Kulturelles Erbe im Kontext von Kultureller Bildung – Betrachtungen zum „Tanzarchiv in Bewegung"
Abstract
Der vorliegende Beitrag basiert auf dem interdisziplinären Studierendenprojekt Tanzarchiv in Bewegung, welches im Sommersemester 2021 an der Pädagogischen Hochschule Freiburg stattfand. Auf den Inhalten und Beobachtungen basierend wird in diesem Beitrag die Weitergabe von materiellen und immateriellen Kulturgütern im Kontext der Kulturellen Bildung diskutiert. Im Rahmen dieser interdisziplinären Arbeit, in welcher tanz- und modewissenschaftliche Aussagen vernetzt sind, werden Spuren der von Amanda Miller geleiteten Tanzcompany Pretty Ugly aufgenommen und befragt. Gefragt wird: Welche Spuren lassen sich auffinden? Was ist wie dokumentiert? Wie kann das archivierte Wissen wieder in Bewegung versetzt werden? Im Projekt wird ein Archivbegriff etabliert, welcher das In-Beziehung-Setzen verschiedener Dokumente ermöglicht, die Archivarbeit als diskursive Praxis versteht und welchem ein Verständnis von Bewegung inhärent ist. Im Folgenden werden die Inhalte der Veranstaltung dargelegt und im Kontext der Kulturellen Bildung diskutiert.
Einleitung
„Es ist wichtig, sich darüber klar zu werden, dass jene äußerst heterogenen Materialien, die in den Sammlungen eines Tanzarchivs zu finden sind, niemals das Tanzereignis selbst ersetzen oder wiederbringen können. Was wir dort finden, sind einzig Spuren, die Stellvertreterpositionen übernehmen und die zum Teil schon diverse Vermittlungsstufen durchlaufen haben“ (Schulze 2010:11). Janine Schulze problematisiert mit ihrer Aussage die Unverfügbarkeit des tänzerischen Ereignisses und weist darauf hin, dass die aufzufindenden Spuren nur stellvertretend für den Tanz stehen. Auch betont sie das Spezifische dieser Fundstücke, indem sie deren Transformationen thematisiert. Damit fokussiert Schulze einen sensiblen Blick auf die Archive. Es gilt zu fragen: „Was also vermag das Archiv? Ebenso viel wie der Körper: sich bewegen und damit Verhältnisse herstellen“ (Cramer 2014:6). Das Interesse, den Blick auf das Tanzarchiv und die vergangenen tänzerischen Ereignisse von Amanda Miller zu richten, welche in den Jahren 1997 bis 2004 am Freiburger Theater künstlerisch tätig war, fußt auf Erinnerungen an Tanzbewegungen und dem Drängen, sie im Nachhinein mit dem Wissen nochmals sichtbar zu machen, dass damit Übersetzungen und Veränderungen einhergehen. Dies mündet in die Konzeption und Umsetzung des interdisziplinären Projektes Tanzarchiv in Bewegung mit der Idee, die Überbleibsel wieder in Bewegung zu versetzen. Dabei stehen nicht die Reproduktion oder Rekonstruktion der Arbeiten Millers im Vordergrund, sondern das Suchen nach Spuren, um diese im Kontext einer Weitergabe der immateriellen und materiellen Kulturgüter Tanz und Textil zu befragen. Als bewegtes Ereignis wird während des Projektes das Bewahrte weitergegeben und fortgeschrieben. Das Seminar zielt auf die Etablierung eines Archivbegriffs im Sinne von Michel Foucault, die Analyse heterogener Dokumente, die Diskussion über die Lecture Performance als Format des Wieder-In-Bewegung-Versetzens und auf die Auseinandersetzung mit dem Tanz, den Textmaterialien sowie den Textilobjekten. Kleidobjekte, welche die Tanzaufführungen der Company Pretty Ugly prägen, werden im Geflecht von Tanz, Körper und Bewegung betrachtet. Diese Auseinandersetzungen münden in eine Lecture Performance der Studierenden.
In einem ersten Schritt wird im folgenden Beitrag ein interdisziplinärer Blick auf die Tanz- und Textilkultur im Kontext eines weit gefassten Begriffs der Kulturellen Bildung geworfen. Die folgenden Blickrichtungen zielen dann auf die Rahmung des zugrunde gelegten Archivbegriffs, dem Spannungsbogen zwischen Sammlung und Bewegung sowie der körperlichen Vollzugswirklichkeit. Diese Überlegungen münden in konkrete Darstellungen des Projektes, welche in einer Lecture Performance zum Ausdruck kommen und sich als Weitergabe von materiellen und immateriellen Kulturgütern lesen lassen. Mit dem vorliegenden Artikel wird somit ein Beitrag zu einer konkreten Lehr-Lern-Situation geleistet und das Potential eines interdisziplinären Projektes im Kontext Kultureller Bildung aufgezeigt.
Tanzkultur und materielle Kultur — Textil im Kontext von Kultureller Bildung
Die Kooperation von Tanz-, Mode- und Textilwissenschaften sowie das Nachdenken über die Tanzkultur und materielle Kultur Textil bezogen auf die Erforschung und Fortführung einer Tanzgeschichte erlauben es, Methoden und Erkenntnisse aus unterschiedlichen Disziplinen und Kulturen zusammenzuführen. So ermöglicht der tanzwissenschaftliche Blick, Erkenntnisse basierend auf den Analysen der Programmhefte, Pressetexte, Tanzfotografien und Videoaufzeichnungen sowie dem Einbezug der Tänzer*innenkörper als Archiv zu formulieren, welche den Ordnungen und Logiken der Tanzwissenschaft entsprechen. Die mode- und textilwissenschaftlichen Perspektiven ermöglichen es, auf der Grundlage ihrer epistemologischen Zugänge Erkenntnisse zu gewinnen. All diesen Zugängen ist gemein, dass Aussagen zum Verhältnis von Kleidobjekt und Körper sowie Körper und Kleidobjekt auf der Grundlage von Aufführungen und deren Analysen vorgenommen werden. Dabei ist die „Bewegung […] ein verbindendes Element zwischen Körper und Kleid“ (Lösel 2013:49). Die Interdisziplinarität in der Forschung und Lehre eröffnet hier im Anschluss an Senganata Münst den Weg, dass neue Reflexionsprozesse und Lösungsstrategien entstehen (2020:9). Die Potentiale einer Zusammenarbeit bezogen auf das Lehr- und Forschungsfeld Tanzarchiv in Bewegung liegen darin, dass bei der Zusammenführung beider Disziplinen und deren Erkenntnismöglichkeiten ein Mehrwert bezüglich der Analyse von Bewegung, Körper und Kleidobjekt entsteht. Das Mehr erstreckt sich bezogen auf die Tanzwissenschaft in der Aufnahme der objektbasierten Bekleidungsforschung, um in und nach tänzerischen Ereignissen Kleidobjekte zu befragen. Ein Mehr ergibt sich aus der Methode der Aufführungsanalyse, welche die performative Hervorbringung von Kleidobjekten und Körpern in einem Ereignis betrachtet.
Dieses Projekt stellt sich somit den Herausforderungen der interdisziplinären Zusammenarbeit und des Bewahrens und Übersetzens von Tanzgeschichten im Kontext einer ästhetischen Herangehens- und Erfahrungsweise. Die Bezugnahme auf die künstlerischen Arbeiten Millers ereignet sich über die im Folgenden präsentierten Ansätze: Befragung der Spuren und bewahrten Bewegungen in den Sammlungen, einem Verständnis, Archive als bewegliche Orte des In-Beziehung-Setzens zu betrachten, dem Format der Lecture Performance, das ein Ineinandergreifen von Sprache und Bewegung sowie Erklärung und Darstellung erlaubt, künstlerisches Arrangement und Interpretation der Fundstücke, die Aufnahme, der Nachvollzug und die Umdeutung von Tänzer*innenkörpern erinnerten Bewegungen sowie die Erweiterung der Quellen von materiellen Kulturgütern mit immateriellen Bedeutungen. Die eigene künstlerische Tätigkeit ist dabei für den Lehr- und Forschungsprozess von zentraler Bedeutung. Das Projekt befähigt die Studierenden zu einem künstlerisch-kreativen Arbeiten, um aktiv die Tanzgeschichte des Ensembles Pretty Ugly wahrzunehmen und weiter zu schreiben. Damit leistet das Projekt einen Beitrag zur Kulturellen Bildung, denn „Kulturelle Bildung befähigt zum schöpferischen Arbeiten und ebenso zur aktiven Rezeption von Kunst und Kultur“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2021). Kulturelle Bildung wird als „Wechselwirkung von ‚Ich‘ und ‚Welt‘“ (Bockhorst/Reinwand/Zacharias 2012) verstanden, so dass ein subjektiv-individueller Blick auf die Tanzgeschichte geworfen werden kann und neue Rezeptions- und Wahrnehmungsweisen erlaubt werden, die ein Praxisfeld zur wissenschaftlichen als auch künstlerischen Forschung ermöglichen.
Setting des interdisziplinären Projekts Tanzarchiv in Bewegung
Im Sommersemester 2021 fand das interdisziplinäre Tandem-Teaching-Projekt mit dem Titel Tanzarchiv in Bewegung an der Pädagogischen Hochschule Freiburg unter der Leitung von Anne-Marie Grundmeier und Jutta Krauß statt. Die interdisziplinäre Veranstaltung an der Schnittstelle der Tanz- und Modewissenschaft ermöglichte es den Studierenden, die Tanzgeschichte Freiburgs zu erforschen. Grundlage dieses forschenden Lernens ist die Nutzung vielfältiger Archivmaterialien, der Austausch mit einer ehemaligen Tänzerin und die Teilnahme an einem Workshop, um der Frage nachzugehen, wie Tanzgeschichten archiviert und wieder zugänglich gemacht werden können. Die Archivarbeit zielt dabei auf eine subjektive Aneignung der auffindbaren Spuren über die künstlerische Arbeit Millers mit ihrem Ensemble Pretty Ugly während ihrer Zeit am Freiburger Theater. Das wesentliche Ziel des Projektes ist somit, eine Tanzgeschichte vor Ort zugänglich zu machen, indem davon ausgegangen wird, dass Archive in Bewegung versetzt werden können und materielle als auch immaterielle Spuren auf Materialisierungsprozesse schließen lassen. Die Archivarbeit wird dabei als ein interdisziplinärer Prozess betrachtet. Dabei wird das praktische Tun im Kontext der Kulturellen Bildung in dem Sinne verstanden, dass von einer „Gestaltung der Beziehung zwischen Kulturproduktion, Kulturrezeption“ (Reinwand-Weiss 2020:2) ausgegangen wird. Das bedeutet, dass an die Archivarbeit, welche als Kulturrezeption gelesen werden kann, bei der das Erforschen und Befragen der Quellen von zentraler Bedeutung ist, ein künstlerischer Prozess im Sinne einer Kulturproduktion angeschlossen wird, der sowohl die Gestaltung von Kleidobjekten als auch die Kreation von Choreografien umfasst.
Archive als Orte zwischen Ablagerung und Bewegung
Die folgenden Überlegungen widmen sich dem Diskurs über Archive. Dabei stehen die Spannungen zwischen dem Bewahren und Bewegen im Fokus der Betrachtung. Die Tanzwissenschaft wählt meist als Folie für die Betrachtung von Archiven Michel Foucaults Gedankengang, indem das Archiv als Instrument im Sinne einer diskursiven Praxis betrachtet wird. Exemplarisch soll dies mit den tanzwissenschaftlichen Aussagen von Nicole Haitzinger und Franz Anton Cramer untermauert werden: Haitzinger weist darauf hin, dass der Diskurs „seit Michel Foucaults Transformation des Archivs von einer institutionellen Einrichtung zur historiografischen Praxis“ (2010:199) durch dessen Sichtweise bestimmt wird. Am Beispiel der künstlerischen Rauminstallationen Anna Opermanns (1940-1993) betrachtet Haitzinger das sich wandelnde Verständnis von Tanzarchiven. Sie kommt zu dem Schluss, dass die „repräsentative Verwaltung und Ordnung von Wissen, die man Archiven als privaten oder öffentlichen Institutionen noch immer zuschreibt,“ (2010:207) in Frage gestellt werden kann. Darin bringt sie zum Ausdruck, wie künstlerische Formen des Bearbeitens von Archiven Fragen aufwerfen und wie diese das Archiv zu einem erlebbaren Ereignis werden lassen. Die Perspektivierung auf die Gestaltung ist auch in den Aussagen Cramers von zentraler Bedeutung. Cramer fragt: „Was vermag das Archiv?“ (2014:1) und lotet damit das Verhältnis von Artefakt und Bewegung aus. Er benennt drei Ebenen, – nämlich die „Erfahrung, Beschreibung und Verknüpfung“ (Cramer 2014:1) – in welchen über einen „performativen Augenblick hinaus [Bewegung] mit verschiedenen Arten von Dokumenten in signifizierendem Austausch steht“ (Cramer 2014:1). Einen Zugang zu dem tänzerischen Ereignis ermöglichen die Erfahrungen von Tänzer*innen und Zuschauer*innen, die immer schon von Transformationen geprägt sind (Cramer 2014:2-3). Ausgehend von Beschreibungen einer Videoaufzeichnung folgert Cramer, dass diese Dokumentation Fragen ermöglicht, die aus dem Ereignis selbst nicht hervorgegangen wären (2014:5). Dies ermöglicht im Sinne Cramers, dass das Archiv in eine Art Auslegung überführt werden kann (2014:5). „Das Vermögen des Archivs“ (Cramer 2014:5, Herv. i.O. fett) liegt in der Verknüpfung von Bewegungsräumen in dem Sinne, dass Dokumente „den Bewegungsraum der Performance abbilden“ (Cramer 2014:6). Cramer konkludiert, dass sowohl Körper als auch Archive Bewegungen sinnreich zu gestalten vermögen (2014:6). In der Bewegung und in dem Herstellen von Verhältnissen liegt im Anschluss an Cramer das Vermögen sowohl von Körpern als auch von Archiven (2014:6). Haitzinger und Cramer verweisen beide auf ein Tun, nämlich in Form von künstlerischen Befragungen und Bearbeitungen des Archivs als auch im Sinne von Übertragungen und Auslegungen. Dabei zeigt sich das Spannungsverhältnis zwischen dem tänzerischen Ereignis und der Dokumentation des Ereignisses als ein sinnlich bewegtes Verhältnis. Die Archivarbeit „als forschungspraktisches Instrument einer diskursiven Praxis zu nutzen“ (Krauß 2020:29), ermöglicht, die tänzerischen Ereignisse und die Dokumentationen dieser tänzerischen Ereignisse miteinander in Beziehung zu setzen, um im Sinne von Foucault Sprecherpositionen – „Wer spricht?“ (Foucault 2015:75) – zu identifizieren und darüber hinaus die Aussagen in einem bewegten Aktualitätsmodus zu versetzen. Dem interdisziplinären Projekt Tanzarchiv in Bewegung liegt somit folgendes Verständnis von Archiv zugrunde: Die aufgezeichneten und archivierten Bewegungen werden wieder in Bewegung versetzt, indem unterschiedliche Dokumente erfahren, beschrieben, befragt und künstlerisch verknüpft werden. Diese Überlegungen führen dazu, das Archiv als „prozessorientierte[n] Arrangements aus Fundstücken“ (Haitzinger 2010:199) zur betrachten. Das Archiv als Zugangsweise zu nutzen, folgt keiner Chronologie und Choreografie des künstlerischen Schaffens von Miller, vielmehr erzeugt es vernetzte Tanz-Ereignisse, die vom Blick und den Bewegungen der Forscher*innen und Studierenden geprägt sind. Tänze, Textilien und Themen verzweigen sich, indem in der von den Studierenden choreografierten Lecture Performance Bewahrtes von Miller mit eigenen biografischen Versatzstücken verbunden wird. Dabei verschränken sich Betrachtungsweisen von Archiv als sinnliche und sinnreiche Bewegungsmöglichkeiten mit lebensgeschichtlichen und biografischen Zusammenhängen sowie die Auseinandersetzung mit einem kulturellen Erbe und der Kulturellen Bildung in dem Sinne, dass „das Ästhetische (im Sinne von Aisthesis), die leiblich-sinnliche Wahrnehmung Ausgangspunkt und Referenzrahmen zugleich“ (Eger 2015:3) ist. Denn im körperlichen Vollzug – sowohl in der diskursiven Praxis als auch in der körperlichen Praxis – erfolgen Reflexionen und Erprobungen. Dabei wird die körperliche Auseinandersetzung zum Ausgangspunkt von einem Archivverständnis in Bewegung. Archivarbeit im Kontext der Kulturellen Bildung bedeutet dann, Sichtweisen zu identifizieren und biografisch begründete Sinnschichten zu reflektieren und diese in Bewegung zu versetzen.
Spuren in Sammlungen oder bewahrte Bewegungen
Welche Spuren lassen sich in den Sammlungen Freiburgs und dem Deutsches Tanzarchiv Köln zu Amanda Miller und ihrer Kompanie Pretty Ugly finden? Das Stadtarchiv Freiburg, welches „Dokumente mit historischer, juristischer oder kultureller Bedeutung, welche für die Abwicklung der laufenden Geschäfte nicht mehr benötigt werden“ (Homepage Stadtarchiv) übernimmt, bewahrt Programmhefte, Fotografien und Poster auf. Dabei ermöglicht die Arbeit im Archiv das Betrachten und Beschreiben dieser, so dass die Dokumente in Notizen übertragen werden. Im Fundus des Freiburger Stadttheaters sind keine Kleidobjekte von Millers Aufführungen zu finden, doch Erinnerungen an die Zusammenarbeit mit Miller werden bei einer Gewandmeisterin hervorgerufen. Miller bewahrt viele Kostüme in ihrer privaten Sammlung auf. Dies geht aus einem als Videokonferenz geführten Gespräch hervor, über das im Anschluss ein Gesprächsprotokoll erstellt wurde. Des Weiteren finden sich Pressedokumente, welche im Deutsches Tanzarchiv Köln archiviert werden.
Die Sichtung der Programmhefte ermöglicht es, Angaben zu einzelnen Stücken und Ballettabenden detailliert darzulegen. Sie geben Einblicke in Materialien wie literarische Texte, Grafiken, Fotografien, Selbstaussagen und Interviews der Choreografin, welche möglicherweise das choreografische Vorgehen motivierten und begründeten. Allerdings lassen sich diese collagenhaft angeordneten Hefte nicht eindeutig hinsichtlich ihrer Motive, Implikationen und Bühnenaufführungen ergründen. Die angefertigten und im Archiv auffindbaren Tanzfotografien lassen sich als konstruierte Quellen bestimmen, denn „das, was das Bild zeigt und was die Betrachter als Tanz identifizieren, sehr wohl (auch) eine konstruktive Größe, die – nicht nur, aber zu einem wesentlichen Teil – vom Bildautor (d.i. der Fotograf) so arrangiert, ins Bild gerückt, abgelichtet, entwickelt und als Abzug auf Papier gebracht wurde, dass wir das Gezeigte in einem bestimmten Kontext als Tanz wahrnehmen“ (Thurner 2015:35). Christina Thurner weist darauf hin, dass Tanzfotografien in spezifischen Kontexten erzeugt werden und somit kritisch zu reflektieren sind. Dabei bestimmt das Verhältnis zwischen Bilderzeuger*in, Bild und Bühnensituation das, was über den sich einmal ereigneten Tanz vermittelt wird. Zu befragen sind folglich die Bedingungen, unter denen die Tanzfotografien hergestellt wurden, und zu fragen bleibt, wie die Fotografien fruchtbar für eine Archivarbeit in Bewegung genutzt werden können. Auch bei der Sichtung der Pressetexte muss ein Bogen vom Text hin zu einer kritischen Reflexion gespannt werden. Thurner betrachtet diese als Dokumente, welche von Tanzkritiker*innen erzeugt werden, „die verschiedene[n] Leseerwartungen im Hinterkopf“ (2011:137) haben und einen „gut argumentierten, möglichst objektiven, stilistisch brillanten usw. Text zu verfassen“ (2011:137) versuchen. In den Pressetexten spiegelt sich somit „der Versuch, die Dynamik der Bewegung in der Schrift nicht einzufrieren, sondern ein Vokabular zu finden, das selber Bewegung beinhaltet, das buchstäblich die Fantasie in Gang setzt“ (Thurner2011:141-142), wider. Dabei geht Thurner davon aus, dass sich Tanzbewegungen im Feuilleton nicht exakt in Worte einfangen lassen (2011:145).
Die archivierten Dokumente und deren Betrachtungen, Beschreibungen und Reflexionen, welche hier nur skizziert sind, werden in dem interdisziplinären Projekt Tanzarchiv in Bewegung im Anschluss an Schulze als Möglichkeit betrachtet, die „Geschichte immer wieder neu zu vergegenwärtigen“ (2009:83) und als „Grundlage für neue Tanzprojekte“ (2009:89) verstanden. Die vermeintlichen Leerstellen der Quellenlage wird dabei nicht als Mangel begriffen, sondern vielmehr als Angebot, die Vergangenheit künstlerisch zu übertragen, mit dem Wissen darum, dass damit Übersetzungen und Transformationen einhergehen. Dieses Vorgehen zielt auf ein künstlerisches und von Bewegungen geprägtes Arrangement der dokumentarischen Masse, um im Sinne eines forschungspraktischen Vorgehens die Spuren der Sammlungen und die bewahrten Bewegungen in einen Aktualitätsmodus zu versetzen. Dieses Vorgehen folgt einem Verständnis von „Handelnd lernen und gestalten in projektbasierten Formaten“ (Eger 2015:4). Den Studierenden werden Räume für Nachforschung und Gestaltung im Kontext eines kulturellen Bildungsangebotes geschaffen (Eger 2015:5).
Tänzer*innenkörper als Zugang zum Archiv
Zu fragen bleibt: Wie werden Bewegungen bewahrt? Mit dieser Frage wird der Körper adressiert. Körper werden dabei zur zentralen Bezugsdimension von Tanzarchiven. In den Gesprächen mit der Choreografin Miller sowie mit den ehemaligen Tänzerinnen Emma-Louise Jordan und Friederike Lampert zeigt sich, dass sie Bewegungen in ihren Körpern bewahren, so dass ihre Erzählungen von tänzerischen Gesten begleitet werden. Julia Wehren ist der Ansicht, dass der „Körper als Gedächtnisort einerseits und als Archiv für die Tanzgeschichte andererseits, […] für die Geschichtsschreibung im Tanz wesentliche Implikationen“ (2016:243) hat. Wehren folgert, dass wenn die Tanzgeschichte als eine Körpergeschichte betrachtet wird, in den Suchprozessen Körper fokussiert werden müssen und folglich dieses Wissen performativ zu erschließen sei (2016:243). „Der Körper als ‚Dokument‘“ (Wehren 2016:118, Herv. i.O. fett) lenkt den Fokus auf das im Körper gespeicherte Wissen und als ein „Wissen des Körpers, verstanden als performative Spur eines Ereignisses“ (Wehren 2016:120). Das Erkenntnispotenzial eines so verstandenen Körperarchivs ermöglicht eine erweiterte Vorstellung bezüglich des Bedeutungsinhaltes von Dokumenten. In Körpern archivierte Bewegungen erscheinen somit auch als Dokument. Das Denken in Körperarchiven im Anschluss an Wehren hebt somit „nicht das Bewahren von Tanz, sondern dessen Weiterdenken“ (2016:241) hervor. Auf diesem Ansatz basiert das Vorgehen, eine ehemalige Tänzerin des Ensembles Pretty Ugly als Vermittlerin von körperbasiertem Wissen heranzuziehen, um das im Titel des interdisziplinären Projektes implizierte Vorgehen Tanzarchiv in Bewegung umzusetzen. Somit leitet das körperliche Wissen die weitere Spurensuche. Die ehemalige Tänzerin Jordan verhandelt zusammen mit den Studierenden in einem Workshop „körperliche Artikulationen von historischem Wissen“ (Wehren 2016: 243). Jordan tanzte im Ballett Freiburg Pretty Ugly von 1999 bis 2004. Ihr Körperwissen teilt die Tänzerin in tänzerischen Ereignissen mit den Studierenden, so dass das spezifische Bewegungsverhalten, die Ästhetik der Choreografin Miller und konkrete Bewegungssequenzen vermittelt und weitergegeben werden. Die daraus entstehenden tänzerischen Bewegungssequenzen und Bewegungsimpulse werden dabei „als kritische Reflexion von Tanzgeschichte“ (Wehren 2010:59, Herv. i.O. fett) betrachtet. Die in dem Tänzerinnenkörper eingeschriebenen Bewegungen werden somit zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit Tanzgeschichten.
Dabei wird das Körperarchiv mit einem Materialarchiv verbunden und in Beziehung zueinander gesetzt, mit dem Ziel, dass die Tanzpraxis und die Praxis des Diskurses sich verschränken. Die choreografische Umsetzung von Millers Tanzgeschichte basiert somit auf einem körperbasierten Archiv und einer künstlerischen Herangehensweise, in der unterschiedliche Dokumente miteinander verknüpft werden. Hierbei wird der Fokus auf die Praxis und das Zusammenspiel von Körper und Artefakten gerückt (Eger/Klinge 2021:11)
Die Weitergabe von materiellen und immateriellen Kulturgütern
In den Fokus dieser Veranstaltung rückt auch die materielle Kultur Textil. Es wird davon ausgegangen, dass die auf der Bühne getragenen Kleidobjekte und die bewegten Körper in einem wechselseitigen Verhältnis zueinanderstehen. Dabei ist die Bewegung der Bezugspunkt zwischen Körper und Kleidobjekt. Leider konnten im Fundus des Stadttheaters Freiburg keine Kleidobjekte gefunden werden, die in den Aufführungen Millers getragen wurden. In einer Videokonferenz mit Miller wurde in Erfahrung gebracht, dass viele Kostüme in ihrer privaten Sammlung aufbewahrt werden. Auch wenn die Gestaltung der Choreografien mit Kleidobjekten nicht am materiellen Kulturgut selbst beforscht werden konnte, dienen die Videoaufzeichnungen und Fotografien als Quellen der materiellen Kultur Textil. Fragen bezüglich der Kleidobjekte in den künstlerischen Arbeiten Millers werden aufgeworfen: Wie ist die Beschaffenheit der Kleidobjekte? Wie waren deren Gebrauchsweisen? Welche Bedeutungen erzeugten sie? Welche Beziehungen zwischen den Tänzer*innenkörpern vergegenständlichen sie während einer Aufführung? Welches wechselseitige Geflecht zwischen dem tanzenden Körper und den sich bewegenden Textilien lassen sich identifizieren? Über die sichtbare Beschaffenheit eines Kleidobjektes hinaus gilt es, die eingelagerten Bedeutungen auszuloten. Eine objektbasierte Bekleidungsforschung im Anschluss an Kerstin Kraft thematisiert sowohl den materiellen Befund als auch die immateriellen Bedeutungen (2020:28-29). Zentral für das „Kleiderlese(n)“ (Kraft 2020:26) ist die „Entwicklung relevanter Fragestellungen“ (Kraft 2020:26), die vom Objekt selbst ausgehen. Das bedeutet, dass über die Grunddaten des Textils und dessen visuellem Eindruck hinaus spezifische Forschungsinteressen an das Objekt herangetragen werden (Kraft 2020:26). Die textilen Objekte von Millers Arbeiten, welche nur als Fotografien und Videoaufzeichnungen vorliegen, werden zum Ausgangspunkt einer textilen Tanzgeschichte. Bei den Betrachtungen der Kleidobjekte werden sowohl Mutmaßungen über die Materialbeschaffenheit, die Schnittmuster und das Tragen angestellt, um Annahmen über die Aufführungen von Körpern und Kleidobjekten zu formulieren. Dabei werden die Vorstellungen über die vestimenären Performances zur Grundlage eigener Textilgestaltungen. Ausgehend von einem persönlichen Kleidungsstück der Studierenden, dessen Kleidanalysen und den Spekulationen über Präsentationsmöglichkeiten werden im Sinne einer objektbasierten Bekleidungsforschung tanzende Träger*innen von Kleidobjekten in den Arbeiten des Ensembles Pretty Ugly erinnert, um so im Kontext einer Fortführung der Tanzgeschichte künstlerische Interpretationen zuzulassen. Dies führt dazu, dass textile Spuren, welche in den Dokumenten Fotografie und Videoaufzeichnung abgelagert und transformiert sind, in erlebbare Kleidkreationen und -präsentationen überführt werden. Spuren – sowohl materielle als auch immaterielle – werden dabei als Übersetzungsprozesse betrachtet, welche ein unaufhörliches Transformieren mit sich ziehen. Die Herausforderung besteht somit nicht in der Rekonstruktion von Kleidobjekten, sondern vielmehr in der Gestaltung von Kleidobjekten, in der Übersetzung in Bewegung und in persönlichen Aneignungen. Das Verhältnis von Kleidobjekt, Körper und dem In-Bewegung-Versetzen prägt hier die Weitergabe von materiellen und immateriellen Kulturgütern. Dabei bezeichnet der Begriff Weitergabe in diesem Kontext die vielfältigen Übersetzungsprozesse, welche sowohl den künstlerischen Arbeitsprozess als auch den wissenschaftlichen Forschungsprozess bestimmen. Dies geschieht im Anschluss an Gabriele Kleins Verständnis von „vielschichtige[n] Übersetzungsprozess[en]: Zwischen Sprechen und Bewegen, Bewegung und Schrift, zwischen verschiedenen Sprachen und Kulturen, zwischen unterschiedlichen Medien und Materialien, zwischen Wissen und Wahrnehmung, zwischen den Compagnie-Mitgliedern bei der Stückentwicklung und den Weitergaben, zwischen Aufführung und Publikum, zwischen Stück und Tanzkritik, zwischen künstlerischer und wissenschaftlicher Praxis“ (2019:13-14). Folglich geschieht im Kontext des hier dargelegten Projektes die Erforschung und Weitergabe von Tanz und Textil im Erleben eines künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungsprozesses.
Lecture Performance als Format einer Tanzgeschichtsdarstellung
Um die Verflechtung von Tanzdiskurs und Diskurs als Praxis sowie von Bewegung und Denkbewegung als auch von Körperarchiv und Materialarchiv zu ermöglichen, wird das Format einer Lecture Performance gewählt. Es ermöglicht, interpretative Prozesse sichtbar zu machen, die Spurensuche zu reflektieren und individuelle Aneignungen einfließen zu lassen. Im Zentrum stehen somit nicht Nachbildungen oder Rekonstruktionen von Stücken, sondern vielmehr Prozesse, in denen auf der Grundlage von überlieferten Dokumenten und dem weitergegebenen Körperwissen Choreografien und Fundstücke von Millers künstlerischen Arbeiten erforscht werden. Der konstruierte Charakter offenbart sich dabei im Format einer Lecture Performance. Dadurch werden Tanzgeschichten und „Archiv-Ereignisse“ (Cramer 2015:1, Herv. i.O. fett) erzeugt, bei denen es zum einen „um die Re-Aktualisierung des Kontextes“ (Cramer 2015:5) und zum anderen um eine subjektbezogene biographische Anteilnahme der Studierenden und Forschenden geht.
Die Lecture Performance wird im Kontext des Projektes Tanzarchiv in Bewegung als ein aus Redesituation und körperliches Ereignis überlappendes Format betrachtet. Dabei ermöglicht die Lecture auf der Ebene der Sprache ein Hinterfragen der Spurensuche, die Darlegung des eigenen kreativen Prozesses und die Aufnahme von individuellen Ansichten. Die Performance erlaubt eine performative Umsetzung sowohl von Bewegungen als auch von Denkprozessen. Damit vereint die Lecture Performance „zwei Ebenen: eine implizite, die auf das Sprechen über Tanz verweist, und eine explizite Ebene der Aktualisierung, wie sie sich im Verkörperungsprozess der Aufführung unmittelbar vollzieht“ (Krauß 2020:125). Als hybrides Format ermöglicht die Lecture Performance ein inhaltliches Reden und ein künstlerisches Darstellen. Als hybrides Ereignis wird „weniger die Grenze dessen, was in Kunst und Wissenschaft, in Theorie und Praxis je spezifisch darstellbar ist,“ (Ernst 2004:193) markiert, sondern die Lecture Performance „wendet die künstlerischen, diskursiven Grenzziehungen produktiv“ (2004:193) an und etabliert auf diese Weise „eine Rede über Theater mit eigenem Sinn“ (2004:193). Die Wahl dieses Formates bietet die Möglichkeit, Begriffe und deren Übertragungen in Bewegungen auf die Bühne zu bringen sowie reziprok gedacht, Bewegungen zu vollziehen und im Nachhinein zu verhandeln. Das daraus entstehende Geflecht aus Tanz und Text charakterisiert keine Nachahmung, sondern vielmehr eine transparente künstlerische Aneignung im Sinne einer Fortführung der Tanzgeschichte: „Wenn man aber Interesse daran hat, dass diese Geschichten weiter tradiert werden, braucht es eine Fortführung der Tradierung, die allerdings nicht oder nicht allein durch Partizipation, sondern eben auch durch Interpretation und/oder Analyse geprägt ist“ (Thurner 2009:332). Die prozessorientierte Beschäftigung mit diversen Dokumenten, Theorien und Begriffen bringt somit Verschiebungen hervor, welche sich in subjektiven Auseinandersetzungen mit den Archivmaterialien dokumentiert.
Schlussbetrachtungen
Am Ende präsentieren die Studierenden eine Lecture Performance, in der sie Quellen aufgenommen und künstlerisch übersetzt haben. Übersetzungsprozesse zeigen sich dabei sowohl an den tänzerischen Ereignissen als auch an den gestalteten Kleidobjekten nicht nur an der Oberfläche der Tänze und Textilien, sondern auch an den Bedeutungsangeboten, welche sie den Zuschauer*innen entgegenbringen. Dabei lassen sich Anlehnungen an Aufführungen von Millers Arbeiten identifizieren als auch subjektive Aneignungen. Dies zeigt sich in Momenten, in denen an Millers Aufführungen „iAmecar“ und „iCamera“ (Miller 1997/1998) erinnert wird und das choreografische Verfahren Millers aufgegriffen wird, indem einzelne lose Szenen aneinandergereiht werden und die Studierenden mit einem Kostümobjekt die Form eines Mickey-Maus-Kopfes nachahmen. Motive aus den Arbeiten Millers tauchen auf und werden mit eigenen tänzerischen Erfahrungen, welche beispielsweise in Volkstänzen oder Tänzen der Boy-Groups der 1980er Jahre zum Ausdruck kommen, verbunden. In der Auseinandersetzung mit Millers Tanzkultur offenbart sich die Verschränkung von Bildung und Biografie. Persönliche Bewegungsstile vernetzen sich mit den Bewegungsmomenten Millers. Auch wenn es zu keiner Begegnung zwischen Miller und den Studierenden kam, so meinen wir, dass dennoch die Aussage Millers auf das hier erzeugte Archiv in Bewegung passt: „It is not about the expectations but what we can discover, uncover, investigate and explore“ (Homepage Miller). Dabei zeigt sich im Format der Lecture Performance das zuvor diskutierte Verhältnis zwischen den bewahrten Bewegungen in Archiven und den Möglichkeiten des In-Bewegung-Versetzens sowie der reflektierten Relation Körper, Kleidobjekt und Bewegung. Die Studierenden erzeugen Tänzer*innenkörper, die als Kollektiv im Prozess einer Spurensuche Reste von Millers Arbeiten in sprachlichen Darlegungen und körperlichen Darstellungen übersetzen und weitergeben. Durch ihre Lecture Performance kommt zum Ausdruck, wie sie die unterschiedlichen Dokumente erfahren, beschrieben, befragt und künstlerisch verknüpft haben.
Die Potentiale des interdisziplinären Projekts Tanzarchiv in Bewegung liegen in einer sich stets durchdringenden Kunstrezeption und Kunstproduktion. Das projektbasierte Format der Lecture Performance ermöglicht nicht nur eine Auseinandersetzung mit biografischen und kulturellen Ereignissen, sondern auch deren wechselseitige Einflussnahme. Die geschaffenen Gestaltungsräume erlauben ein Zusammenspiel von Körper, Archiv und Artefakt. Dabei zeigt sich ein Verständnis von Kultureller Bildung in dem Sinne, dass ein Tanzerbe zu einem eigenen kulturellen Erfahrungsraum wird.
Postskriptum
Seinen Ausgang nahm diese Spurensuche von einem persönlichen Affiziert-Sein. Die Aufführungen des Ensembles Pretty Ugly rührten mich sehr (Jutta Krauß), so dass mein tanzwissenschaftliches Interesse im Kontext der Veranstaltung Tanzarchiv in Bewegung zum Ausdruck einer persönlichen Eingebundenheit wird. Das „Subjekt, das im Akt der Rezeption sinnlich affiziert wird“ (Siegmund 2006:42) liegt nun nicht mehr als Leerstelle eines Forscherinnensubjekts zugrunde. Die Idee, Reste von Millers Wirken hervorzuheben, erlaubt meines Erachtens sinnlich geprägte Ausgangsmomente in wissenschaftliche Verfahren und künstlerische Aneignungsprozesse zu überführen. Dieses Postskriptum dient somit der Offenlegung von subjektiven Setzungen. Das eigene Ergriffensein eines Forscherinnensubjekts bestimmt hier die Auswahl von Kontexten und das Vorgehen von neuen Kontextualisierungen. Der Wunsch, eine Geschichte der Freiburger Tanzgeschichten zu erforschen, führte zu der Kooperation mit der Mode- und Textilwissenschaftlerin Anne-Marie Grundmeier, mit dem Ziel Tanz- und Modewissenschaft sowie Kultur und Bildung zu vernetzen. Das Lehrangebot wurde so konzipiert, dass den Studierenden die Gelegenheit geboten wurde, selbst künstlerisch gestaltend zu agieren, um mit subjektiven Ausdrucksmitteln im Format einer Lecture Performance eine eigene Betrachtungsweise von Tanzgeschichte auf die Bühne zu bringen.