbar gesichert unter https://doi.org/10.25529/92552.135.

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