Museen aus Sicht ihrer Besucher*innen - Ergebnisse für Deutschland aus einer europäischen Studie

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von Birgit Mandel

Erscheinungsjahr: 2024

Abstract

Der Beitrag stellt zentrale Ergebnisse einer Publikumsbefragung in 60 Museen in Deutschland mit 12.780 befragten Besucher*innen dar, die im Rahmen einer internationalen Museumsstudie durchgeführt wurde: Wer besucht die Museen, wie werden sie bewertet, welche Motive sind mit dem Museumsbesuch verbunden, welche Wirkungen werden dem Museum zugesprochen und wie stellen sich die Besucher*innen das Museum der Zukunft vor? Die Auswertung der eigenen Befragung wird ergänzt durch die Darstellung wesentlicher Ergebnisse weiterer Museumsstudien, v.a. einer aktuellen Bevölkerungsbefragung in Deutschland zu den Einstellungen gegenüber Museen.

Verantwortlich für die Studie sind die Universität Antwerpen (Prof. Dr. Annick Schramme, Nathalie Verboven), Universität Groningen (Dr. Johan Kolsteeg), Universität Hildesheim (Prof. Dr. Birgit Mandel) sowie beratend die Universität Venedig (Prof. Dr. Francesco Casarin, Phd. Giulia Cancelieri), Universität Bordeaux (Prof. Dr. Juliette Passebois-Ducros), Universität Valencia (Prof. Dr. Manuel Cuadrado).

Die Studie wurde unterstützt durch NEMO/Network of European Museum Organisations, Deutscher Museumsbund, Museum Association Netherlands und ICOM.

Methodische Vorbemerkungen

Die Befragung wurde online mit identischem Fragebogen in 103 Museen in Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Belgien, Frankreich, Italien und Luxemburg durchgeführt. Nach Art der Museen gehören 46 zum Cluster „Geschichte, Archäologie, Kulturerbe, Erinnerungsort“, 25 zum Cluster „Moderne Kunst, Zeitgenössische Kunst, Angewandte Kunst“, 18 zum Cluster „Physik, Technik, Naturwissenschaften“ und 14 Museen zum Cluster „Antike Kunst & Bildende Kunst“. Etwa die Hälfte der Museen und der Befragten kommen aus Deutschland.

Museen, die sich für eine Teilnahme an der Befragung entschieden hatten, verteilten über diverse Kanäle wie insbesondere Mail-Verteiler, Newsletter, Flyer, Website und Social Media Informationsmaterial zur Befragung und einen Link mit dem Zugang zum Fragebogen. Eine begrenzte Anzahl von Museen nutzte die Möglichkeit, nach dem Zufallsprinzip angesprochene Besucher persönlich im Museum zu befragen.

Für die 60 teilnehmenden Museen aus Deutschland liegen 12.780 auswertbare Fragebogen vor. Bei den Befragten handelt es sich mehrheitlich um Personen, die das jeweilige Museum schon in der Vergangenheit besucht hatten (67%). Zum ersten Mal besuchten 33% das Museum, in dem befragt wurde. Jedes der Museen erhielt eine ausführliche Sonderauswertung zu den Antworten seiner Besucher*innen. Zudem konnte jedes Museum eine Reihe von eigenen Fragen in den hauseigenen Fragebogen einstellen. Der Link zur Befragung war vom 1. Juni 2023 bis 30. April 2024 online geschaltet.

Aufgrund der Selbstselektion von Befragten handelt es sich um keine Zufallsstichprobe. Deshalb lassen sich auch keine verallgemeinerbaren Erkenntnisse zum Besuch/Nichtbesuch von Museen in Deutschland ableiten. Die Ergebnisse der Besucherbefragung werden deshalb abschließend durch die Ergebnisse einer aktuellen repräsentativen Bevölkerungsbefragung zu Einstellungen zu und Erwartungen an Museen ergänzt.

Die vorliegende Besucherbefragung gibt einen guten Einblick in Einschätzungen einer sehr großen Anzahl von überwiegend museumsaffinen Personen zu verschiedenen Aspekten eines Museumsbesuchs.

Die Mehrheit der befragten Besucher*innen der deutschen Museen (43%) sind regelmäßige Museumsbesucher*innen mit mehr als drei Besuchen in einem Museum im Jahr. 38% kommen ein bis drei Mal im Jahr in ein Museum, nur 16% gehören zu den Gelegenheitsbesucher*innen (weniger als ein Mal im Jahr). Damit umfasst die Stichprobe deutlich mehr Kernbesucher*innen von Museen als in der deutschen Bevölkerung insgesamt. Nach einer Studie des Instituts für Museumsforschung gehen nur knapp 10 % der Bevölkerung häufiger als dreimal im Jahr ins Museum (Institut für Museumsforschung 2023).

Soziodemografische Merkmale der Befragten

Im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung handelt es sich bei den Befragten überdurchschnittlich um Ältere, höher Gebildete und in Deutschland Geborene.

Die große Mehrheit der befragen Museumsbesucher*innen (61%) sind älter als 44 Jahre. 22% sind Rentner*innen. Das Durchschnittsalter beträgt 51 Jahre und ist damit deutlich höher als das der Bevölkerung in Deutschland mit 44,6 Jahren (Statistisches Bundesamt 2023).

Fast alle (89%) verfügen über einen höheren Bildungsabschluss, darunter 57% über einen Hochschulabschluss. Das Bildungsniveau der Befragten liegt damit weit über dem der Bevölkerung, in der (Statistisches Bundesamt 2019) nur 19 % einen Hochschulabschluss besaßen.

Die Befragten wurden weit überwiegend (85%) in Deutschland geboren, 9% im europäischen Ausland und 6% außerhalb Europas. 90% wohnen in Deutschland.

Die zentralen Forschungsfragen der Studie sind:

  • Warum besuchen die Menschen ein Museum?
  • Welche Kommunikationskanäle nutzen sie, um sich zu informieren?
  • Wie zufrieden sind die Befragten mit dem Angebot und der Infrastruktur der Museen?
  • Welche persönlichen Wirkungen hat ein Museumsbesuch?
  • Wie sieht für die Befragten das Museum der Zukunft aus, was halten sie für wünschenswert?

Nachfolgend werden die Ergebnisse zu den Besucher*innenbefragungen in den deutschen Museen vorgestellt. Ergänzend werden auffällige Ergebnisse zu Clustern nach der Art der Museen und ihrer Größe (groß, mittel, klein) sowie nach Altersgruppen der Besucher*innen dargestellt, die allerdings aus den Befragungsdaten aller beteiligten Länder gebildet wurden.

Häufigste Motive für den Museumsbesuch: etwas Neues lernen, Inspirationen und schöne gemeinsame Erlebnisse

51 % der Befragten gaben ein intrinsisches Interesse als Hauptgrund für ihren letzten Museumsbesuch an: „Um die Sammlung zu besichtigen“. „Ein schönes gemeinsames Erlebnis mit anderen“ wurde an zweiter Stelle von 46% genannt. An dritter Stelle folgt mit 43% das Motiv „Neugierde, etwas Neues zu lernen und Inspiration“.

Die Bedeutung des sozialen Motivs wird auch daran deutlich, dass nur 17% der Befragten alleine im Museum waren, alle anderen waren dort mit Partner*innen (34%), Familie (22%), Freunden oder Bekannten (21%), Kindern (13%).

Kunstmuseen werden häufiger allein oder mit einem Partner oder Freunden besucht, Museen mit einem anderen Schwerpunkt wie etwa Kulturgeschichte oder Technik häufiger mit Kindern oder der Familie. Wissenschaftliche Museen werden überdurchschnittlich häufig mit der Schule besucht.

Das Motiv, die Sammlung zu sehen, wird mit zunehmendem Alter wichtiger. Neugierde und der Wunsch, etwas Neues zu lernen, ist bei der jüngsten Altersgruppe unter 26 Jahren besonders ausgeprägt und nimmt mit dem Alter ab. In der Gruppe der 26- bis 45-Jährigen ist das gemeinsame Erleben das wichtigste Motiv, was mit zunehmendem Alter aber an Bedeutung verliert.

Der Besuch großer Museen wird vor allem durch städtetouristische Reisen motiviert, 26% aller befragten Besucher*innen besuchten große, bekannte Museen im Rahmen einer Reise. Bei kleinen Museen sind soziale Motive besonders bedeutsam: beispielsweise etwas Schönes gemeinsam unternehmen.

Keine Zeit und kein Wissen über ein Museum als meist genannte Hindernisse für einen früheren Museumsbesuch

37% der Befragten waren zum ersten Mal in dem jetzt besuchten Museum. Auf die Frage, warum sie dieses nicht schon vorher aufgesucht hatten, antworteten die meisten, dass sie dafür keine Zeit gefunden hätten (35%). 21% sagten, dass sie in der Vergangenheit nicht auf die Idee gekommen wären, dieses Museum zu besuchen und 17%, dass sie nicht genug Informationen über das Museum gehabt hätten.

Selten wurden allgemeine Barrieren für einen Museumsbesuch genannt:

  • Man mag generell keine Museumsbesuche (4%).
  • Museumsbesuche sind zu teuer (3%).
  • Man fühlt sich nicht wohl in einem Museum (2%).

Diejenigen, die erklärten, dieses Museum nicht noch einmal besuchen zu wollen, nannten als Grund dafür am häufigsten, dass sie die Sammlung nun gesehen und deshalb nicht das Bedürfnis hätten wiederzukommen (43%), dass sie das Museum einmalig als Bestandteil ihres Urlaubs besucht hätten (33%), dass sie Abwechslung bevorzugten (25%). Nur wenige sagten, dass sie sich unwohl oder nicht willkommen gefühlt hätten (4%).

Website als wichtigste Informationsquelle über das Museum

Die Webseite des Museums ist die mit Abstand am häufigsten genutzte Informationsquelle (61%). An zweiter Stelle stehen Freunde und Bekannte (17%). 14% erhielten Informationen über soziale Medien (vor allem Instagram und Facebook) und 12% über den per Mail versandten Newsletter. Aber auch traditionelle Informationsquellen wie Museumsbroschüren (12%) sowie Zeitungen und Magazine (12%) waren von Bedeutung. Plakate (8%), Reiseführer (4%), Rundfunk und Fernsehen (2%) sowie Online-Anzeigen (2%) spielten eine geringere Rolle. 

Hohe Zufriedenheit mit dem Museum im Allgemeinen und dem Personal im Besonderen

92% der Befragten sind alles in allem “zufrieden“ oder “sehr zufrieden” mit ihrem (letzten) Besuch in dem Museum. Ähnlich hoch sind die Zufriedenheitswerte für die Dauerausstellungen (92%) und die Sonderausstellungen des Museums (86%).

Auch die Zufriedenheit mit dem Personal (ohne Guide) ist sehr hoch. Lediglich die Fähigkeit, den Besuchern hilfreiche Informationen zu geben, wurde etwas niedriger bewertet. Im Einzelnen ergeben sich folgende Bewertungen:

  • Freundlichkeit (“Sie sind freundlich”): 93%.
  • Zugänglichkeit („Ich kann sie leicht ansprechen“): 91%.
  • Hilfsbereitschaft („Sie bieten mir an, mir zu helfen“): 88%.
  • Fachwissen („Sie können mir sehr helfen, sie sind gut ausgebildet“): 59%.

Das Cateringangebot des Museums nutzten 43% und zeigten sich weit überwiegend mit verschiedenen Aspekten des Museumscafés einschließlich der Preisgestaltung zufrieden.
Den Museumsshop besuchten 71%, 38% kauften etwas.

Preisgestaltung wird als angemessen betrachtet

60% sind der Meinung, dass das Museum den richtigen Preis habe. 16 % denken, dass das Museum teuer bis sehr teuer sei und 14 %, dass der Eintrittspreis zu gering sei.

Explizite Vermittlungsangebote werden nur von wenigen in Anspruch genommen, dann aber mehrheitlich sehr positiv bewertet

Die Mehrheit der Besucher*innen (57%) nahm keines der angebotenen Vermittlungsformate in Anspruch. Soweit diese genutzt wurden, erreichten sie hohe Zufriedenheitswerte:

  • die von 13 % gebuchten personalen Führungen (95%),
  • die von 12% genutzen Audiotouren (88%),
  • die von 8% besuchten Workshops (90%),
  • die von 7% genutzten Angebote für Kinder (91%),
  • die von 3% genutzten Museum Apps (82%).

Ansonsten fanden es 81% leicht, sich in der Ausstellung zurecht zu finden, und für 84% waren die Informationstafeln als ausstellungsinhärente Vermittlungsangebote gut lesbar und verständlich.

Die Website des Museums wurde von 50% der Befragten vor dem Besuch des Museums und von 23 % nach dem Besuch genutzt, hauptsächlich um zusätzliche Informationen über die Ausstellung zu erhalten.

Auffällig ist noch, dass Besucher*innen großer Museen seltener eine professionelle personale Führung buchten als Besucher*innen von mittleren und kleinen Museen und dafür häufiger Gebrauch von einer Audioführung oder einer Museums-App machten. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass größere Museen mehr in digitale Tools investiert haben, als dies kleinen und mittleren Museen möglich war.

Digitale Museumsbesuche sind für die meisten keine Alternative zum Museums-Live-Erlebnis - Einschätzungen zum Online-Besuch eines Museums

Nur 14% sehen derzeit in einem digitalen Museumsbesuch eine wirkliche Alternative zu einem Livebesuch. 61% verneinen dies und 20% sind unentschieden. Die große Mehrheit hält Online-Besuche aber für gut geeignet, einen Livebesuch vorzubereiten (75%) und/oder das Gesehene nachträglich zu vertiefen (67%). 47% schätzen die Möglichkeit, zusätzliche Sammlungen zu sehen, die live nicht zugänglich sind. Allerdings sagen 50%, dass sie bei einer Online Museumstour weniger aufmerksam wären als bei einem realen Besuch.

Intellektuelle Bereicherung und emotionales Wohlbefinden - Einschätzungen zu den persönlichen Wirkungen des Museumsbesuchs

Für die weit überwiegende Mehrheit der Befragten hat ein Museumsbesuch sowohl intellektuelle wie emotionale Wirkungen. Auf der einen Seite vermittle das Museum neues Wissen und erweitere den Horizont (89%), motiviere etwas Neues zu entdecken (78%), gebe Einblick in das Leben anderer (z.B. Kulturen), rege Phantasie an (78%), inspiriere interessante Gespräche mit anderen (63%) und kritisches Denken (59%). Auf der anderen Seite ermögliche das Museum, für einen Moment den Alltag zu vergessen (78%), es wecke positive Emotionen (76%), und gebe ein Gefühl des Wohlbefindens (76%). Dass neue Fähigkeiten im Museum erworben würden, meinen nur 35%. Für 26% ist das Museum ein sozialer Ort, an dem man anderen Menschen begegnen kann. Dabei scheinen kleinere Museen ein intimeres soziales Umfeld bieten zu können: von deren Besucher*innen wird das Museum häufiger auch als Ort der sozialen Interaktion wahrgenommen.

Diese Fragen zu den persönlichen Wirkungen eines Museumsbesuchs basieren auf einem vierdimensionalen Wirkungsmodell des Arts Council England aus dem Jahr 2019 mit den Dimensionen:

  • Sicherer Hafen/Zufluchtsort: Wohlbefinden, emotionale Befriedigung.
  • Neue Perspektive: Wissen, neues Lernen.
  • Kreativität: Anregung der Vorstellungskraft.
  • Gemeinschaft: Soziale Erfahrungen.

In der Befragung werden dem Museum alle diese Wirkungsdimensionen zugeschrieben. Etwas geringer werden jedoch die positiven Auswirkungen auf die eigene Kreativität sowie das Erlebnis von Gemeinschaft eingeschätzt.

Ergänzend zu diesen Motivationen hier die Ergebnisse einer anderen Studie zum Museumspublikum in Berlin auf Basis der Museumsbesucher-Typologie von Falk/Dierking (2011): Am häufigsten gab es den Typus des  „Explorer“ (von Neugierde getrieben mit dezidiertem inhaltlichen Interesse; v.a. bei Kunstmuseen ist der Anteil der Explorer besonders hoch), an zweiter Stelle den „Facilitator“ (vorwiegend sozial motivierte Besucher*innen, die andere begleiten), an dritter Stelle den „Professional/Hobbyist“; (Besucher*innen, die eine enge Verbindung und Leidenschaft für die Inhalte eines bestimmten Museumstyps haben) sowie schließlich die „Experience Seeker“ als eher erlebnisorientierte Gelegenheitsbesucher*innen, für die es wichtig ist, auch mal dort gewesen zu sein und die Re-Charger, die sich im Museum erholen wollen und kontemplative Momente suchen (vgl. Allmanritter 2022).

Museen wird eine hohe gesellschaftliche Bedeutung beigemessen, v.a. für die lokale Kulturpflege

92% der Befragten stimmen der Aussage zu, dass Museen für die Gesellschaft einen hohen Wert haben. Und ebenfalls 92% befürworten die Aussage, dass das Museum wichtig für die Region ist.

Aus einer vorgegebenen Liste von Erwartungen an den Beitrag von Museen zu gesellschaftlichen Werten sollten die Befragten die drei wichtigsten auswählen. Am häufigsten gewählt wurden:

  • dass Museen lokale Kultur und Traditionen wertschätzen sollten (50%),
  • dass Museen so viel wie möglich lokale Ressourcen nutzen sollten (38%),
  • dass Museen auf die nachhaltige Nutzung von Ressourcen wie Licht und Wasser achten sollten (36 %),
  • dass Museen dazu beitragen sollten, den Tourismus zu entwickeln (28 %).

Das Museum der Zukunft ist aus Sicht der Besucher*innen interaktiv, immersiv und nachhaltig

Die Befragten konnten aus einer Liste bis zu drei Eigenschaften angeben, die ihrer Meinung nach zum Museum der Zukunft gehören sollten. Die am häufigsten genannten Merkmale sind:

  • interaktive Erlebnisse (44%),
  • immersive Erlebnisse (27%),
  • ein nachhaltiges, umweltfreundliches Museum (27%),
  • Förderung junger Künstler*innen (24%),
  • ein frei zugänglicher Treffpunkt (24%),
  • ein Diskussionsforum (19%),
  • ein Spielplatz für Kinder (18%),
  • Fokussierung auf Wohlbefinden (12%),
  • Performances (10%),
  • vollständige Online-Besuche/virtuelle Rundgänge (10%).

Für die Befragten soll das Museum der Zukunft also ein Ort sein, an dem man selbst aktiv werden kann, außergewöhnliche ästhetische Erlebnisse haben kann, ebenso wie Diskussionen und soziale Begegnungen. Zudem soll es einen öffentlich zugänglichen Treffpunkt mit hoher Aufenthaltsqualität bieten und soziale Verantwortung für Themen wie Nachhaltigkeit und Nachwuchsförderung übernehmen.

Diese Erwartungen decken sich mit der aktuellen internationalen, auch von der deutschen Sektion übernommenen ICOM-Museumsdefinition, in der die Aufgaben von Museen für die Gesellschaft deutlich erweitert wurden: „Ein Museum ist eine nicht gewinnorientierte, dauerhafte Institution im Dienst der Gesellschaft, die materielles und immaterielles Erbe erforscht, sammelt, bewahrt, interpretiert und ausstellt. Öffentlich zugänglich, barrierefrei und inklusiv, fördern Museen Diversität und Nachhaltigkeit. Sie arbeiten und kommunizieren ethisch, professionell und partizipativ mit Communities. Museen ermöglichen vielfältige Erfahrungen hinsichtlich Bildung, Freude, Reflexion und Wissensaustausch."

Zusammenfassung der Besucherbefragung

Die Mehrheit der Befragten gehört zum höher gebildeten Stammpublikum der Museen. Deren Blickwinkel prägt die Ergebnisse der Befragung. Die Befragten sind weit überwiegend mit ihrem Besuch sehr zufrieden und halten das Museum darüber hinaus für eine unverzichtbare gesellschaftliche Institution. Bei den Motiven für den Museumsbesuch stehen inhaltliche und Bildungsinteressen im Vordergrund. Die Befragten schreiben dem von ihnen besuchten Museum neben intellektuellen auch emotionale Wirkungen zu. Neues zu entdecken und sich zu bilden soll in einer einladenden und besonderen Atmosphäre stattfinden, in der man sich wohlfühlt. Das Museum trägt auch dazu bei, den Alltag zu vergessen und in andere Welten einzutauchen.

Von den meisten wird der Besuch als gemeinsame Aktivität mit Partnern, Familie oder Freunden organisiert.

Den Museen wird eine hohe gesellschaftliche Bedeutung zugemessen: Lokale Kulturen bewahren und ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen sind zentrale Erwartungen an die Museen.

Digitale Vermittlungsangebote sind wichtige Informationsquellen zur Vor- und Nachbereitung eines Museumsbesuchs, spielen aber noch eine untergeordnete Rolle beim Besuch. Einen rein digitalen Museumsbesuch können sich derzeit nur wenige vorstellen.

Auch wenn von den Befragten Museen noch vorwiegend als Bildungsort wahrgenommen werden, erwarten sie vom Museum der Zukunft, dass es interaktive und immersive Erlebnisse bieten soll, und, mehr noch, ein zugänglicher (dritter) Begegnungs-Ort sein könnte.

Bei der Betrachtung der Gesamtauswertung für die beteiligten Länder fällt auf, dass es kaum signifikante Unterschiede bei den Befragungsergebnissen gibt, was zeigt, dass das Museumspublikum über Ländergrenzen hinweg in Europa sehr ähnlich ist.

Die große Mehrheit der Befragten ist mit ihrem Besuch sehr zufrieden und hält das Museum darüber hinaus für eine unverzichtbare gesellschaftliche Institution.

Ein Bericht mit den ausführlichen Ergebnissen der Publikumsbefragung in allen beteiligten Ländern in Europa ist abzurufen unter Sentomus 2024.

Abgleich der Publikumsstudie mit einer Bevölkerungsbefragung zum Museumsbesuch

Da es sich bei der groß angelegten Studie zum europäischen und deutschen Museumspublikum um eine Besucher*innen-Studie handelt, sollen nun zum Vergleich einige Ergebnisse einer aktuellen repräsentativen Bevölkerungsbefragung mit Einstellungen zu und Erwartungen an das Museum dargestellt werden, die auch die Aussagen von Nicht-Besucher*innen von Museen beinhalten. (Deutscher Museumsbund u.a. 2024; Studie durchgeführt von L'Oeil du Public vom 2. bis 17. April 2024 mit einer repräsentativen Stichprobe von 3692 Personen aus der deutschen Wohnbevölkerung.)

Etwa ein Drittel der Bevölkerung (32%) gibt an, im Durchschnitt mindestens einmal im Jahr ein Museum/eine Ausstellung zu besuchen. Zu diesem Museumspublikum gehören überdurchschnittlich Personen mit einem hohen formalen Bildungsniveau (50%) und einer guten finanziellen Lage (40%). Ältere ab 35 Jahren sind etwas häufiger vertreten als die 18- bis 26-Jährigen.

Bei der Frage nach der Motivation für einen Museumsbesuch wird am häufigsten ein intrinsisches Interesse am Thema einer Ausstellung genannt: „Dass ich das Thema, den Inhalt besonders spannend finde“ (48%), gefolgt vom Motiv „Neues zu entdecken“ (42%) sowie dem ästhetischen Motiv „schöne Sachen anzusehen“ (37%). Mit etwas Abstand folgen dann gleichrangig mit (25%) die Motive „eine Auszeit vom Alltag zu nehmen“ und „dass es sich um ein unterhaltsames, kurzweiliges Museum handelt“. Auffällig ist, dass nicht nur die genannten intrinsischen Motive, sondern auch das Interesse an Museen mit dem Alter zunehmen. Eine interaktive Auseinandersetzung mit dem Museum und seinen Objekten („selbst testen/ausprobieren“) hat als Grund für den Museumsbesuch nur für wenige (14%) eine Bedeutung, ebenso wie das Motiv, sich im Museum mit aktuellen gesellschaftlichen Themen zu befassen. Beide Motive nennen Jüngere etwas häufiger als Ältere.

Nur 29% der befragten Bevölkerung meiden Museumsbesuche, weil ihnen diese intellektuell zu anstrengend sind und stimmen der Aussage zu: „Ich habe keine Lust, mir in meiner Freizeit den Kopf zu zerbrechen“, darunter signifikant mehr Jüngere und Personen mit niedrigem Bildungsabschluss. Immerhin 75% und damit auch viele Gelegenheitsbesucher*innen teilen das Gefühl, dass sie nach einem Museumbesuch „etwas gelernt haben“.

Diejenigen, die nie oder selten Museen besuchen, geben als Gründe am häufigsten ein mangelndes Interesse für Museen und finanzielle Gründe an (zu jeweils 28%). Dabei findet die Mehrheit der Befragten, dass Museumsbesuche einen bestimmten Preis haben müssten, um ihre Wertigkeit zu demonstrieren (als optimaler Preis wurden 9,50 Euro identifiziert).

Der sogenannte „Cocooning-Effekt“, ausgelöst durch die Pandemie, mit der Neigung, eher zu Hause zu bleiben statt auszugehen und Kultureinrichtungen zu besuchen, scheint weiterhin gegeben zu sein: 52% der Bevölkerung und überdurchschnittlich die Älteren bestätigen diese Haltung.

Museen werden vor der Bevölkerung insgesamt als „Orientierungspunkte in unruhigen Zeiten“ wahrgenommen und haben ein positives Image, weit über den Kreis der regelmäßigen Besucher*innen hinaus: 82% betrachten Museen als „Hüter des Erbes unserer Zivilisation“. 80% halten Museen für „vertrauenswürdig und zuverlässig“. Nur 26% glauben, „dass Museen einer Elite vorbehalten sind“, was dafür spricht, dass Museen mehrheitlich als öffentliche, für die Gesamtgesellschaft wichtige Orte betrachtet werden. Das zeigt auch die hohe Zustimmung (71%) zu der Aussage, dass „der Besuch von Museen hilft, die Gesellschaft, in der man lebt, besser zu verstehen“.

Drei Viertel der Bevölkerung halten Museen für einladende und freundliche Orte. Nur 27% stimmen der Aussage zu, dass „Museen langweilig sind“, darunter aber signifikant mehr Jüngere der Altersgruppe 18 bis 34 Jahre.  Immerhin ein Drittel der Bevölkerung (35%) ist der Ansicht, dass man „in den Museen auf sich selbst gestellt ist und keine Erklärung bekommt“.

Fazit

Museen haben, wie klassische Kultureinrichtungen generell (vgl. z. B.  Mandel 2020), ein sehr positives Image sowohl bei ihren Besucher*innen wie in der Bevölkerung insgesamt. Sie gelten als solide und vertrauenswürdige Bildungsorte, und auch die Anstrengungen der Museen, sich besucherorientierter aufzustellen, werden offensichtlich wahrgenommen und Wert geschätzt, wenn diese weniger als unzugängliche Musentempel gelten als in früheren Nichtbesucherstudien (vgl. Hood 1983: „Why people choose (not) to visit a museum“). Dabei ist auffällig, dass Menschen Museumsorte vor allem als ästhetische Orte und Wohlfühlorte wahrnehmen, die ihnen eine Auszeit vom Alltag und Eintauchen in andere Welten ermöglichen und weniger als Arenen aktueller gesellschaftlicher Debatten

Die Bevölkerungsbefragung bestätigt den Befund früherer Studien (z.B. Mandel 2020), dass die Häufigkeit der Besuche von Kultureinrichtungen im Allgemeinen und von Museen im Besonderen stark mit einem hohen Bildungsniveau korreliert und dass Museumsbesucher*innen eher älter sind.

Bei der realen Nutzung der Museen könnte offensichtlich deutlich mehr getan werden von den Museen: Wenn ein Drittel der Bevölkerung vermutet, dass man in Museen keine Erklärung bekommt und dementsprechend keinen Zugang zu den ausgestellten Objekten, dann spricht das für eine intensivierte Kommunikation über Ausstellungen in einer Sprache und in Medien, die viele erreichen.

Dass explizite Vermittlungsangebote vom Museumspublikum eher weniger wahrgenommen werden spricht dafür, sich zum einen um so intensiver um inhärente Vermittlung wie die zugängliche Kuration von Ausstellungen einschließlich verständlicher Texttafeln zu kümmern und evtl. sogar mediale Vermittlungsstationen direkt in die Ausstellung zu integrieren. Zum anderen spricht es dafür, Vermittlungsangebote noch intensiver und attraktiver zu bewerben.

„First European Large-Scale Research on Audience Participation in museums. Report on European Data."  Unter Sentomus 2024 kann der Bericht mit den ausführlichen Ergebnissen der Publikumsbefragung in allen beteiligten Ländern in Europa  abgerufen werden.
Träger der Besucherbefragung - Museums-Studie