Kulturelles Mandat. Soziale Kulturarbeit und kulturelle Sozialarbeit

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von Rainer Treptow

Erscheinungsjahr: 2025/1988

Abstract

Soziale Kulturarbeit und Kulturelle Sozialarbeit werden unterschieden. Dies geschieht in der Absicht, Reichweiten und Grenzen derjenigen Handlungsfelder zu beschreiben, die sich mit den ästhetischen Werkbezügen des Kunst- und Kultursektors einerseits und den Lebenslagenbezügen sozialer Unterstützung des Sozialsektors andererseits befassen. Zwischen beiden lassen sich Verbindungen erkennen, die mit dem Begriff des Kulturellen Mandats markiert sind. Er dient dazu, die Anwaltschaft Sozialer Arbeit für den Eigensinn kultureller Ausdrucksformen von Adressaten hervorzuheben. Geschieht dies im Sinne einer Stärkung integrativer Teilhabe, so gilt es, in kritischem Blick zu behalten, dass zugleich Dynamiken der sozialen Ausgrenzung entstehen können. Dazu kann die symbolische Distinktion durch Programmgestaltung in der professionellen Jugendarbeit ebenso beitragen, wie die Stilbildung Jugendlicher selbst. Unterschiedliche Relevanzkriterien, die teils zu Integration, teils aber auch zu Exklusion beitragen können, werden erörtert: als Spannung zwischen Perfektionsidealen ästhetischer Gestaltung und dem Recht auf Ungekonntes. Dabei geht es um die Legitimität des Dilettantischen und des Fragmentarischen. Behandelt werden Probleme einer gut gemeinten, aber durch unbeabsichtigte Nebenfolgen erschwerten Kulturarbeit. Plädiert wird für die kluge Nutzung der Anregungspotentiale künstlerischer Gestaltung und den Kompetenzen sozialer Unterstützung. Dazu braucht es die strukturierte Offenheit soziokultureller Räume, die den Formen des Zeiterlebens junger Menschen entsprechen.

Die Erstveröffentlichung dieses Beitrags stammt aus der von S. Müller-Rolli 1988 herausgegebenen Publikation „Kulturpädagogik und Kulturarbeit". kubi-online hat sich zum Nachdruck entschlossen, um den Diskurs von Sozialer Arbeit und Kultureller Bildung zu vertiefen. 

1. Kulturarbeit: ein neuer Integrationsfaktor?

Zur Zeit spitzt sich eine bildungs- und sozialpolitische Kontroverse zu, die mit der Frage nach dem Verhältnis von Sozialarbeit und Kulturarbeit mehr zur Debatte stellt als nur eine spezielle Beziehung zwischen sozialpädagogischen und künstlerischen Professionen und Methoden. Der neu aufgeladene Symbolgehalt, den „Kultur“ sowohl in Politikstrategien als auch in Teilbereichen der Jugendhilfe gewinnt, überlagert den interprofessionellen Diskurs.

Die Verbindung von „High technic“ mit „High culture“ wird zum Credo zukunftsorientierter Programmatiken. Der Ausbau kultureller Infrastruktur zentriert sich um den Bereich der Museums- oder Theaterlandschaften meist in den Innenstädten - und wird mit der Gewissheit verknüpft, dadurch die Standortentscheidungen von investitionsgeneigten Unternehmen zu beeinflussen.

So äußert sich Lothar Späth, Ministerpräsident des Landes Baden Württemberg 1986 wie folgt: „Während Sie und andere noch über das Thema Subventionen diskutieren, sage ich Ihnen voraus, dass es in den 90er-Jahren die kulturelle Infrastruktur sein wird, von der Standortentscheidungen abhängen. Es geht um ein umfassendes Angebot im kreativen Bereich, Museums- und Theaterlandschaften, Design sowie um einen Ausbau des gesamten Bildungswesens. Die verbesserte Einkommenslage der Bevölkerung wird die Nachfrageströme in ganz andere Bereiche verlagern.“ (Wirtschaftswoche Nr. 31 vom 25. 7. 1986). Je mehr sich indessen die kommunalen Kassen durch übermäßige Belastungen einer gestiegenen Zahl von Sozialhilfe-Empfängern leeren - desto größer das Wachstum einiger Kulturetats: „In Frankfurt, Berlin, Stuttgart und vielen anderen Städten sind die Kulturetats die am meisten expandierenden Haushaltsposten: für Museumsneubauten, Festivals, Kunsthallen werden Millionen über Abermillionen Mark ausgegeben - gleichzeitig steigen die Verschuldungen der Gemeinden höher.“(Wagner 1987, S. 8)

Es mehren sich die Anzeichen dafür, dass Kulturpolitik – früher „Innenpolitik von Morgen“ (Silkenbeumer 1980) -, heute bereits „vom Rand, wo sie bisher die Rolle des Feuilletons spielte, nahe ans Zentrum heranrückt“ (Glotz 1984; vgl. Kulturpolitische Gesellschaft e.V. 1984a; Alheit 1985; Niess 1986). Bis hinein in die soziokulturellen Zentren, in denen die so genannte Alternativ-Kultur seit Beginn der Siebzigerjahre ihre Ausdrucksformen entwickelte, soziale Bewegungen ihre Themen und Identifikationen entwarfen, wird kulturelle Infrastruktur zum Angelpunkt von Stadtentwicklungsplanung. Für die Sozialpädagogik, die Jugendhilfe und die kommunale Sozialpolitik entsteht somit die Frage nach Ziel und Richtung der Geldströme, die Frage nach der Verteilung von „kulturellem Kapital“ (Bourdieu). Es entstehen Abgrenzungs- und Überschneidungsprobleme zwischen dem Kultur- und dem Sozialsektor.

Mit dem Begriff kulturelles Kapital können jene Zugangs- und Zugriffsmöglichkeiten gefasst werden, die für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen auf Ressourcen für ihre eigenen kulturellen Aneignungs- und Gestaltungswünsche bestehen (vgl. Müller 1986; Zinnecker 1986). Rasch macht der Blick auf eine Reihe kommunaler Haushaltspläne deutlich, dass der größte Teil der Ausgaben für Kultur in der Regel nicht für kulturelle Aktionen verwendet wird, die eine gewisse Breitenwirkung bis hinein in wirtschaftlich schlechter gestellte Schichten haben, sondern von Pflichtaufgaben im Subventionsbereich von Theater, Konzert, Kunsthallen etc. aufgezehrt werden (vgl. Grötsch 1984). Die Notwendigkeit einer großzügig geförderten „Hoch-Kultur“ soll hier nicht bestritten werden. Wird der Ausbau kultureller Infrastruktur aber zum Mittel einer „Rückgewinnung von Urbanität“ (Deutscher Städtetag), dann lautet die Frage, ob nicht bereits existierende Elemente einer sozialen Infrastruktur im Bereich der „profanen“ Alltagskultur in Stadtteilen, Vororten und Wohnvierteln zum Bezugspunkt von verstärkten Investitionen werden mussten.

Dies nämlich ist das zentrale Interesse einer Sozialpädagogik, die ihr kulturelles Mandat als Ermöglichung kultureller Aneignungs- und Ausdrucksformen benachteiligter oder ausgegrenzter Bevölkerungsgruppen begreift: ältere Menschen, randständige Jugendkulturen, Ausländer, Selbsthilfegruppen usw. Manchmal sind im engeren Zuständigkeitsbereich sozialpädagogischer Unterstützungsformen die professionellen und räumlichen Rahmenbedingungen gegeben. Jedoch mangelt es nicht selten an Möglichkeiten, hilfsbedürftigen oder schwierigen Adressaten Partizipationschancen zur Verfügung zu stellen, die sowohl eine erweiterte Aneignung von kulturellen Angeboten erlauben, als auch eine kompetent unterstützte Eigenproduktivität. Diese allerdings kann zu Integrationsabsichten auch auf Distanz gehen (Vgl. Richard1984). Es geht um Vermittlung von kulturellem Kapital durch Angebote sozialer Kulturarbeit. Was ist darunter zu verstehen?

2. Soziale Kulturarbeit: Anregungspotenziale, Ausdruckschancen, Einrichtungen

„Soziale Kulturarbeit“ geht von der Annahme und Erfahrung aus, dass Menschen in allen Schichten, Nationen und Altersgruppen kulturelle Aneignungs- und Ausdrucksbedürfnisse entfalten wollen (vgl. Boulet 1980; Haug/Maase 1980; Held 1981; UNESCO 1982; Fuchs/Schnieders 1982; Kulturpolitische Gesellschaft e.V.1984). Dazu bedürfen sie räumlicher, zeitlicher, gegenständlicher und personeller Möglichkeiten:

  • räumliche, um entsprechende Angebote wahrnehmen und Ideen vergegenständlichen zu können;

  • zeitliche, um kulturelle Aneignungs- und Ausdruckstätigkeit von Störungen zu entlasten;

  • gegenständliche, um Material, Instrumente und Medien zum Mittel für kulturelle Produktivität zur Verfügung zu haben;

  • personelle, um professionelle oder ehrenamtliche Beratung, Anregung und Strukturierungshüfen in Anspruch nehmen zu können.

Kulturarbeit ist also teils ein Dienstleistungsbereich, teils eine freie Initiative, die die Gestaltungs- und Erlebnismöglichkeiten zu sichern sucht. Sie ist Teil der kulturellen Infrastruktur einer Region. Als solche ist sie für entsprechende soziale Infrastrukturen ein ästhetisch-praktisches Anregungspotenzial, aber auch Verständigungs- und Abgrenzungsmöglichkeit für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen und Einzelne. Zur kulturellen Infrastruktur sind auch alle jene lebensweltlichen expressiv-gestaltenden Aktivitäten zu zählen, die nicht im Rahmen institutionalisierter und für ästhetische Praxis zweckhaft ausgerichteter Räume stattfinden (müssen) - Strassen, Plätze - oder die im Rahmen privater Lebensführung liegen (vgl. Zinnecker 1979; Kiwitz 1986; Specht 1987).

Die Unterscheidung zwischen kultureller und sozialer Infrastruktur eines Gemeinwesens lehnt sich an Habermas’ Unterscheidung von „kultureller Reproduktion“ und „sozialer Integration'“ an, greift aber auch zurück auf die Differenzierung Bourdieus zwischen „kultureller und sozialer Reproduktion" (vgl. Habermas 1981, S. 212 ff.; Bourdieu 1973). Damit soll die Möglichkeit gesichert werden, zwischen regional unterschiedlich zusammengesetzten sozialen Strukturen und entsprechend disparat verteilten kulturellen Anregungs- und Ausdruckspotenzialen, sowie ihrer qualitativen Profile, differenzieren zu können. Auf diese Weise sollen vorschnelle lineare Ableitungen von sozialem Status auf ästhetische Präferenz vermieden werden.

Das Gestaltungs- und Anregungspotenzial der Kulturarbeit kann in der Beschränkung auf oder in Kombination mit verschiedenen ästhetischen, handwerklichen oder thematischen Sparten je besondere Profile und Organisationsformen ausbilden: als punktuelle Aktionen, die in Form von Wochenend-Festivals, Kulturtagen, Ausstellungs- und Informations- veranstaltungen und Strassentheater stattfinden und den öffentlichen Raum von Städten und Gemeinden nutzen; als soziokulturelle Zentren, die den kulturellen Aneignungs- und Ausdruckspräferenzen besonderer „Szenen“ entsprechende musikalische, cineastische, dramaturgische oder politische Angebote machen; als Bürgerhäuser, die von allen Mitgliedern des Gemeinwesens für Veranstaltungen politischer Willensbildung, für Feste und Feiern etc. genutzt werden können (vgl. Hübner 1981; Niess 1984; Landesarbeitsgemeinschaften der Kulturinitiativen 1983); als Jugendzentren, aber auch als Senioren- und Ausländertreffs (vgl. Kolfhaus u.a. 1986; Engelhardt/Rech/Sandmann 1986; Meueler/Papenbrok 1987 und Deutsches  Zentrum für Altersfragen 1980), die als „Häuser der offenen Tür“ für eine besondere Altersgruppe oder Nationalität in bevorzugter Weise zur Verfügung stehen und teils in Konkurrenz, teils in Kooperation zu anderen Anbietern altersgruppenspezifischer Ausdrucks- und Aneignungsformen entsprechende Themen und handlungsentlastende Freiräume bieten; als spartenspezifische Bildungseinrichtungen, deren Profil vor allem in spekulierten Kursangeboten besteht (z.B. Zentren für Tanz und Therapie, Rock-Musik-Werkstätten, Clown-Schulen, Video-Werkstätten, Jugendbildungsstätten, Kunst- und Volkshochschulen, Musikschulen, Malerei- und Bildhauerei-Zentren, Theaterhäuser, kleine Kulturcafes etc.). Eine derart vielfältige kulturelle Infrastruktur „lebt“ von unterschiedlich verfestigten Institutionalisierungsformen. Sie ist in räumlicher, zeitlicher, gegenständlicher oder personeller Hinsicht zum Teil raschen Wandlungsprozessen unterworfen. Denn so bunt und dicht das Bild in der Aufzählung erscheinen mag: Tatsache ist, dass solche Anregungs- und Gestaltungspotenziale weder allen Bevölkerungsgruppen in gleicher Weise zur Verfügung stehen, noch dauernd von entsprechenden Adressatengruppen aufgesucht werden.

Vielfach scheitern Kulturinitiativen am Mangel an Geld, aber auch weil die Nutzungsbedürfnisse der Adressaten oder die Arbeitsinteressen der Mitarbeiter sich geändert haben oder weil Fehlkalkulationen und nicht einlösbare Ansprüche eine Grenze setzen. Institutionalisierungsformen von sozialer Kulturarbeit innerhalb einer kulturellen Infrastruktur sind daher häufig gekennzeichnet durch aufgenötigte Kurzfristigkeit, die sich aus dem Mangel an materiellen Ressourcen, aber auch durch Strukturverschiebungen auf der Anbieterseite (konkurrierende Veranstalter aus Kommerz und Bildungssystem) sowie durch Verschiebungen von Geschmackspräferenzen, Ausdrucksbedürfnissen auf der Nutzerseite und schließlich durch Verschiebungen in der sozialen Infrastruktur ergeben (z.B. in der Zusammensetzung von Adressatengruppen, der Pluralisierung der Jugendkulturen, dem Generationswechsel, dem Immigrantenzuzug etc. und den Mobilitätsmöglichkeiten und -zwängen).

Als Anregungspotenzial für kulturelle Aneignungs- und Ausdruckstätigkeit wirkt Kulturarbeit häufig nur, wenn ihr thematisch-qualitatives Profil nicht nur auf einzelne Genres oder Sparten konzentriert ist, sondern eine Kombination entwickelt, in der Alltagskommunikation (z.B. Kneipe, Cafe), handlungsentlastende Freiräume und gegenstandszentrierte Zwecksetzungen (Werkstätten, Tanz- und Musikkurse, Filme etc.) zusammengebracht werden. Dies erst - die Verbindung von Alltäglichkeit und ästhetischer Praxis - kennzeichnet soziale Kulturarbeit. Als Anregungspotenzial fungiert Kulturarbeit wenn sie an die geschmacklichen Einstellungen der Adressaten und deren Neugier anschließen kann. Darin konkurriert sie mit den Strategien kommerzieller und anderer Medienöffentlichkeiten, die es verstehen, die Freisetzung von Neugier auf Unterhaltungsobjekte zu fixieren (vgl. Haug 1971 u. 1975 sowie Flossdorf 1978, S. 55 ff).

Kulturarbeit bietet also Möglichkeiten zur einfachen Reproduktion von alltäglichen Erlebnis- und Ausdrucksmustern, von Wahrnehmungs- und Aneignungsgewohnheiten entsprechender Nutzergruppen. Dies ist aber nur die eine Seite. Zur anderen Seite hin bietet sie Möglichkeiten zur Erweiterung der einfachen Reproduktion, indem sie ausdrücklich eine Differenzerfahrung in ihr Konzept einbaut: die Differenz zwischen biografisch erworbenen Wahrnehmungsmustern und dazu gegenläufigen Angeboten und Ausdrucksmöglichkeiten (Vgl. Séve 1977; Heller 1978; Habermas 1981). Mit diesen werden Nutzergruppen konfrontiert. Kulturarbeit agiert also konzeptionell zwischen der Bestätigung des Gewohnten und einer Gegenüberstellung mit Ungewohntem, Neuem, Fremdem. Dieser Herstellung von Differenz dient eine ästhetische Praxis, der sich die angelernten Denk- und Wahrnehmungsmuster, ja, Vorurteile der Nutzer nicht sofort fugen, aber dennoch mit ihren mitgebrachten Deutungsmustern „vermittelt“ werden können. Damit setzt Kulturarbeit Verständigungsbedarf frei und organisiert Verständigung (vgl. Treptow1986).

Kulturarbeit - das zeigt ein Blick auf die breit gefächerte Streuung der Varianten - geht aber längst nicht in ästhetisch-handwerklicher Praxis auf. Dies wäre eine ästhetizistische Verkürzung des im Konzept der Kulturarbeit angelegten Möglichkeitsspektrums. Denn: „Kultur“ als Lebensweise umfasst sämtliche lebenslagenbezogenen, alltäglichen Ausdrucksformen von Menschen, die weit über Kunstinteressen und ästhetische Formgebung hinausreichen. Kulturarbeit bewegt sich zwischen dem ‚Profanen' der Alltagsgebräuche und dem Außerordentlichen der ästhetischen Ereignisse, bedacht darauf, weder nur zu veralltäglichen, noch sich in atemlosen Avantgardismus zu versteigen, dem nur noch eingeweihte Kennerschaft zu folgen vermag.

3. Kulturelle Sozialarbeit: wenn Kulturarbeit an ihre Grenzen kommt

Beschränkt sich alltagsorientierte, soziale Kulturarbeit auf die Gestaltungsbedürfnisse von benachteiligten, in Schwierigkeiten geratenen oder hilfsbedürftigen Personengruppen, so kommt dies im Begriff kulturelle Sozialarbeit zum Ausdruck. Dazu zählen z.B. ästhetisch-handwerkliche Praxis mit Strafgefangenen, Museumsarbeit mit alten und jungen Menschen, Rock-Musik-Werkstätten mit Heim-Jungendwohngruppen, Mal-Aktionen mit ausländischen Kindern usw. (Vgl. Thielicke 1981; Günter/Rutzen 1982; Albrecht 1983; Dürscheid 1984 u. a; Internationale Gesellschaft für Heimerziehung 1984)

Kennzeichnend ist für alle diese Beispiele die Orientierung der Kulturarbeit an der Annahme, dass nicht defizitäre Persönlichkeitsmerkmale ‚ausgeglichen’ werden müssen, sondern dass den jeweils vorliegenden Lebenslagen Ausdrucks- und Gestaltungswünsche entsprechen, die auf dazu adäquate Räume und Ressourcen zurückgreifen wollen. Für den Begriff „kulturelle Sozialarbeit“ ist bezeichnend, dass er sich von den teils stigmatisierten, teils hilfsbedürftigen Adressatengruppen her definiert und nicht von den Themen und Gegenständen, die Kulturarbeit anbietet. Damit wird Kulturarbeit dem Primat einer ihr zunächst fremden Handlungs- und Funktionslogik untergeordnet. Kulturarbeit wird zum Mittel für einen sozialpolitisch der Sozialarbeit zugewiesenen Zweck, wird also instrumentalisiert. Zwar haben beide, Kulturarbeit und Sozialarbeit eine Zielkongruenz - nämlich Gestaltungs- und Ausdruckschancen zu ermöglichen; der Normalisierungsantrag der Sozialarbeit ist aber ein anderer als der ästhetische Auftrag der Kulturarbeit.

Der Begriff „kulturelle Sozialarbeit“ hat nur dann einen Sinn, wenn Sozialarbeit in der Einzelfallhilfe, Gruppen- oder Gemeinwesenarbeit ästhetische Aneignungs- und Ausdrucksmöglichkeiten anbietet, um auf definierte Verhaltensweisen ändernd einzuwirken. Malstundenden z.B. mit Kindern, die an Konzentrationsschwäche leiden, dienen dazu, direkt auf ein diagnostiziertes Merkmal Einfluss zu nehmen. Ähnliches gilt etwa für eine Theaterarbeit mit Heroinabhängigen (Kurzweg 1987), die dazu dient, eine zerfallene Kooperationsfähigkeit zwischen den Adressaten wieder herzustellen.

Soziale Kulturarbeit dagegen hält an ihrer erklärten Absicht fest, allen Adressaten Aneignungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu sichern - und fragt nicht, ob sie im Hinblick auf helferische Intentionen irgendeine Bedeutung hat. Sie begnügt sich mit der Unterstützung der ästhetisch-handwerklichen Praxis und der Aneignung kultureller Angebote. Wird sie zum Mittel sozialpädagogischer Fachlichkeit, die in der Absicht auftritt, z.B. jugendliche Delinquenten von Straftaten abzubringen, älteren Menschen einen sinnvollen Lebensabend zu ermöglichen, alkoholsüchtigen, langzeitarbeitslosen Frauen und Männern den Entzug zu erleichtern etc-, dann ist ihre Strategie die der Sozialarbeit folglich: kulturelle Sozialarbeit.

Wenn aber ästhetische Praxis nicht auf eine definierte Problemkonstruktion bezogen wird, die auf die eingeschränkte Handlungskompetenz von Adressaten zielt, dann betreibt Sozialarbeit einfach Kulturarbeit. Sozialarbeit geht nämlich nicht davon aus, dass ein der Gesellschaft oder bestimmten Gruppen unangenehmes Problem schon zwingend die kulturellen Aneignungs- und Ausdrucksbedürfnisse außer Kraft setzt, die Hilfsbedürftige oder abweichende Menschen haben und die mit ihren ‚Problemen' nichts zu tun haben. Im Gegenteil: nicht selten verfügen z.B. Jugendliche, die vielleicht in der Schule nicht zurechtkommen und dann und wann über die Stränge schlagen, über Gestaltungs- und Ausdruckskapazitäten, die mit der starren Fixierung auf ihr ‚Problem' nicht in den Blick geraten können. Dies etwa zeigt folgender Auszug aus einem Erfahrungsbericht im Rahmen einer mit Schülern durchgeführten Theaterarbeit: „Nicht die guten Schüler waren beim Theaterspielen aufgewacht, sondern auch viele von den schlechten, gerade die, die schon fast analphabetische Schwierigkeiten mit dem Text gehabt hatten. Aufgewacht waren sie bei der Aufführung, konfrontiert mit dem Publikum und auch angefeuert von dessen vergnügten Reaktionen. Für sie waren ihre Auftritte ein realer Lebenskampf ohne alle Heiterkeit der Kunst.“ (Maier 1986, S. 143)

Es gehört zu den Errungenschaften sozialpädagogischer Fachlichkeit, erkannt zu haben, dass der selektive Blick auf Defizite und eingeschränkte Handlungskompetenzen jene „Entstigmatisierung“ blockiert, der die Integration von Adressaten bedarf. Es liegt auf der Hand, dass die Adressatengruppen der Sozialarbeit, die in Lebensschwierigkeiten geraten sind, ebenfalls Teil der sozialen und kulturellen Infrastruktur eines Gemeinwesens sind, auch wenn sie für gewisse Zeiträume in Haft- oder Krankenanstalten, in Heime oder Asylantenlager abgetrennt werden. Trotz einer in sozialpädagogischen Fachdiskussionen breit entfalteten Kritik an den Problemdefinitionen, Stigmatisierungs- und Entmündigungsverfahren durch Sozialarbeit darf nicht aus dem Blick geraten, dass es nicht allein Sache der Sozialarbeit ist, die Probleme ‚herauszustellen’, sondern dass es tatsächlich Gruppen der Bevölkerung gibt, die Probleme ‚haben’ oder der Gesellschaft Probleme ‚machen’ und die über Pädagogisierungsprozesse historisch der Sozialarbeit zugewiesen wurden (vgl. Münchmeier 1981 u. Böhnisch 1982).

Die Tatsache, dass soziale Kulturarbeit mit ihrem Anspruch, „Kultur für alle“ zu sein, begrifflich in „kulturelle Sozialarbeit“ umschlägt, spiegelt eine gesellschaftliche Wirklichkeit wider: in dem Maße, wie die inhaltliche Programmatik von Kulturarbeit aufseiten ihrer Nutzer entsprechende Handlungs- und Ausdrucksfähigkeiten voraussetzen muss, gerät sie an ihre Grenze. Dies ist dann der Fall, wenn Heimkarrieren und Armut, Bildungsbenachteiligung oder Delinquenz, Alter oder Sucht es erschweren oder unmöglich machen, nach den allgemeinen Standards der Kulturarbeit zu malen, zu musizieren oder in Gruppen zu kooperieren. Denn nicht selten haben die Adressaten entweder ihre Handlungsfähigkeit verloren, oder ihre kulturellen Präferenzen resultieren aus anderen Gebrauchswertorientierungen. Deshalb ist nicht verwunderlich, wenn auf der Seite der Sozialarbeit mit Vorbehalt oder Mistrauen auf Kulturarbeit reagiert wird.

4. Kulturarbeit als Fluchtversuch der Sozialarbeit? Das Unbehagen an der Kultur

Für die Sozialarbeit stellt sich nur gebrochen dar, was Kulturarbeit für den Umgang mit abweichenden Verhalten oder mit Hilfsbedürftigkeit, mit Benachteiligten und in Schwierigkeit Geratenen leisten kann. Zwar gehört es zu den vornehmen Aufgaben der Sozialpädagogik - etwa im Selbstverständnis der Gemeinwesenarbeit -, die „kulturellen Ressourcen in den Gemeinwesen, die wir ‚Slums’ nennen, einzufangen und sie nicht verkümmern zu lassen“ (Bellamy  zit. nach Boulet 1980, S. 105). Aber die Vielschichtigkeit dessen, was unter „Kultur“ verstanden werden kann - nämlich nicht ‚Arbeiterkultur’ zu meinen, nicht die Ausdrucksformen die unteren Schichten, die Sub-„kulturen“, oder der profanen Alltäglichkeit sondern im Gegenteil die „hegemonialen“ Kulturformen (Antonio Gramsci) einer privilegierten Bildungsbürgerlichkeit - wird einer Profession zum Verdacht, die in unmittelbarer Nähe zu zerstörten oder tradierten Kulturmustern von Lebenswelten operiert, die strukturell und materiell benachteiligt sind: in verödeten Schlafstädten, Armenvierteln, Vororten. (Zum Begriff „Arbeiterkultur“ vgl.: Bausinger u.a. 1987; Haug/Maase 1980; Held 1981; Willis 1981; Gramsci 1987; Ruppert 1986; zur begrifflichen Präzisierung des Abbaus von Kultur als Prozess der Dekulturation siehe Thurn1986.)

Aus anwaltschaftlichem Blickwinkel für Schwierige und in Schwierigkeiten Geratene setzt sich jedes Angebot an Kulturarbeit, das nicht sofort zu vermitteln ist mit den hier entstehenden Ausdrucksformen jugendlicher Teilkulturen, unterschichtsspezifischen Geschmackspräferenzen und entsprechenden körperbetonten Expressionen dem Verdacht aus, Fluchtversuch einer Sozialarbeit zu sein, die dem unaufhörlichen Andrang von Suchtproblemen, Zorn, Zerstörung oder Apathie nicht standhalten kann oder will. Kulturarbeit ist dann etwas für die feineren Leute, mit denen sich Sozialarbeit gemein macht, um „dem Arme-Leute-Geruch zu entkommen und ihre Professionalität neu bestimmen zu können“. (Oelschlägel 1984)

Vermutet wird eine - hinter der Betonung kultureller Aktivität liegende – Ausgrenzungsabsicht: durch das Einklagen von ästhetisch-praktischen Qualitätsstandards wird es möglich, Adressaten fernzuhalten, die weder in den angebotenen Aneignungs- und Gestaltungsmöglichkeiten etwas sehen können, das den Gebrauchswertorientierungen ihres sozialen Lebensfeldes entspricht, noch sich den impliziten Leistungsansprüchen unterwerfen wollen, die das „Kulturelle“ vom „Profanen“ unterscheidet. Ohne die Ausgrenzungsabsicht offen aussprechen zu müssen, weil die Adressaten wegen aggressivem Verhalten oder Hilfsbedürftigkeit nicht „passen“, kann eine sachbezogene Programmatik den gleichen Effekt haben, wenn sie nur „Kultur“ an die Stelle von „Alltag“ setzen kann. Es ist die Distinktionswirkung eines mittelschichtsorientierten Ästhetikbegriffs, die sich durchsetzt.

Für den Bereich der offenen Jugendarbeit ist es genau dieser, in ideologiekritischer Absicht vorgetragene Einwand, der gegen eine Stärkung der Kulturarbeit in Jugendhäusern erhoben wird. Die Widersprüchlichkeit drückt eine bis in die Gegenwart ambivalente Haltung sowohl der Arbeiterschaft wie der Sozialarbeit zur „Kultur“ aus, wird diese doch mit den alltäglichen Ausdrucksformen ihrer Adressaten nicht in Verbindung gebracht. Gleichzeitig greift Sozialarbeit nicht selten auf Kulturarbeit zurück, wenn diese sich etwa in der Gemeinwesenarbeit auf benachteiligte Infrastrukturen bezieht.[1] Und hier liegt die Ambivalenz.

Das Unbehagen der Sozialarbeit an der Kultur bringt also den Argwohn zum Ausdruck, dass ein ästhetisches Verständnis eine Spielart der Kulturarbeit im Blick hat, die ihre Inhalte ausschließlich an den Geschmackspräferenzen der gebildeteren Schichten ausrichtet, um so die drängenden Fragen der alltäglichen Lebensbewältigung zu umgehen: wie mit der allzu kleinen Wohnung umzugehen ist, wie die Pfennige von der Sozialhilfe einzuteilen, tagsüber die Kinder allein stehender Mütter unterzubringen oder die Sucht des Ältesten und die Schwangerschaft der 15-jährigen Tochter zu bewältigen sind, wie die Heimunterbringung noch einmal vermieden, das Gezänk der Nachbarn beendet werden kann, der Wiederholungstat der Automatenknackerbanden zu begegnen ist usw. Kulturarbeit, die darauf nicht reagiert, hat sich von der Sozialarbeit verabschiedet - so der Vorbehalt. Er ist nur allzu verständlich.

Für die Sozialarbeit liegt der Primat in einer klaren Beratungs- und Unterstützungsarbeit (z.B. durch Familienhelfer und Jugendberater) - also in sozialpädagogischer Fachlichkeit-, die zur Lebensbewältigung der Adressaten beiträgt. Sozialpädagogische Handlungskompetenz in ihrer sozialpolitischen und administrativen Verfasstheit bewährt sich vor allem in Lebensfeldern, deren eigene kulturellen Ressourcen bislang nicht für die Bewältigung von Lebensschwierigkeiten freigesetzt werden konnten. Sie konzentriert sich auf die (Re-)Aktivierung von Handlungspotenzialen in der alltäglichen Umgebung von Menschen, um - in helferischer Absicht, ergänzend und auf Zeit - zur (Wieder-) herstellung einer ‚normalisierten’ Soziabilität beizutragen. Sie will einer Verfestigung von Lebensschwierigkeiten entgegenwirken (vgl. Böhnisch 1982; Müller 1985; Olk 1987). Diese Aufgaben - beraten, miteinander leben - können nur über ein Qualifikationsprofil angegangen werden, das sich auf den Verlauf der Problembewältigung durch die Adressaten konzentriert. Zugleich wird versucht, das Lebensfeld und entsprechende kommunale Institutionen (Sanierungsamt, Sozialamt, Justiz, Jugendamt etc.) in ihrer Beteiligung am Zustandekommen von Lebensschwierigkeiten zu beeinflussen (vgl. Müller/Olk/Otto 1981; zum strategischen Handeln insbesondere Mielenz 1981).

Neben diese zentralen Aufgabenbereiche der Sozialarbeit tritt ein weiterer. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass sozialpädagogisches Handeln an die kulturellen und normativen Verständigungsmuster der Adressaten anschließen muss. Um zu einer „produktiven Interaktion“ zu gelangen, muss es sich auf Tabus, Wertprioritäten und Abneigungen einstellen, die das kulturelle und symbolische Hintergrundwissen sozialer Gruppen ausmachen. Zum sozialpädagogischen Qualifikationsprofil gehört deshalb immer schon die Fähigkeit zur differenzierten Kulturkritik - nicht nur nach der Seite ihrer Sensibilität für manipulative Machenschaften der Medienöffentlichkeiten (vgl. Jugendschutz), sondern auch als Anwaltschaft für den Eigensinn kultureller Ausdrucksformen von Adressaten als kulturelles Mandat.[2] Und hier nähert sich Sozialarbeit der Kulturarbeit wieder an.

5. Kulturelles Mandat und Kulturkritik als Kompetenzmerkmale der Sozialpädagogik

In der Diskussion um das Verhältnis von Kulturarbeit und Sozialarbeit gingen immer schon die Momente eines im engeren Sinne künstlerisch-ästhetischen und eines öffentlich-politischen Kulturbegriffs ineinander. Reduziert auf einen künstlerisch-ästhetischen Kulturbegriff verlöre soziale Kulturarbeit aber jene ‚eingreifende’ Bedeutung, der sie sich verpflichtet fühlt. (Vgl. Fuchs/Schnieders 1982) Hier nun, im Schnittpunkt eines medial orientierten und eines die gesamte Lebensweise sozialer Infrastrukturen umfassenden Kulturbegriffs finden Sozialarbeit und Kulturarbeit ihre Berührungs- und Überschneidungsbereiche.

Das kulturelle Mandat der Sozialpädagogik richtet sich auf eine Unterstützung der kulturellen Selbstbehauptung von Gruppen, deren ethnische, geschlechtliche oder generationsbezogene Lebens- und Erfahrungsformen gefährdet oder missachtet werden. Die Lebenswelten türkischer Immigranten etwa, die räumlichen und zeitlichen Erfahrungs- und Erlebnisformen von Frauen und Mädchen, die zeitgeschichtlichen Erfahrungsgehalte älterer Menschen (vgl. Birkenfeld 1982; Karsten 1984; Savier u.a. 1984; Stüwe/Petersen 1984 u. C. Specht 1987) - dies sind nebeneinander existierende Teilkulturen, die nicht selten missachtet oder ignoriert werden. Und die Exotik der Punks etwa ebenso wie die Unauffälligkeit des angepassten Hauptschülers sind jugendkulturelle Ausdrucksformen, die in der sozialpädagogischen Interaktion immer wieder zum Thema werden: gegenüber Öffentlichkeit, Politik und gegenüber Jugendlichen und Erwachsenen. Sozialpädagogik organisiert Verständigung und versucht - durch Filmarbeit, Theaterarbeit, durch Gespräche, Reisen und Aktionen - Verständnis zu erzeugen: Aufklärung über die Hintergründe der Entstehung „anderer Kulturformen“ (u.a. internationaler Jugendaustausch, interkulturelle Beratungsarbeit mit Asylanten; Vgl. Albrecht 1983)

Dieser Positivität eines solchen „kulturellen Mandats“ steht die negative Seite der Kulturkritik gegenüber. Ebenso, wie die eigensinnigen Ausdrucksformen der genannten Teilkulturen anwaltschaftlich vertreten werden, setzt sozialpädagogische Handlungskompetenz solchen kulturellen Mustern kritisch nach, die ihrerseits eine Gefährdung der Lebens- und Erfahrungsformen anderer provozieren: Das kulturelle Mandat der Sozialpädagogik ist daher zugleich ein normatives.

Geht es um eine Förderung und Unterstützung der kulturellen Selbstbehauptung bestimmter Gruppen im Hinblick auf Lebensstil und Erfahrungsform, so übernimmt Sozialpädagogik einen weiteren Part von Kulturarbeit in einem engeren Sinn: musisch-ästhetische Bildung als Gegenstandsaneignung und –gestaltung.

6. Koordination ästhetischer Ausdrucks- und Aneignungstätigkeit

Einige Arbeitsfelder der Sozialpädagogik - besonders in der offenen und verbandlichen Jugendarbeit, manchmal auch in der ambulanten Heimerziehung oder der Altenarbeit - stellen Räume für kulturelle Aneignungs- oder Betätigungsmöglichkeiten bereit, die in anderen Einrichtungen nicht in dieser Form zur Verfügung stehen.

Kennzeichen solcher von Sozialpädagogen (in Kooperation mit Angehörigen anderer Berufsgruppen) bereitgestellten Erfahrungs- und Gestaltungsräume ist entweder ein auf die kulturellen Geschmackspräferenzen besonderer Gruppen ausgerichtetes Arrangement oder eine besondere Kombination von Genuss- und Betätigungsmöglichkeiten, die nur auf diese Weise Verständigung, Gestaltung und kulturelle Aneignung zu verbinden erlaubt. So behauptet ein Stadtteilzentrum im Vergleich zu anderen Begegnungs- und Gestaltungsräumen (z.B. Kneipen) sein spezifisches Profil durch die Kombination von Konsum, Spiel, Bildung, handwerklichen Gestaltung und heterogenen Teilkulturen.

In der offenen Jugendarbeit z.B. steht in der Hauptsache die Bereitstellung von Räumen für die Kommunikation von jugendlichen zur Debatte (vgl. Lessing u.a. 1986; Böhnisch/Münchmeier 1987; Nachtwey 1987). Die ästhetischen und handwerklichen Inhalte der offenen Jugendarbeit variieren je nach den besonderen Geschmackspräferenzen der Besuchergruppen, sind in ihrer zeitlichen Anforderung sprunghaft und kaum berechenbar (Treptow 1987). Jugendliche definieren diese Räume nicht als ein auf Langfristigkeit angelegtes Betätigungsfeld, wenn sie die bereitgestellten Werkmöglichkeiten, Film- und Musikangebote, aber auch die Ideen der Sozialpädagogen nicht interessieren. Hingegen zeigen Erfahrungen, dass Jugendliche sich oft stundenlang dem Material, den Spielgeräten oder der Musik widmen, wenn der Genuss- und Gebrauchswert im Rahmen ihrer kulturellen und oppositionellen Erlebnis- und Nutzungsformen angesiedelt ist. So mag die ästhetische Gestaltungsform einer Collage einigermaßen langweilig sein - es sei denn, es handelt sich um die Lebensstationen eines Superstars; die Mühen einer Musikkapelle im Probenraum mögen nach einer Weile nicht mehr auf sich genommen werden - es sei denn, man bereitet sich auf Wettbewerbe vor, hat auch für etwas witzigere Hall-Effekte Apparate und kann auf die Betreuung eines kompetenten Rock-Musikers zurückgreifen, der die Texte arrangieren hilft und auch mal mit den Jugendlichen in ein Tonstudio schaut; so mögen Computerspiele für manchen öde sein - es sei denn, er fühlt sich an der Intelligenz gepackt und hat jemanden zur Seite, der ihm zeigt wie man programmiert (Vgl. Backhaus-Starost/Backhaus/Grothjan1976; Nachtwey 1987).

Freilich: die Anstrengungen der Jugendfreizeitarbeit mit attraktiven Inhalten die Kreativität der Besucher zu fördern, um Tätigkeit statt Passivität zu ermöglichen - sind die Kulturarbeit? Professionelle Künstler äußern sich skeptisch. Sie „weisen darauf hin, dass nicht schon aus Blech getriebene Aschenbecher und selbstgetöpferte Vasen unter Anteilung eines (Akademie)Remscheid-geschulten Sozialpädagogen die Ansprüche erfüllen, die eine Kulturarbeit des neuen Typs an sich zu stellen hat. Kulturarbeiter und Künstler misstrauen überdies dem allgegenwärtigen pädagogischen Kalkül der Sozialarbeiter, das erst im Hinblick auf die anschließende Diskussion Filme zu zeigen und nur für Erreichbarkeit bestimmter Zielgruppen Rockkonzerte zu veranstalten in der Lage sei.“ (Fuchs 1984, S. 110)

Nun ist der Eindruck vom „allgegenwärtigen pädagogischen Kalkül“ eine Fiktion, die mit der alltagsorientierten Praxis von Sozialarbeitern nur wenig zu tun hat. Diese könnten sich auf Dauer gar nicht behaupten, hätte ihre Arbeit nicht einen Gebrauchswert für Adressaten. Dennoch macht Armin Fuchs auf ein Problem aufmerksam, das nicht nur die ästhetisch-handwerkliche Kompetenz von Sozialpädagogen und deren Begrenztheit betrifft, denn kaum jemand wird mehr als zwei Disziplinen gekonnt „beherrschen“. Es berührt deren Kompetenz zur - in diesem Falle - ästhetisch orientierten Kulturkritik. Daß ein halbwegs gelungenes Ölbild, eine leidliche Video-Produktion oder ein paar gelungene Imitate auf der E-Gitarre nicht ernsthaft Kulturarbeit genannt werden können, ist aus dem Blickwinkel einer autonomisierten Wertsphäre „Kunst“ verständlich, der sozialpädagogische Kriterien fremd sind. Die professionell begründete Bereitschaft der Sozialpädagogen, das Ungekonnte zu verzeihen, weil ihnen ein anderer struktur- und subjektzentrierter Zusammenhang mitunter wichtiger ist als derjenige, der einer ästhetischen Urteilskraft entspricht, ist dem künstlerischen Blick fast eine „barbarische“ Bereitschaft zum Dilettantismus. Ein zentrales Dilemma zwischen Kulturarbeit und Sozialarbeit ist denn auch die Frage, ob Kulturarbeit in der Lage ist, sich für amateur- und laienhafte, ja dilettantische Produktionsformen zu öffnen, oder ob sie Ausgrenzungen begründen kann.

Aus dem Blickwinkel der Kulturarbeit erscheint kulturelle Sozialarbeit als ein Verzicht auf ästhetische Qualität und als Blindheit gegenüber den Verstärkungseffekten durch selbsthergestellte Stigmatisierung der Adressaten und der eigenen Arbeit. Dazu trägt ein vordergründiger, medialer Gebrauch kultureller Ausdrucksmittel bei: „Theater verkümmert zum Rollenspiel, das nur bis zum pädagogisch vorwegkalkulierten Stichwort ausgespielt wird. Gemalt werden soll solange nur, bis die Gruppe aufgebaut und gefestigt ist. Denen es in der sozialpädagogischen Kleingruppe die Sprache verschlagen hat, die dürfen solange musizieren, bis sie wieder reden können ... Es kann sich in weiten Teilen der kulturellen Sozialarbeit keinerlei ästhetische Qualität entfalten, weil sie nirgends angestrebt wird.“ (Fuchs/Schnieders 1982, S. 33f.)

Anderseits: Gehört es nicht zum Diskurs ästhetisch-künstlerischer Professionen, gerade Amateurhaftes in den Produktionszusammenhang von Kunst hineinzunehmen, um auf diese Weise etablierte Kunstformen ironisch zu verfremden oder neue Unterschiede zu entwerfen? Die Beziehung von Dilettantismus und künstlerischer Perfektion mag vielleicht in der Beurteilung von Produkten problemlos sein, die außerhalb des abgesteckten Kulturbetriebs erzeugt werden – als „Kunsthandwerk oder Amateurismus“ -; sie ist aber geradezu elementares Auseinandersetzungsfeld innerhalb des Kunstbetriebs. ‚Neue Wilde’ oder noch jede revolutionäre Neuerung eines Genres wurden anfangs dem Verdacht des Dilettantismus unterzogen.

Angesichts der Befürchtung eines „Verschwindens der Kunst“ durch postmoderne Beliebigkeit wird klar: hier steht der Kulturbetrieb selber in einer widersprüchlichen Dynamik. Die im Bereich der autonomen Kunstproduktion und des Kunstmarktes als legitim geltende Provokation durch Dilettantismus wird plötzlich „illegitim“, wenn sich Laienkultur entwickelt. Die intendierte Durchkreuzung festgelegter Güterkriterien eines autonomen Kunstbereichs, - durch Leute wie Beuys, Schwitters, Warhol etc. gehören zum Diskurs; nicht aber der Versuch durch Nachspiel, Imitation, Versuch ästhetische Praxis im Alltag anzusiedeln: „Der Prozess der Ästhetisierung des Alltags schwächt die Kunst in anderer Weise; er zielt letztlich auf die Austilgung der Distanz zwischen Kunst und Leben, auf der das kritische Potenzial der autonomen Kunst ruhte ... (Er-)liquidiert ... deren kritisches Potenzial. Er führt zu einem Gesellschaftszustand, wo alle sozialen Konflikte visuelle Konkretheit annehmen, wo alle Bilder gleichen Status haben, so daß der utopische Schein der autonomen Kunst vergeht.“ (Bürger 1987, S. 42/43.) Von hier aus ist zu erklären, dass sich Kulturarbeit einerseits annähert an die Lebens- und Ausdrucksformen von Alltag, andererseits aber Distanz halten muss, weil sie um ihre kritische „Störfunktion“ fürchtet: „Wo alles ‚gestylt’ ist, hat Kunst keine Chance mehr. Kunst ist dann nicht mehr das Andere der Gesellschaft“ (Ebd. S. 45) ... „Die Tendenzen zur Einebnung der Kluft zwischen hoher und niederer Kultur ... erscheinen ... nicht als zukunftsweisende Anzeichen eines kulturellen Wandels, sondern ebenso wie die Ästhetisierung des Alltags als falsche Aufhebung der Kunstautonomie“ (ebd., S. 47) (Vgl. Zum Verhältnis von Alltag und Kunst: Kiwitz 1986).

7. Über Dilettantismus. Zur Differenz zwischen Kriterien der Sozialarbeit und der Kulturarbeit

Wer über Kulturarbeit in sozialpädagogisch relevanten Arbeitsfeldern spricht, kann sich also die Auseinandersetzung über „Dilettantismus“ nicht ersparen, insbesondere dann nicht, wenn in kreativer Eigenaktivität ästhetische Gegenstände und Produktionsformen entwickelt werden, die von den Adressaten selber an Perfektionskriterien gemessen werden, welche in ihrer eigenen alltäglichen Aneignung ästhetischer Gegenstände gleichsam mittransportiert und wie selbstverständlich übernommen werden. Professionelles Möbel-, Mode- und Schmuckdesign, die tägliche Raffinesse der Pop-Video-Clips im Fernsehen, die aufwändige, gekonnte Landschaftsfotografie, perfekte Poster, ein musikalisches Glanzstück im Radio, kurz: die je nach sozialen Gruppen differenzierten Aneignungsmuster ästhetischer Gegenstände (vgl. Bourdieu u.a. 1981) weisen Gütekriterien auf, die maßstabbildend sind - auch und gerade wenn in Eigenproduktion Imitate geschaffen, also ästhetische Reproduktion betrieben, oder Neues entwickelt, also die Erweiterung ästhetischer Produktion geleistet werden soll.

Je mehr Sozialpädagogik von den inhaltlichen Chancen der Kulturarbeit Gebrauch macht, desto stärker setzt sie sich von Beurteilungsstandards und Bewertungsmassstäben aus, die dem fachlichen Horizont professioneller Kulturarbeit entstammen - und zugleich denen der Adressaten an die eigenen Produkte, an sich selbst, d.h. den Beurteilungsstandards, die das Ergebnis alltäglicher Aneignungen ästhetischer Perfektionskriterien sind.

Nun ist jeder Versuch eines lernenden Anfängers, der sich der Vorstellung eines auf spätere Zeiträume hin fantasierten Produktes annähert, Ausdruck des Noch-Nicht-Könnens (vgl. Strohschein 1982) Diese auf die Beschaffenheit des durchgearbeiteten Materials an Gütekriterien ausgerichtete Sichtweise wird in dem Augenblick zu einer sozialpädagogischen, wenn das Ungekonnte verziehen werden kann. Nicht allein das fertige Resultat ist hier das Kriterium, sondern die im Versuch freigesetzten subjektiven Erlebnisinhalte in ihrer Bedeutung für die Bewältigung von Lebensschwierigkeiten. Der sozialpädagogische „Blick“ konzentriert sich auf eine andere Relevanz des „Kunst“- Prozesses und „Kunst“- Produktes als der, der für die Sichtweise von ausschließlicher Kulturarbeit reserviert bleiben muss. Diese an der Erfüllung ästhetischer Güterkriterien orientierte Sichtweise der Kulturarbeit nimmt die Beziehung zwischen handelndem Subjekt und bearbeitetem Material in den Blick, dessen Qualität im bestehenden Werthorizont des jeweiligen künstlerischen Genres überhaupt eingeschätzt wird. Eine eher sozialpädagogische Betrachtungsweise hingegen folgt einer Orientierung, in der das Verhältnis zwischen Subjekt und Gegenstand einer zweiten Relation untergeordnet wird: der zwischen den unterschiedlichen Erlebnisformen des Subjekts, die durch ästhetische Praxis ermöglicht werden. Produkt und Prozess ästhetischer Praxis sind also gleichsam funktionalisierte Momente für einen sozialpädagogischen Auftrag, aber nicht Momente, die für sich alleine stehen.

Einer solchen Betrachtungsweise ist der Begriff des ästhetischen ‚Dilettantismus’ kein wichtiges Kriterium. Obwohl sich die „privaten“ ästhetischen Kriterien des Sozialpädagogen gegen die von Adressaten entwickelten Produkte sträuben mögen, ist es doch die Verpflichtung zu einer „affektiven Neutralität“ (Parsons) im Hinblick auf die Beurteilung von Produkten, die Kennzeichen seiner professionellen Haltung sein müssen.

Kulturarbeit muss aber gerade auf Güte- und Qualitätskriterien bestehen, weil das zu erstellende Produkt die primäre Relation von Subjekt und Material, ins Zentrum ihrer Professionalität gehört. Danach besteht Beratungsbedarf gerade dann, wenn ästhetische Praxis betrieben werden soll.

Die sozialpädagogische Denkweise rechnet hingegen mit der prinzipiellen Möglichkeit des Adressaten, sein Engagement abzubrechen. Sie lässt aber auch der Bereitschaft Raum, dass Einzelne an den Gütekriterien ästhetisch-praktischer Produktion nur manchmal gemessen werden möchten. Genauso wichtig wie der Prozess des in Arbeit genommenen Materials sind hier Äußerungen, die in Bezug zum eigenen Selbsterleben, zu vergangenen oder gegenwärtigen Subjektzuständen stehen: Vielleicht ist es „der erste Versuch“ eines jahrelang äußerst zurückhaltenden Kindes, sich vorzuwagen und zur Farbe zu greifen; vielleicht wird die Rolle des Lehrers im Laientheater „anders“ als in den vorangegangenen Aufführungen gespielt, vielleicht drücken Drogenabhängige in einer für sie neuen Weise Erfahrungen aus, vielleicht kommen Heimjugendliche besser klar, wenn sie Rockmusik machen etc.

Eine solche prozessorientierte Betrachtungsweise fasst also „kleinste Schritte“ und ästhetische Praxis anders auf als eine kulturarbeitsbezogene: sie nimmt eine andere Differenz in den Blick, als nur die zwischen praktischer Tätigkeit und angezieltem Endprodukt. Nicht die Differenz von Materialzustand zu Materialzustand ist zentral, sondern die Differenz zwischen subjektiven Zuständen, die Bedeutung der Gegenstandsbearbeitung für die Bewältigung von Lebensschwierigkeiten des Adressaten.

Dies bedeutet nicht, dass angefertigte Produkte einen Gebrauchswert für ihre Erzeuger abgesprochen bekommen. Im Gegenteil: ohne Gebrauchswert - z.B. Verschönerung der eigenen Wohnung, des Autos, des Motorrades, als Geschenk für andere - wäre die Erstellung der Produkte einer verselbstständigten pädagogischen Zwecksetzung unterworfen, die gegenüber den Nutzungsinteressen der Adressaten gleichgültig ist. Ein Konzert ist ein Konzert, ein Film ist ein Film - und nicht ein austauschbares, beliebiges Medium für ein vom Nutzungs- und Erlebnisinteresse der Adressaten abgetrenntes Pädagogeninteresse.

Im etablierten Wertsystem einer autonomisierten Kulturproduktion wird der Gehalt dessen, was als „dilettantisch“ gilt immer neu verschoben. Letztlich bleibt aber eine von der qualitativen Beurteilung des Produkts her geleistete Abgrenzung zum Dilettantismus übrig - es sei denn das Dilettantische wird selber zum gültigen Maßstab. In der ironischen Überbietung ist dann gerade das Perfekte das Falsche - wobei die lustvolle Paradoxie Platz greift, dass es gar nicht einfach ist, perfekter Dilettant zu sein. Denn auch diese Attitüde strukturiert sich zu Mustern, die bald schon „nicht jeder“ erfüllen kann[3].

8. Kulturpädagogik. Zwischen den Gütekriterien der Perfektion und dem Recht aufs Ungekonnte

Gegenüber der Verfestigung des kulturellen Geschmacks, von dem aus „in“ - und „out“- Bewertungen vorgenommen werden, vermittelt Kulturpädagogik. Sie ist sich. der anregenden und geschmacksbildenden Wirkung der täglich in Medien oder Kulturveranstaltungen präsentierten Produktionsformen bewußt denn auch der Schlager, der triviale Roman, das Kitschbild haben ihre Vollkommenheit; sie weiß aber auch um die Entmutigungswirkung der Differenz, der sich ein Kind oder ein Jugendlicher solchen Objektivationen gegenübersehen, bevor sie auch nur begonnen haben zu handeln.

Würde Kulturpädagogik, deren Bildungsauftrag mehr will als die Animation zum Umgang mit Material, an dem Härte-Kriterium des Dilettantismus festhalten, könnte sie den auf die Subjektzustände und strukturelle Mangelsituationen gerichteten Blick der Sozialarbeit nicht einnehmen.  Sie ermutigt darum zum Dilettantismus, weil sie aus pädagogischer, nicht aus künstlerischer Perspektive sieht, dass dem Subjekt Erlebniszustände, ermöglicht werden - von Anerkennung, von Selbstsicherheit, von Ablenkung - die in sich einen Wert besitzen, obwohl die dabei erzeugten Produkte bloß Nachahmungen, nichts Originelles oder Neues und, ungekonnt sein mögen.

Das bedeutet nicht, dass die verinnerlichten Leistungsmaßstäbe, die nicht nur der Präferenzen des Pädagogen, sondern auch der Lebenswelt der Adressaten und den Einflüssen der Mediatisierung entspringen, völlig außer Kraft gesetzt würden. Vielmehr soll der „Versuch“ ein Eigenrecht erhalten und aus dem abwertenden Status entlassen werden, nur Vorbereitung für das „Eigentliche“, Gekonnte, Originelle zu sein.

Gewiss, eine solche pädagogische Auffassung, dem Unvollkommenen ein Existenzrecht einräumen, setzt sich leicht dem Vorwurf aus, in seinen Zumutungen und Forderungen an die Adressaten in Beliebigkeit zu verfallen. Schließlich könnte so auch noch das unstete Vagabundieren solcher Jugendlicher als prozessorientierte Kulturpädagogik gelten, die zwischen Conga-Kurs, Video-Raum und Xylofon-Studio umherflattern, hier in einen Farbtopf langen und dort aus einem Quader Lindenholz die Nase herausschnitzen, um ihn dann liegen zu lassen. Jugendliche von der rauheren Art sind auch eher spöttisch, wenn ihnen der Sinn nach Jokes statt nach Materialbearbeitung steht. Man muss aber sehen, dass es eine Frage der subkulturellen Einbettung von Materialbearbeitung und Zeiterleben ist, ob es zu derartiger Tätigkeit kommt. Plötzlich nämlich, so kann es geschehen, findet sich der Pädagoge in der Rolle des Dilettanten - etwa, wenn ein Elektro-Lehrling dem Flipper neuen Drive gibt, der Zimmermann die Wand ausbeint, der Autoschlosser die Haube öffnet und der Lackierer seine air-brush-Technik vorführt. (Zur Aneignungstätigkeit proletarischen Milieus vgl. Hartwig 1976).

Die vorangegangenen Überlegungen zum allgemeinen kulturellen Mandat der Sozialpädagogik betonen die Interaktionen zwischen Adressaten, und den jeweiligen kulturpädagogischen Absichten, Standards und Kompetenzen der Professionsexperten. Sie konzentrieren sich auf Gestaltungs- und Aneignungsprozesse im Umgang mit Materialien und Instrumenten, auf Formgebung und körperlich intendierte Ausdruckstätigkeit sowie schließlich auf die Frage nach qualitativen Standards, an denen die Beliebigkeit von Ausdruck und Gestaltung eine Strukturierung erfahren kann. Der Bezug auf die entsprechenden sozio-kulturellen Voraussetzungen von Adressaten wurde im Einzelnen nicht systematisch hergestellt; dazu sind die Berufsfelder der Sozialpädagogik zu breit gestreut: von der Jugendarbeit bis in das Gesundheitswesen, von der Altenarbeit bis zur Suchtberatung, von der Schuldnerberatung bis zum Strafvollzug. Weil wohl eines der interessantesten Arbeitsfelder der Sozialpädagogik die offene Jugendarbeit ist, in der Kulturarbeit Fuß fassen kann, soll zum Abschluss noch skizziert werden, welche nicht-beabsichtigten Folgeprobleme bei einer gut gemeinten Kulturarbeit mit Jugendlichen auftreten können.

9. Mögliche Folgeprobleme von Kulturarbeit in der Jugendarbeit

Stil und ästhetische Gestaltung des Augenblicks

Offene Jugendarbeit stellt räumliche und zeitliche Möglichkeiten bereit, die von Jugendlichen im Sinne einer kulturellen Reproduktion ihrer teils schichtspezifischen, teils schichtübergreifenden Wert- und Deutungsmuster genutzt werden können. Als Ort einer freiwilligen Begegnung Jugendlicher entwickelt sich die kulturelle Reproduktion nicht nur nach Maßgabe der im Jugendhaus zugelassenen oder ausgeschlossenen Begegnungs- und Gestaltungsmöglichkeiten; sie steht auch in Wechselwirkung mit der jeweiligen sozialen Herkunftsstruktur. "Kulturen sind das Spektrum der sozial organisierten und geformten Reaktionen auf diese fundamentalen materiellen und gesellschaftlichen Bedingungen. Obgleich die Kulturen für jede einzelne Gruppe ein System von Traditionen - aus der Vergangenheit übernommene Handlungsanweisungen - bilden, müssen sie in jeder Generation erneut aufgebaut werden.“ (Clarke u. a. 1979, S. 109)

Nun ist es gerade der unverzichtbare Vorteil der offenen Jugendarbeit, dass sie Freiwilligkeit der Teilnahme verlangt. Damit steht sie im Entscheidungsspektrum Jugendlicher neben konkurrierenden Anbietern: im kommerziellen Bereich (der Spielhallen, fast-food- Restaurants etc.) wie im privaten Bereich (Video - privat informelle Räume etc.). Es ist weder zwingend, dass Jugendliche die Angebote der Jugendarbeit zum Ort ihrer kulturellen Reproduktion machen - dafür werden auch andere Bereiche genutzt -, noch das Jugendliche bei gleicher gegebener Klassen- oder Schichtzugehörigkeit die gleichen kulturellen Ausdrucksformen wählen. „Abermals müssen wir (Clarke u.a.) betonen, dass die Subkulturen nur eine unter vielen möglichen Reaktionen sind, durch die Jugendliche auf ihre jeweilige Situation reagieren.“ (ebd.) Das bedeutet, dass bestimmte Jugendliche aus klassischen Arbeitermilieus durchaus andere ästhetische und kommunikative Räume, andere kulturelle Identifikationsmuster und Lebensentwürfe zum Gegenstand ihrer Orientierungen machen als sie von Jugendhauspädagogen für legitim und von Altersgenossen für relevant gehalten werden. Nicht nur die Sozialmilieus der Stadtteile sind differenzierter geworden, so dass die Homogenität von klassischen Arbeitermilieus immer stärker aufgeweicht wird. Ebenso haben sich die kulturellen Reaktionsformen Jugendlicher auf die sich verändernden - und verschlechternden - Lebenslagen und Zukunftschancen vervielfältigt. Zu beobachten ist, dass Jugendliche eine kaum mehr überschaubare Vielfalt an Stilbildungen erzeugen, in der der feine Anzug und die gut gestylte Frisur eines Sechziger-Jahre-Vorbilds ebenso Markenzeichen einer Gruppe von Lehrlingen und Hauptschülern sein kann wie die schwere Lederkluft und Schock-Modelle nach dem Vorbild der Punks. Stilbildung und kulturelle Geschmackspräferenzen gewinnen - vielleicht in stärkerem Masse als in den Siebzigerjahren - innerhalb ähnlicher Sozialmilieus Jugendlicher eine umso stärkere Distinktionsfunktion, je weniger wirtschaftliche und normative Verlässlichkeiten garantiert sind. Die Bedeutung der Gegenwartsorientierung lädt sich - angesichts der Brüchigkeit von Lebensentwürfen und Statusgarantien - mit kulturell wichtiger werdenden Symbolen, Identifikationen, Ästhetisierungen und Abgrenzungen auf. Weil Verlässlichkeiten im Schwinden gegriffen sind, weil die bildungsoptimistischen Versprechungen des Wohlfahrtsstaates sich vielfach als Illusionen erweisen, wird die kulturelle Gestaltung des Augenblicks, werden ästhetische Präsentation und Aneignung zu mehr als nur äußerliche Formgebung. Sie werden zum Surrogat für Inhalte, ja sie werden manchmal Inhalt von Lebensorientierungen und Lebensbewältigung selber. Man kann dieses Interesse an Warenästhetik ablehnen, man kann daran vorbeischauen, wie Jugendliche sich imaginär gegen Zukunftsängste abschotten. Wenn es stimmt, dass mit prekärer werdenden Kontinuitäten jugendlicher Lebensentwürfe die Orientierung an der sinnlich-expressiven Gestaltung von Gegenwart wächst, und wenn es zutrifft, dass Jugendliche eine „Befreiung der Neugierde“ nach sämtlichen Seiten kommunikativer und gesellschaftlicher Themen hin entwickeln - ist es dann nicht eine Missachtung der jugendlichen Lust an „schönem Schein" (Friedrich Schiller), wenn dieser nicht in seiner Funktion gewürdigt wird, mit dem Alltag und der Fragmentierung von Zukunft zurechtzukommen?

Zentral ist die Frage, gegenüber welchem Umfeld ein Jugendhaus sich behaupten muss, zu welchen konkurrierenden Anbietern es sich in Kontrast bringen möchte und wie krass die Differenz oder die Ähnlichkeit eines Hauses zu den anderen Räumen und Anbietern sein soll. Hier kann eine Stilbildung anziehend sein, die Elemente der kommerziellen Anbieter ausschließlich imitiert. Genau dies kann aber auch ins Gegenteil umschlagen: dass zu wenig Differenz und zu viel Ähnlichkeit zum Kommerz erkennbar wird, sodass bestimmte Jugendhaus-Stile von entsprechenden Jugendcliquen wegen ihrer mangelnden symbolischen Aussagekraft für den beabsichtigten „Widerstand“ abgelehnt werden. Schon äußerlich ist das Haus dann nicht „ihr“ Haus, sondern wird in raubeinig-liebevoller Weise immer wieder mal umgestaltet. Natürlich steht die Macht der symbolisch-ästhetischen Formgebung nicht für sich allein, sondern muss zusammengedacht werden mit der sozialen Beziehung, die Jugendliche und Mitarbeiter zueinander entwickelt haben. Es kann mitunter zu ernsten Auseinandersetzungen über die symbolischen Ausdrucks- und Gestaltungsformen kommen, wenn der Stilschöpfung von jugendlichen Teilkulturen nicht ein Mindestmass an Übereinstimmung in der Formgebung von Innenräumen und Außenpräsentation - auch in Form von Plakaten etc. - entspricht. Es sind dann solche stilistischen Elemente, die für Konflikt und auch für Harmonie - stehen. Sie werden als sensibel registrierte Ordnungsinstrumente verstanden, wenn etwa ein Haus, das seinen Charme durch die quirlige Traditionsstiftung von Graffitimalerei gewann, nun plötzlich auf „schön“ getrimmt wird: es ist nicht mehr das Alte, vor allem ist es nicht mehr das „Andere“, das uns gehört, - und Jugendhäuser gewannen stets Anziehungskraft dadurch, das Andere zu sein. Und umgekehrt: kalte Neon-Ästhetik als „das Andere“ zum Charme der Sperrmüllmöbel kann genau die richtige Abwechslung sein: „Geschöntes“ statt „Ästhetik des Abfalls“.

So kann man „Gesetzmäßigkeiten“ im strikten Sinne nicht formulieren, mit deren Hilfe man „weiß“, welche stilistische Formgebung eines Hauses zu welchen Stilpräferenzen welcher Gruppe von Arbeiterjugendlichen ‚passt'. Erst im Aufeinandertreffen bestimmter Jugendkulturen mit symbolischen Identifikations- oder Abgrenzungsangeboten wird das Problem deutlich, ganz zu schweigen von den Konflikten mit der Nachbarschaft oder dem Stadtplanungsamt etc.

10. Das Problem der Ausgrenzung

Wie wir - nicht nur aus der Jugendforschung, sondern auch aus den kultursoziologischen Untersuchungen von Pierre Bourdieu oder Paul Willis - wissen, drückt sich das Konkurrenz- und Kampfverhältnis zwischen einzelnen Teilkulturen, institutionellen Anforderungsprofilen, zwischen Hegemonial- und Subkulturen aus als Kampf um Anerkennung und Geltung des jeweils angeeigneten „kulturellen Kapitals" also in habitualisierten Geschmacks- und Symbolbildungen, die Abgrenzung – „Distinktion“ (Bourdieu) - erzeugen. Nicht der Distinktion wird Zugehörigkeit und Statussicherheit hergestellt. Naiv wäre es also, zu meinen, die kulturellen Präferenzen und die Aneignung ästhetischer Objektivationen durch entsprechende Jugendgruppen stünden beliebig zur Auseinandersetzung oder Verständigung bereit - auch wenn Kulturarbeit, ‚Verständigung organisieren' möchte. Vielmehr werden sie immer wieder bekräftigt, wiederholt, werden sie gegen Enteignung gesichert oder provokativ vorgebracht. Wie man an der Punk-Kultur zeigen kann (May 1986) ist es bei Unterschichtsjugendlichen hier geradezu die Kultivierung der Verweigerung, die Ästhetisierung des - aus der Erwachsenen-Perspektive - Hässlichen und der Auflehnung gegen die Funktionalisierung, die jeden Perfektionszwang etablierter anderer Angebote ironisch unterläuft. Die Hoffnung der Kulturarbeit schöpferischen Potenzialen von Jugendlichen kompetente Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten, um den Eigensinn ihrer Präferenzen zu stützen und zu entwickeln wird allzu leicht durch die Erfahrung ernüchtert, dass ihre Angebote scheitern, weil sie sich nicht mit dem Eigensinn subkultureller Differenzerzeugung vermitteln konnten. Wie Dieter Baacke schreibt, wissen wir, "dass Jugendliche aus Arbeitermilieus, die in der Schule wenig Erfolg haben und auch keine hohen Erwartungen an eine berufliche Zukunft entwickeln, eine subversive Fröhlichkeit ausbilden, die zwar nicht strategisch-rebellisch ist, aber in ihrer subkulturellen Orientierung eindeutig gegen schulisch-mittelständische Ordnungsvorstellungen sich wendet. Das jugendliche Milieu mit seiner Rock- und Popmusik gibt die Chance, personale Identität gegenüber einer Bildungswelt, die sie nicht akzeptiert, zu bewahren“ (Baacke 1985, S. 172). Das Gutgemeinte in der Kulturarbeit kann dann ungewollt jene Ausgrenzungswirkung haben, die in der Frage der Jugendlichen deutlich wird: "Müssen wir heute schon wieder kreativ sein?'

Die Jugendforschung weist immer wieder darauf hin, dass ästhetische Ausdruckstätigkeit eingebettet ist in den Rahmen hoch besetzter alltäglicher Aneignungsformen ebenso wie in den Konsum kommerzieller Waren, also Aneignungsformen, deren innere Zeitstruktur gegenläufig zu den produkt- und leistungsorientierten Zwängen von Schule und Beruf ist. Gerade auch die Nicht-Gestaltung, das Recht auf das Nicht-zu-Ende-Machen ist ein Freizeitbereich Jugendlicher attraktiv: das Fragment. (Vgl. Treptow 1987)

Soziale Kulturarbeit wird sich einstellen müssen auf fragmentarische, kurzzeitige Aneignungs- und Ausdrucksformen. Will sie ihr kulturelles Mandat nicht in ästhetisch-handwerklicher Praxis erschöpfen, wird sie ihre Kompetenz anzuschließen suchen an die Expressionsmöglichkeiten, die die Adressaten haben - und sie nicht gegen sie einsetzen, indem sie mit der Distinktionswirkung von Kultur kalkuliert. Das bedeutet nicht, dass sie ihren fordernden' Charakter aufgeben muss, wohl aber, dass sie diesen in dem Rahmen eines gruppen- oder cliquenbezogenen Aushandlungsprozesses relativiert, auf den Beratungsbedarf von Adressaten reagiert und Anregungen entwirft, die in ihrem lebensweltlichen Horizont als Vermittlung von Tradition und Überschreitung erfahren werden können.


Anmerkungen:

[1]Vgl. Oelschlägel 1987; zur diesbezüglichen Debatte in der Jugendarbeit: Treptow 1986; Arbeitskreis Jugendarbeit 1987; Böhnisch/Münchmeier 1987; Hillmeier 1987; Engelhardt/Rech/Sandmann 1986; S. 105f. Zur traditionellen Skepsis gegen Kultur aus dem Blickwinkel der Arbeiterschaft: Ek 1986. Vgl. ebenfalls die Einwände von Zacharias gegen eine auf die Steigerung des ästhetisch-kulturellen Leistung bestehende Reformierung des Konzepts „Jugendkunstschule“ (Tetzner 1987; Zacharias1987). Hartwig betont, dass ästhetische Praxis anknüpfen muss an den lebensgeschichtlichen und schichtspezifischen Zusammenhang des Handelnden. Er weist darauf hin, dass sie „nicht ans arbeitsteilige Leistungssystem gebunden ist und werden darf" (Hartwig1976, S. 37).

[2]Der Begriff des „Mandats“ hat in der Sozialpädagogik Tradition: vgl. Böhnisch/Lösch 1973; Brumlik 1987. Der Vorschlag, das „kulturelle Mandat“ normativ zu verstehen, um kulturelle Eigensinnigkeit von Teilkulturen zu stützen, läuft letztlich - in der Frage der sozialen Tolerierbarkeit - auf das Problem der Einhaltung „universalistischer“ Prinzipien hinaus. Diese übergreifen die kulturellen Besonderheiten: „Das zeigt sich bei der Begründung eines ‚Rechts auf Asyl’... Das Asylrecht ist nämlich nicht kulturell zu begründen, schon gar nicht, wenn Kultur heutzutage in dieser beliebig pluralistischen Weise verstanden wird ... Die Menschenrechte sind ein universales Prinzip, das Deutsche und Ausländer wie zuvor schon Deutsche mit Deutschen und dann auch Ausländer mit Ausländern, nämlich als Staatsbürger zusammenfügt und somit ihre kulturelle Verschiedenheit transzendiert.“ (Leggewie 1987) Vgl. zum Verhältnis von Kultur-Relativismus und Universalismus: Schöfthaler 1983.

[3] Dieses Phänomen einer sich dauernd überbietenden Ironisierung und einer bewusst auf Stilisierung des Dilettantischen ausgerichteten Praxis von Jugendkulturen findet man häufig. Es kann als der Versuch gedeutet werden, das Ganzheitliche, Perfekte, Gekonnte in seiner Entwertungsfunktion gegenüber der eigenen Kultur zu erschüttern. Vgl. dazu: Willis 1981; Diederichsen 1985; May 1986.

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Anmerkungen

Als Wissensplattform Kulturelle Bildung Online verstehen wir es als unsere Aufgabe, den Wissenstransfer im Feld der Kulturellen Bildung zu verbessern. Aus diesem Grunde veröffentlicht kubi-online auch Texte „Alter Meister*innen“ und macht sie über einen Nachdruck dauerhaft zugänglich. Der Impuls für die Wiederveröffentlichung dieses Beitrags von Rainer Treptow kam von Birgit Dorner, Marion Gerards und Damaris Nübel, den Initiator*innen  des Dossiers „Soziale Arbeit und Kulturelle Bildung im Dialog“ https://www.kubi-online.de/promotion/soziale-arbeit-kulturelle-bildung-dialog. Der erstmalig 1988 erschienene Beitrag wurde im Original übernommen; Zitation und Rechtschreibung wurden nicht angepasst bzw. aktualisiert.

Erstveröffentlichung in: Müller-Rolli, S. (Hrsg.) 1988: „Kulturpädagogik und Kulturarbeit". München, S. 81- 104.

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Rainer Treptow (2025/1988): Kulturelles Mandat. Soziale Kulturarbeit und kulturelle Sozialarbeit. In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE: https://kubi-online.de/artikel/kulturelles-mandat-soziale-kulturarbeit-kulturelle-sozialarbeit (letzter Zugriff am 17.06.2025).

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Dieser Artikel wurde dauerhaft referenzier- und zitierbar gesichert unter https://doi.org/10.25529/KW82-R228.

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