Weiterbildung für Handlungsfelder Kultureller Bildung
Abstract
Weiterbildung wurde im Berichtssystem Weiterbildung (BMWF 2006:12) nach einer traditionellen Definition gefasst als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Ausbildungsphase [...] Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit gekennzeichnet [...] Das kurzfristige Anlernen oder Einarbeiten am Arbeitsplatz gehört nicht in den Rahmen der Weiterbildung“ (Deutscher Bildungsrat 1970:197).
Weiterbildungsbegriff
Weiterbildung wurde im Berichtssystem Weiterbildung (BMBF 2006b:12) nach einer traditionellen Definition gefasst als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Ausbildungsphase [...] Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit gekennzeichnet [...] Das kurzfristige Anlernen oder Einarbeiten am Arbeitsplatz gehört nicht in den Rahmen der Weiterbildung“ (Deutscher Bildungsrat 1970:197).
Für die Handlungsfelder der Kulturellen Bildung gilt wie für nahezu alle nicht im engeren Sinne wissenschaftlichen beruflichen Handlungsfelder, dass die Ausbildung an der Hochschule in der Regel nur die fachliche Grundlage für die Berufsausübung liefert (siehe Ulrike Blumenreich „Das Studium der Kulturvermittlung an Hochschulen in Deutschland“). Die eigentliche Berufstauglichkeit wird in der Praxis erworben. Auch im Erfolgsfall wird die neue grundsätzliche Praxisorientierung des Studiums nach der Bologna-Studienreform nur den Berufseinstieg erleichtern. Jede neue Aufgabe fordert die Ausbildung neuer Kompetenzen. Dies geschieht meist informell durch learning by doing, aber auch, indem Angebote der organisierten Weiterbildung in Anspruch genommen werden (vgl. Ermert 2008). Fort- und Weiterbildung ist das Instrument der Qualitätssicherung und des Qualitätsausbaus beruflichen und – gerade im Kulturbereich – auch freiwillig-gemeinnützigen bzw. ehrenamtlichen Handelns. Weiterbildung ist das professionelle Instrument zur Unterstützung des lebenslangen bzw. lebensbegleitenden Lernens.
Für diese Angebote sorgt die sogenannte Vierte Säule des Bildungswesens, Fort- und Weiterbildung. Nach einer traditionellen Unterscheidung bedeutet Fortbildung Ausbau der Kompetenzen innerhalb des bereits durch eine vorherige Ausbildung grundgelegten Fachparadigmas, Weiterbildung den Erwerb von Kompetenzen, die demgegenüber neu sind. Zwischen diesen Weiterbildungsarten bestehen fließende Übergänge. Inzwischen werden diese Begriffe weitgehend deckungsgleich gebraucht, so auch in diesem Artikel.
Bezogen auf Lerner-Aktivitäten hat sich inzwischen die Unterscheidung zwischen „formalem“, „non-formalem“ und „informellem“ Lernen durchgesetzt (nach European Commission/eurostat 2006:20ff.). Formales Lernen geschieht innerhalb der ersten drei Säulen des formalen Bildungssystems von der Grundschule über die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen bis zum Berufsbildungssystem (einschließlich Hochschulen) und dient jeweils innerhalb staatlicher curricularer Vorgaben dem Erwerb von formal qualifizierenden Bildungsabschlüs sen. Non-formales Lernen findet (in der Regel im Anschluss an das formale Lernen) in vielgestaltigen organisatorischen Kontexten der vierten Säule des non-formalen Bildungssystems statt und ist in vielfältigen Erscheinungsformen verbunden mit organisierten Formen des Unterrichts. Non-formales Lernen kann zu weiteren tätigkeitsqualifizierenden Abschlüssen führen. Es unterscheidet sich vom formalen Lernen vor allem dadurch, dass es nicht im Rahmen curricular organisierter Bildungsgänge des primären bis tertiären Bildungssystems mit staatlich anerkannten Abschlüssen stattfindet. Mit informellem Lernen werden alle nicht institutionalisierten, lediglich individuellen Aktivitäten der Weiterbildung bezeichnet (ungeachtet dessen, ob es individuell oder in Gruppen, im privaten, beruflichen oder öffentlichen Raum stattfindet). Als Weiterbildung im Sinne dieses Artikels werden alle Aktivitäten des „non-formalen“ Lernens Erwachsener angesehen.
Weiterbildungsebenen
Die Handlungsfelder Kultureller Bildung, auf die hin Weiterbildung qualifiziert, sind mannigfaltig und auf verschiedenen Ebenen angesiedelt. Zur Kulturellen Bildung gehören nicht nur im engeren oder weiteren schulischen Sinne curricular organisierte Vorgänge, sondern auch die offeneren Vorgänge der Kulturvermittlung, wie sie für Einrichtungen der außerschulischen Kulturellen Bildung, Erwachsenenbildung und vor allem Kultureinrichtungen charakteristisch sind. Einen guten Überblick liefert der Bericht der Bundestagsenquetekommission „Kultur in Deutschland“ in seinem Kapitel „Kulturelle Bildung“ (Deutscher Bundestag 2008b:377-410).
Auf unmittelbare Teilhabe an kultureller Tätigkeitspraxis von der professionellen bis zur privaten Dimension zielen Weiterbildungen z.B. für Menschen, die künstlerisch oder kulturschaffend (auch im Sinne von Kulturmanagement und Kulturverwaltung) tätig sind oder sein wollen oder auch Kunst und künstlerisches Arbeiten verstehen wollen (siehe Larissa von Schwanenflügel/Andreas Walther „Partizipation und Teilhabe") . Das ist ein typisches Handlungsfeld und eine Weiterbildungsebene, auf der die Volkshochschulen wirken, private Anbieter, aber auch Kulturverbände und Berufsverbände im Kulturbereich, die für ihre Mitglieder tätig werden, z.B. Musikverbände, die Fortbildungen für ihre KünstlerInnen oder Ensembles anbieten, ein typisches Handlungsfeld auch für Landesmusikakademien. Hier handelt es sich um Weiterbildung für „Endnutzer“. Zunehmend werden hier übrigens auch Kultureinrichtungen selbst im Zuge des „audience development“ aktiv (siehe Birgit Mandel „Kulturvermittlung, Kulturmanagement und Audience Development als Strategien für Kulturelle Bildung“).
Davon zu unterscheiden ist Weiterbildung für MultiplikatorInnen, für Personen, die die erworbenen Kompetenzen ihrerseits an „Endnutzer“ weitergeben. Typische MultiplikatorInnen sind LehrerInnen, ErwachsenenbildnerInnen, KindergärtnerInnen, Kunst-, Musik-, Theater-, MuseumspädagogInnen, also (kulturelle) Bildungsberufe und ihre freiwillig-gemeinnützigen Spielarten. Das ist ein typisches Handlungsfeld und die Weiterbildungsebene, auf der die Lehrerfortbildungseinrichtungen der Bundesländer tätig sind, aber auch Kulturverbände, Berufsverbände und bundes-, länder- und kommunal getragene Fort-/Weiterbildungsakademien, Weiterbildungseinrichtungen der Hochschulen sowie private Anbieter.
Weiterbildungen für MultiplikatorInnen wollen – idealtypisch gesehen – entweder die Vermittlungskompetenzen künstlerisch und kulturwissenschaftlich vorgebildeter Personengruppen – wie KünstlerInnen aller Sparten, KulturwissenschaftlerInnen und KulturmanagerInnen – ausbilden bzw. stärken. Oder sie wollen solchen Personengruppen, die schon über pädagogische und Vermittlungskompetenzen verfügen – wie (Sozial-)PädagogInnen, KindergärtnerInnen, BeschäftigungstherapeutInnen und GeragogInnen – die nötigen künstlerischen bzw. kulturwissenschaftlichen Grundlagen Kultureller Bildung vermitteln. Oft hat man es mit Mischformen zwischen beiden Typen zu tun.
Der Arbeitsmarkt der beruflich in der Kulturellen Bildung Beschäftigten ebenso wie der „Engagementmarkt“ der freiwillig-gemeinnützig Tätigen ist umfangreich und sehr differenziert je nach Thematik und Status (vgl. Deutscher Kulturrat 2008). Er reicht von dem Lehrer im Beamtenstatus über den befristet angestellten Museumspädagogen, den nebenberuflichen Chorleiter oder literarischen Autor, den freiberuflichen Theaterpädagogen oder Journalisten bis zum ehrenamtlich engagierten Mitarbeiter eines Soziokulturellen Zentrums, eines Museums oder eines Literaturhauses. Ihr Interesse gilt fachlichen Kompetenzen im engeren Sinne ebenso wie Schlüsselkompetenzen der Beschäftigungsfähigkeit. Dabei wird der Kompetenzbegriff hier nicht zufällig gebraucht; er bezeichnet nach einer einflussreichen Definition der OECD „die Fähigkeit, komplexe Herausforderungen kontextgerecht erfolgreich zu bewältigen“. Dazu werden nicht nur Wissen, intellektuelle und praktische Fähigkeiten gebraucht, sondern auch soziale und Verhaltensdispositionen, wie Einstellungen, Gefühle und Werthaltungen: „A competence is defined as the ability to successfully meet complex demands in a particular context. Competent performance or effective action implies the mobilization of knowledge, cognitive and practical skills, as well as social and behaviour components such as attitudes, emotions, and values and motivations. A competence – a holistic notion – is therefore not reducible to its cognitive dimension, and thus the terms competence and skill are not synonymous” (OECD 2003:2). Der Kompetenzbegriff übersteigt insoweit den Qualifikationsbegriff. Gerade deshalb passt er für künstlerisch-kulturelle Bildung besonders gut.
Weiterbildungsstrukturen
Die Kulturschaffenden und Kulturinstitutionen sind in zahlreichen Verbänden organisiert, die ihre Mitglieder in ihren praktischen Bedürfnissen unterstützen, ihre Interessen gegenüber Öffentlichkeit und Politik vertreten und an der verbandsinternen kulturpolitischen Willensbildung arbeiten. Die bundesweite Dachorganisation der Bundeskulturverbände ist der Deutsche Kulturrat in Berlin. Auf seiner Homepage finden sich die Zugänge zu seinen acht Sektionen mit derzeit gut 230 Verbänden und Organisationen. Der größte spartenübergreifende allgemein kulturpolitisch arbeitende Verband ist die Kulturpolitische Gesellschaft in Bonn. Der größte Dachverband mit expliziter Zielsetzung in Kultureller Bildung ist die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) in Remscheid. Alle Kulturverbände und Kulturberufsverbände – von Baukultur bis Tanz – arbeiten nach ihrem Selbstverständnis auch an der qualitativen Weiterentwicklung ihrer Handlungsfelder bzw. der ihrer Mitglieder. Dazu gehören für die meisten auch Fortbildungsangebote.
Darüber hinaus stehen Kulturschaffenden und KulturvermittlerInnen zahlreiche, meist öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtungen zur Verfügung, die der föderalen Organisation der Bundesrepublik Deutschland entsprechend auf Länderebene, kommunaler Ebene oder auch bundesweit arbeiten. Die dichtesten Weiterbildungsangebote hat der Musikbereich; fast jedes Bundesland hat mindestens eine Landesmusikakademie. Bundesweit arbeiten hier die Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen e.V. (gegründet 1973) und die Musikakademie Rheinsberg GmbH (gegründet 1991, seit 2001 Bundes- und Landesakademie).
Einen bundesweiten Auftrag für jeweils mehrere Kultursparten nehmen die Akademie Remscheid für musische Bildung und Medienerziehung e.V. (gegründet 1958) sowie die Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel e.V. (gegründet 1986) wahr. Sie arbeiten multiplikatorenorientiert für die berufliche Weiterentwicklung ebenso wie für ehrenamtliche Tätigkeiten in Kulturvermittlung, Kultureller Bildung, Kulturproduktion und Kulturmanagement auf professionellem Niveau.